Horst D. Deckert

Traurige News aus dem Bereich der Schweizer Medien

Von Christian Müller. – Ein historisch ungebildeter und ahnungsloser Journalist wird als Chefredakteur zum «Publizistischen Leiter» befördert. Der deutsche Einfluss auf Schweizer Medien droht deutlich zuzunehmen. Und das «Echo der Zeit», die beste Informationsplattform der staatlichen Medien SRF, verschliesst die Augen und verschweigt relevante Informationen. Eine traurige, eine katastrophale Entwicklung der Schweizer Medienlandschaft wird Realität. Albrecht Müller.

Zwischenbemerkung: Diesen Text haben wir von Global Bridge übernommen. Was Christian Müller hier von der Schweiz berichtet – vom Niedergang der journalistischen Leistung – erleben wir ähnlich in Deutschland. Siehe beispielhaft auch den heutigen Artikel über das Handelsblatt Morning Briefing.

Weiter im Text von Christian Müller:

Die Berichterstattung und Kommentierung des Krieges in der Ukraine ist in der Schweiz so grausam einäugig und uniform wie in Deutschland: Ukraine gut und tapfer, Russland böse und grausam. Globalbridge.ch hat darüber bereits einmal berichtet (hier anklicken). Aber es gibt Ereignisse, auf die speziell hinzuweisen es sich lohnt.

Der CH-Media-Konzern – Aargauer Zeitung, Luzerner Zeitung, St. Galler Tagblatt und viele andere Regionalzeitungen – hat ihren bisherigen Mantel-Chefredakteur Patrik Müller befördert: zum publizistischen Leiter der ganzen Gruppe. Das wäre kaum interessant, wäre dieser «Publizistische Leiter» Patrik Müller nicht ein Journalist, der von der Geschichte Europas keine Ahnung hat.

Am 5. Juni 2019 schrieb Patrik Müller in einem mehr als halbseitigen Leitartikel wörtlich: «Heute und morgen werden wir wieder schöne Reden hören, denn gefeiert wird die Landung der alliierten Truppen in der Normandie vor 75 Jahren – der Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg, der zur Befreiung Europas von Hitlers Nazi-Terror führte.» Und tags darauf, am 6. Juni, wurde in der gleichen, von Patrik Müller verantworteten Zeitung, dem gleichen Ereignis, dem sogenannten D-Day, eine Doppelseite gewidmet. Headline: «Heute vor 75 Jahren begann die Befreiung Europas von den Nazis.»

Jeder auch nur halbwegs gebildete Europäer weiss: Diese Aussagen sind barer Unsinn. Hitlers Nazi-Truppen wurden, ob man’s gerne hört oder auch nicht, von der Roten Armee erstmals im Winter 1942/43 in Stalingrad – mit um die 700’000 Toten auf Seite der Roten Armee – und im Juli 1943 in Kursk – mit über 800’000 Toten auf Seite der Roten Armee – geschlagen, und von da an waren die Hitler-Truppen auf dem Rückzug. Das war die militärische und auch die psychologische Wende im Zweiten Weltkrieg! Und auch ein Jahr später, nach dem D-Day am 6. Juni 1944, ja sogar noch nach dem Neujahr 1945, bat der damalige britische Premier Winston Churchill den sowjetischen Staatschef Stalin mehrmals, trotz der bisherigen Erfolge und der schon weit vorgerückten Roten Armee die Attacken auf die deutsche Wehrmacht ja nicht zu verzögern oder gar einzustellen, damit keine Nazi-Truppen von der Ostfront an die Westfront verschoben werden könnten, weil es überhaupt nicht sicher sei, ob es den US-amerikanischen und britischen Truppen an der Westfront gelingen werde, die deutschen Truppen ebenfalls zum Rückzug zu zwingen. Aus eben diesem Grund kam Churchill im Februar 1945 auf Jalta Stalin in einigen Punkten auch noch zusätzlich entgegen.

Wundert es da jemanden, wenn in den CH-Media-Zeitungen seit Ende Februar 2022 unaufhaltsam gefordert wird, mit Putin ja nicht zu verhandeln, sondern endlich mehr und schneller Waffen zu liefern? Den Krieg also ja nicht etwa diplomatisch, sondern mit Waffen zu gewinnen? Und wenn jetzt am Dienstag, 28. Juni, auf der Frontseite der CH-Media-Zeitungen in einem Kommentar folgendes zu lesen ist:

«Eigentlich ist die neue Realität bloss die alte, seit den 90er-Jahren überholt geglaubte Wirklichkeit des Kalten Krieges. Wieder ist es Russland und seine despotische Führung, welches die offenen Gesellschaften des Westens mit seiner imperialen Grossmachtpolitik bedroht. Die mächtigste Verteidigungsallianz der Welt (gemeint ist die NATO, Red.) reagiert darauf und definiert Moskau frei nach dem Motto ‹Zurück in die Zukunft› wieder als den Feind Nummer eins. Das ist nur folgerichtig.»

Aha, die Sowjetunion, die mit rund 27 Millionen Kriegsopfern Europa vor Hitlers Diktatur gerettet und 1990 auch den Kalten Krieg beendet hat, beziehungsweise jetzt Russland, ist – wörtlich – «wieder» der «Feind Nummer eins», und das ist «nur folgerichtig». Hitlers «Mein Kampf» lässt grüssen.

Ein Chefredakteur, der auch nur ein bisschen Ahnung von der Geschichte Europas hätte, würde einen solchen Schreiberling am gleichen Tag in die Wüste schicken.

Springer-Chef Mathias Döpfner rückt Richtung Schweiz vor

Die zweite Hiobsbotschaft: Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der deutschen Axel Springer SE, wird Verwaltungsratspräsident der «Ringier Axel Springer Schweiz AG» (RASCH).

Die «Ringier Axel Springer Schweiz AG» ist ein 2016 eingegangenes 50:50-Joint-Venture der beiden Medienkonzerne Ringier und Axel Springer und gibt zwölf Publikumszeitschriften (darunter zum Beispiel die «Schweizer Illustrierte»), sieben Wirtschaftsmedien (darunter «Bilanz» und «Cash») und auch den «Beobachter» heraus, der traditionell und bis heute einen guten Ruf geniesst.

Wer Mathias Döpfner und seine Schreibe kennt – er greift immer wieder auch selbst in die Tasten –, den kann das alles andere als freuen. Der Axel Springer Medienkonzern gehört bereits zu 48,5 Prozent zwei US-amerikanischen Gesellschaften, und zu 21,9 Prozent Mathias Döpfner selbst. Döpfner befürwortet klar eine noch engere Verbindung Europas mit den USA. Und Döpfner forderte Anfang März sogar ein sofortiges Eingreifen der NATO (!) in der Ukraine, was selbst die NZZ dazu veranlasste, dies als «Wahnsinn» zu bezeichnen: «Von allen guten Geistern verlassen: Europas mächtigster Verleger schreibt den dritten Weltkrieg herbei.»

Da kann man fast nur noch beten, dass Alexander Theobald, der CEO der «Ringier Axel Springer Schweiz AG» – auch ein Deutscher – dafür sorgt, dass von diesem Wahnsinns-Geist aus Deutschland nichts in die Schweiz einfliesst.

Auch das «Echo der Zeit» ist auf einem Auge blind

Das «Echo der Zeit» von Radio SRF, jeden Abend um 18 Uhr mit Wiederholung um 19 Uhr und abhörbar auch jederzeit als Podcast, ist nicht nur die älteste Nachrichtensendung von SRF, sondern auch die beste. Da kann man hervorragende Korrespondentinnen und Korrespondenten aus etlichen Ecken der Welt hören, Susanne Brunner etwa aus dem Nahen Osten, Karin Wenger – bisher – aus dem Fernen Osten, David Karasek aus Lateinamerika, usw. Die Berichterstattung aus Moskau durch David Nauer war viele Jahre lang zwar immer dezidiert Kreml-feindlich, aber auch damit hat man leben können.

Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist nun aber die Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine so einäugig Ukraine-hörig – um nicht zu sagen Ukraine-hofierend –, wie man es diesem hochkarätigen Radio-Programm nie zugetraut hätte. Alle Nachrichten sind aus ukrainischer Quelle und alle ausschliesslich Ukraine-freundlich. Offensichtliche Lügen von ukrainischer Seite werden weder richtiggestellt noch kritisiert. Die totalen Lügengeschichten etwa der offiziellen ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten Lyudmyla Denisova wurden nicht thematisiert. Oder dass die Ukraine ihrerseits auch Dörfer auf russischem Boden bombardiert, konnte man zum Beispiel in der israelischen Zeitung Haaretz ausführlich lesen, aber im «Echo» war davon nichts zu hören. Und was jetzt mehr als nur ärgerlich ist: Seit etlichen Tagen beschiesst die ukrainische Armee die Stadt Donezk. Die ukrainische Armee beschiesst dort nicht militärische Anlagen, sondern wahllos auch das Stadtzentrum, so wie es die USA zum Beispiel auch im Irak wochenlang gemacht haben. Wer aufgrund von persönlichen Bekanntschaften mit Menschen im Donbass telefonieren kann und dies auch tut, muss zum Beispiel erfahren, dass in der Stadt Donezk die Trinkwasserversorgung total zusammengebrochen ist – nochmals: aufgrund der ukrainischen Beschiessung der Stadt mit Hunderten von Raketen (offenbar sind es Totschka-Raketen aus alten Sowjet-Beständen). Und man kann privat am Telefon unschwer auch hören, dass die dortigen Menschen nur noch einen Wunsch haben: dass Russland so schnell wie möglich den ganzen Südosten, den ganzen Donbass, am liebsten aber die ganze russischsprachige Region bis und mit Odessa, definitiv besetzt und für immer übernimmt. Aber die Menschen im Donbass, die von ukrainischen Truppen und Milizen seit 2014 beschossen wurden und werden, interessieren das Schweizer «Echo der Zeit» nicht. Ein konkretes Beispiel: Am 26. Juni hat das «Echo» an erster Stelle im Programm berichtet, in Kiev seien wieder 14 Raketen niedergegangen, aber kein Wort davon, dass auch an diesem Sonntag die ukrainischen Truppen die Stadt Donezk mit zahlreichen Raketen beschossen hat. Oft sind es dort über hundert Raketen an einem Tag!

Der US-amerikanische Geheimdienst-Experte Graham E. Fuller schrieb wörtlich:

«Eines der beunruhigendsten Merkmale dieses amerikanisch-russischen Krieges in der Ukraine ist die völlige Korruption der unabhängigen Medien. Tatsächlich hat Washington den Informations- und Propagandakrieg bisher haushoch gewonnen und alle westlichen Medien dazu gebracht, bei der Charakterisierung des Ukraine-Krieges aus demselben Gesangbuch zu singen. Der Westen hat noch nie zuvor eine so umfassende Durchsetzung der ideologisch geprägten geopolitischen Perspektive eines Landes im eigenen Land erlebt. Natürlich kann man auch der russischen Presse nicht trauen. Inmitten einer virulenten antirussischen Propaganda, wie ich sie in meiner Zeit als Kalter Krieger noch nie erlebt habe, müssen ernsthafte Analysten heutzutage tief in die Tasche greifen, um ein objektives Verständnis dessen zu erlangen, was in der Ukraine tatsächlich vor sich geht.»

Das gilt nun leider auch für das «Echo der Zeit», das in den allermeisten anderen Themen eine unabhängige und präzise Berichterstattung garantiert. Für langjährige «Echo»-Hörer und -Hörerinnen eine echte Enttäuschung.

Wer, und das dürfte auf die meisten Schweizerinnen und Schweizer zutreffen, keine Verwandte, Freunde oder Bekannte in der westlichen Ukraine und im Donbass und in Russland hat, um mit ihnen direkt reden zu können, wer weder die ukrainische Sprache noch Russisch spricht und versteht, um auch andere Informationen zu erhalten – zum Beispiel vom Exil-Ukrainer Anatoli Scharij –, kommt nicht darum herum, neben den Mainstream-Medien auch einige andere Plattformen zu konsultieren: in Brüssel zum Beispiel «Lost in EUrope» (mit täglich mehreren Meldungen und Kommentaren, sehr gut!), in Deutschland vor allem die NachDenkSeiten, aber auch «German-Foreign-Policy» (mit meist fünf präzisen Analysen pro Woche, sehr gut!), oder in den USA zum Beispiel «Consortium News». Auch ein Blick auf Thomas Röpers «Anti-Spiegel» kann nicht schaden. Für jene, die die russische Sprache nicht verstehen, sind seine Übersetzungen durchaus nützlich.

Die traurige Bilanz

Als die sogenannten Sozialen Medien aufkamen, war man optimistisch. Man meinte, dass durch diese neuen «Medien» die Mitsprache der Bevölkerung im demokratischen Meinungsbildungsprozess gestärkt werden könne. Die Realität war: Die Sozialen Medien werden vor allem dazu benützt, irgendwelche ungeprüften Meldungen und abstruse Ideen, oder auch einfach Werbung – auch politische – in die Welt zu setzen. Daraus zogen die etablierten Medien wiederum den Marketing-Schluss, die traditionellen Medien seien deshalb deutlich zuverlässiger, weil dort geschulte Journalisten und Journalistinnen die Nachrichten prüfen und auf ihre ‹Wahrheit› kontrollieren könnten. Und wieder ist es – leider – ein Fehlschluss: Die Journalistinnen und Journalisten können vor allem auch die einen Nachrichten durchlassen oder gar puschen, andere aber auch total unterdrücken – und so die Öffentliche Meinung nicht nur beeinflussen, sondern nachgerade steuern. So, wie wir es gerade jetzt mit dem Ukraine-Krieg erfahren, wo unliebsame Ereignisse und Wahrheiten aus der Ukraine – zum Beispiel auch das politisch mehr als nur fragwürdige Handwerk von Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj und die Kriegsführungsmethoden der Ukrainer – einfach übergangen und totgeschwiegen werden.

«Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser» soll schon Lenin gesagt haben. Nur darf man diese Kontrolle nicht einfach den Medien-Konzern-treuen Journalistinnen und Journalisten überlassen. Sie schreiben, was ihre Bosse von ihnen verlangen.

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