Horst D. Deckert

Texas & dessen Impfquote gibt den Weg vor: In spätestens zwei Monaten verlieren die Coronamaßnahmen ihre Grundlage

Am 3. März kündigte der Gouverneur von Texas an, dass in einer Woche sämtliche bundesstaatlichen Coronamaßnahmen beendet würden. Ab dem dem 10. März sei es Kommunen und Unternehmen überlassen, ob sie weitere Beschränkungen aufrecht erhalten wollen. Die Entscheidung wurde nachfolgend heftig kritisiert, insbesondere, da auch der Stadionbetrieb der Profisportligen wieder voll aufgenommen wurde.

Allerdings geben die Zahlen heute, drei Wochen nach der Öffnung, Texas in umfassender Weise recht. Das Infektionsgeschehen und die Todeszahlen sind weiterhin rückläufig, während die für Texas spezifischen Externalitäten keinen Einfluss haben. Damit gibt Texas im In- und Ausland die Marschroute vor, da Befürworter von weiteren oder gar härteren Maßnahmen kaum ignorieren können, dass es auch ohne geht. Der für sie kritische Pfad dabei: Die Impfquote in der Bevölkerung, aus der sich die Dauer berechnen lässt, wie lange die Beschränkungen in Deutschland maximal noch gerechtfertigt werden können.

 

Der aktuelle Stand in Texas

 

 

In der Grafik lässt sich unzweifelhaft ablesen, dass mit dem Ende aller Maßnahmen in Texas nicht wie befürchtet eine neue Infektionswelle losgetreten wurde. Nach drei Wochen lassen sich auch Faktoren wie eine Meldeverzögerung oder die Dauer der Inkubationszeit ausschließen. Sie hätten sich nach spätestens der Hälfte der Zeit bemerkbar gemacht.

Wie ich in diesem Artikel ausführe, kamen in Texas zusätzlich noch zwei externe Faktoren hinzu, die sich bei einem unaufhörlichen Fortschreiten der Pandemie definitiv auf die Fallzahlen ausgewirkt hätten. Einmal wäre das der Zustrom von Binnenflüchtlingen aus Kalifornien, und dann wäre das noch der Zustrom von illegalen Migranten, die seit einigen Wochen massiv über die texanisch-mexikanische Grenze drängen.

Obwohl die hygienische Situation der Migranten besorgniserregend ist und bislang mindestens eine dreistellige Zahl trotz positivem Coronatest von der Polizei nach dem Grenzübertritt wieder frei gelassen wurde, hat sich dies nicht in nennenswerter Weise auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt. Selbst das am stärksten von den Migranten überrannte Hidalgo County erlebt bei Fällen und Toten keine steigenden Werte.

 

Die Impfquoten von Texas und Deutschland im Vergleich

 

Ein mir oftmals entgegengebrachter Einwand für die unterschiedliche Entwicklung zwischen Deutschland in diesem Zusammenhang ist die Impfquote in Texas. Dabei hinkt der Bundesstaat bei den Erst- und Zweitimpfungen dem US-Landesschnitt noch immer merklich hinterher. Dennoch lässt sich klar feststellen, dass aktuell mit 25,3% und 13,3% ein mehr als doppelt so hoher Anteil der Bevölkerung eine Impfung erhielt, als in Deutschland mit 11,6% respektive 5%.

Da auch in Texas nach Risikoprofil geimpft wird, spielt vor allem die Alterspyramide eine Rolle. In Texas mit 28,3 Millionen Einwohnern leben circa 4,7 Millionen Personen im Alter von 60 Jahren oder älter. Dies entspricht einem Anteil von 16,7% und bedeutet, dass momentan so gut wie alle Alten eine Impfung erhielten, die eine wollten.

Die Bevölkerungspyramide von Deutschland auf der anderen Seite weißt einen Anteil an Personen ü60 von circa 28,4% auf. Das sind knapp doppelt so viele als in Texas, während bestenfalls die Hälfte dieser Personengruppe bislang überhaupt eine Impfung bekommen konnte. Nimmt man den Grad an Durchimpfung für die weitere Pandemieentwicklung zum Maßstab, dann zeigt sich hier, wie mächtig sich das politische Desaster bei der Impfstoffbeschaffung auch auf die nähere Zukunft auswirken wird.

 

Wo die texanische Impfkampagne am 3./10. März stand

 

Will man nun ausgehend vom Stand der Durchimpfung in Texas darauf rückschließen, wann auch in Deutschland sämtliche politischen Maßnahmen ihre Legitimation verlieren, dann muss man zurückrechnen und schauen, wo Texas am 3. und 10. März bei der Impfung seiner Risikogruppen stand.

In dieser Liste lassen sich in den Zeilen 4372 und 4379 die notwendigen Informationen ablesen.

Texas 3. März 10. März
Geimpfte insg. 3,85 Mio 4,74 Mio
Geimpfte proz. 13,28% 16,35%
2 Dosen insg. 2,1 Mio 2,54 Mio
2 Dosen proz. 7,24% 8,76%

Zieht man von der Zahl der geimpften insgesamt jene ab, die beide Dosen erhielten, dann erhält man den Wert für den Anteil jener, die zu den Zeitpunkten nur eine Dosis bekommen hatten. Dies wären 1,75 Millionen (6%) am 3. März und 2,2 Millionen (7,6%) am 10. März.

Vergleicht man diese beiden Werte, dann ist Deutschland fast schon an dem Punkt angelangt. Aber nur fast, weil Texas mit 16,7% eine erheblich kleinere Rentnerpopulation als Deutschland hat. Dies muss für eine proportionale Übertragung berücksichtigt werden. Hier das Ergebnis der texanischen Ausgangssituation:

Texas ü60 3. März 10. März
Anteil 1 Dosis 43,1% 52,1%
Anteil 2 Dosen 35% 45,5%

Damit zeigt sich, dass Texas damals schon erheblich weiter war als es Deutschland heute ist. Dies, obwohl der Bundesstaat USA-intern damals noch deutlicher hinten lag als aktuell. Es betont ein weiteres Mal das Fragezeichen hinter der Leistung Brüssels und der deutschen Gesundheitspolitik.

 

Die texanischen Relationen auf Deutschland übertragen

 

Die Übertragung der texanischen Relationen aus Texas auf Deutschland erfolgt auf den 28,4% betragenden Anteil der ü60-jährigen. Als Ergebnis erhält man die Zahl der Erst- und Doppelimpfungen relativ zur deutschen Gesamtbevölkerung, die erreicht werden muss, um auf den Stand von Texas zu kommen:

Deutschland Tx. Äquivalent 3. März Tx. Äquivalent 10. März Stand 30. März
1 Dosis Bevölkerung insg. 12,24% 14,8% 11,6%
2 Dosen Bevölkerung insg. 9,95% 12,9% 5%

Die prozentualen Relationen zeigen erneut, dass Deutschland zumindest bei den Erstimpfungen fast da ist. Das Problem versteckt sich allerdings vor allem in den Zweitimpfungen, da es zwei Dosen voraussetzt, zumal Deutschlands Bevölkerung gut drei Mal so groß ist als jene von Texas, während die Anzahl der dort täglich verabreichten Impfdosen bei etwa 60% des deutschen Werts liegt. Drüben geht es damit doppelt so schnell voran als hierzulande. In absoluten Zahlen ergeben sich für Deutschland die folgenden absoluten Rückstände:

Rückstand Deutschland Tx. Äquivalent 3. März Tx. Äquivalent 10. März
1 Dosis ges. Bev. 0,54 Mio 2,68 Mio
2 Dosen ges. Bev. 4,15 Mio 6,2 Mio
Impfdosen ges. 8,84 Mio 15,08 Mio

Insbesondere die dritte Zeile zeigt, was für einen fulminanten Rückstand Deutschlands politische Verantwortungsträger für uns eingefahren haben. Selbst bei Impfskeptikern muss das die Augenbrauen hochgehen lassen, da es weit mehr Sachverhalte als nur Impfungen gibt, die im Bereich der politischen Verantwortung liegen.

 

Wann Deutschland mit dem Texas vom 3./10. März gleichziehen wird

 

Nun kommen wir zur Gretchenfrage, wann Deutschland bei der Durchimpfung der Bevölkerung erwartbar den Punkt erreichen wird, den Texas jeweils am Tag der Ankündigung hatte ,sowie am Tag des Vollzugs.

Bemüht man noch einmal die Grafik des RKI, dann lässt sich daraus abschätzen, dass deutschlandweit im Mittel pro Tag circa 250.000 Impfdosen verabreicht werden, die sich auf 180.000 Erstimpfungen und 70.000 Zweitimpfungen verteilen. Da auch die deutsche Gesundheitspolitik eine gewisse Lernkurve durchläuft, werde ich von einem Anstieg der dieser Werte auf 300.000 bzw. 200.000 und 100.000 ausgehen. Der Rückstand zu Texas in Tagen beträgt damit:

Deutschland Tx. Äquivalent 3. März Tx. Äquivalent 10. März
1 Dosis insg. 2,7 Tage 13,4 Tage
2. Dosen insg. 41,5 Tage 62 Tage
Impfdosen ges. 29,4 Tage 50,3 Tage

Mit Blick auf Texas lässt sich schließen, dass es noch sehr, sehr lange dauern wird. Der Stichtag für das Ende der politischen Maßnahmen gegen Corona wird voraussichtlich zwischen dem 19. und dem 31. Mai liegen. Die ersten Hinweise für ihr absehbares Ende wiederum werden vermutlich zwischen dem 28. April und dem 10. Mai aus der politischen Arena herauszuhören sein.

Das alles steht selbstverständlich unter der Kuratel der weiteren Entwicklung in Texas, ob die Geschwindigkeit der Impfkampagne in Deutschland überhaupt gehalten werden kann, sowie der Frage, ob sich Angela Merkel nicht doch etwas zu wohl fühlen könnte in ihrer derzeitigen Funktion als Staatsratsvorsitzende.

Quelle Titelbild, Grafik

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