Am 1. Juli wurde der lange erwartete Bericht des Sachverständigenausschusses veröffentlicht. Dieser hatte die Aufgabe, die der Bevölkerung aufgezwungenen Corona-Maßnahmen auf deren Wirkung und Verhältnismäßigkeit zu untersuchen. Aufgrund mangelhafter Datenlage konnte das Gremium allerdings kaum fundierte Aussagen machen. Trotzdem wurden nur Stunden später in einer Stellungnahme der Gesundheitsministerkonferenz vom Bund „effektive sowie rechtssichere handhabbare Befugnisse “ gefordert, um weiterhin Maßnahmen durchsetzen zu können. Der AfD-Abgeordnete Franz Bergmüller will nun in einer parlamentarischen Anfrage wissen, welche Grundlage diese Forderungen haben.
Der veröffentlichte Bericht enttäuschte auf der ganzen Linie. Denn nach über zwei Jahren Corona-Maßnahmen konnten die Sachverständigen aufgrund mangelhafter Datenlage kaum konkrete Aussagen zu Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einzelner Maßnahmen treffen. Und das auf über 160 Seiten (Anm.: vollständiger Bericht am Ende des Beitrages). Rufe nach dem Rücktritt des RKI-Chefs Lothar Wieler wurden daher bereits laut, wie Wochenblick berichtete.
Nichts Genaues weiß man nicht…
Sind Lockdowns bei der Eindämmung des Virus wirksam? Weiß man nicht so genau – vielleicht am Anfang, wenn noch ganz wenige Menschen infiziert sind. Helfen die Masken? Unter gewissen Umständen möglicherweise schon, aber ob es FFP2-Masken sein müssen, ist nicht klar. Wird es im Herbst wieder Schulschließungen geben? Auch das bleibt ungewiss, sollte aber das letzte Mittel sein.
Daten mangelhaft oder unbrauchbar
„Es gebe keinen Körper an Evidenz“, erklärte etwa der Wirtschaftswissenschaftler Professor Christoph Schmidt von der Ruhr-Universität Bochum. Er fordert daher von der Politik: „Die Daten müssen in einer Art und Weise bereitgestellt werden, dass man sie gebrauchen kann.“ „Im Grunde sind die Daten zu den Corona-Maßnahmen wie zum Beispiel Lockdowns gebündelt. Sie lassen sich nicht mehr auseinanderrechnen“, wies der Virologe Hendrik Streeck auf die Nutzlosigkeit der vorhandenen Daten hin. „Masken wirken“, erklärte Streeck, machte aber klar, dass es fraglich bleibe, ob es eine FFP2-Maske sein müsse. Denn das lasse sich nicht hart belegen, so der Virologe.
Realitätsverweigerung oder Sadismus?
Trotzdem forderte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) vom Bund noch am Tag der Veröffentlichung des Berichtes eine Anpassung des Infektionsschutzgesetzes, um den Ländern darin „effektive sowie rechtssicher handhabbare Befugnisse einzuräumen“. Ob das totaler Realitätsverweigerung geschuldet ist oder der puren Lust am Unterdrücken und Quälen der Bevölkerung bleibt genauso unklar wie die Datenlage zu den Corona-Maßnahmen.
Die SPD-Gesundheitsministerin Niedersachsens, Daniela Behrens , forderte etwa die Möglichkeit, „Zugangsbeschränkungen und Personenobergrenzen“ anzuordnen. „Für den unwahrscheinlichen Fall, dass eine unmittelbare Überlastung unserer Intensivstationen drohen sollte, müssen im Rahmen eines Worst-Case-Szenarios auch Veranstaltungen ganz abgesagt werden können“, wird sie in der Ärztezeitung zitiert.
AfD-Anfrage fordert Klärung
Dem AfD-Abgeordneten Franz Bergmüller stößt diese Verweigerung gegenüber den Fakten sauer auf. Er fragte in seiner parlamentarischen Anfrage daher nach, durch welche Passagen im Bericht des Sachverständigenausschusses die bayerische Regierung eine Unterstützung für die von ihr mit unterstützte Forderung der GMK – etwa nach einer Maskenpflicht im Herbst und Winter – für erforderlich hält. Auch warum die Erforderlichkeit weiterer Maßnahmen wie u.a. Zugangsbeschränkungen, die Vorlage von Immunitäts- und Testnachweisen, als gegeben angesehen werden, will der Abgeordnete in Erfahrung bringen.
Seine letzte Frage bezieht sich auf mögliche Schulschließungen. Bergmüller hakt nach, durch welche genaue Passage im Bericht die Notwendigkeit des Schließens von Bildungseinrichtungen selbst in einem „Worst-Case-Szenario“ als gegeben angesehen wird.
Lauterbach: Volk soll Willkürherrschaft nicht bemerken
Die Beantwortung der Anfrage wird für Donnerstag erwartet. Spannend wird sein, ob auch in dieser Beantwortung klar wird, dass die Bundesregierung bei der Verhängung von Maßnahmen bisher keine belastbare Datengrundlage hatte, also komplett im Trüben fischte, wie es Krankheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Talk-Sendung Anne Will wohl eher ungewollt durchschimmern ließ: „Wir dürfen die Leute nicht verunsichern … Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, wir hätten die Dinge willkürlich gemacht.“ Lauterbach geht es also nur darum, dass das Volk die Willkürherrschaft nicht bemerkt.
AfD: Werden mit den Bürgern auf die Straße gehen
Die AfD hat zu dieser Geisteshaltung schon vorab Stellung genommen: „Wir als AfD werden im Bundestag und in der Öffentlichkeit darauf drängen, dass dieser Bericht nicht von den Altparteien in der sicher längst dafür vorgesehenen Schublade verschlossen wird, sondern dass er ihnen eine Lehre ist. Und wenn man sich weiterhin sperrt und die Bundes- und Landesregierungen wie in den letzten zweieinhalb Jahren ‘ihr Ding’ durchziehen, dann werden sie auch uns wieder auf der Straße sehen. Gemeinsam mit den Bürgern dieses Landes!“
Anfrage zum Plenum des AfD-Abgeordneten Franz Bergmüller:
Evaluationsbericht des Sachverständigenausschusses: