Dass „der Markt“ vieles, wenn nicht sogar letztlich alles regelt – die entsprechenden Spielregeln vorausgesetzt – und wie kein anderes Organisationsprinzip die Kreativität und Leistungskraft des menschlichen Genius in nützliche Bahnen lenken kann, gerät heute zunehmend in Vergessenheit, da ein globaler Sozialismus diesmal mit ökologischem Anstrich allerorten Wiederauferstehung feiert. Der Feind freier Märkte ist Dirigismus, Dogmatismus, staatliche Bevormundung – und wo sie überhand nehmen, verbreiten sich Irrlehren und potenzieren sich die Fehler – weil fruchtbarer Wettbewerb zur Durchsetzung des „besten Ergebnisses“ ausgeschlossen ist.
Leider wurde dieser kompetetiven Geist auch in der Corona-Krise gebrochen. Weil für die Wissenschaft dasselbe gilt wie für Märkte und ein Trial-Error-Prinzip, ein Nebeneinander von Ideen und ein unvoreingenommener Diskurs der Forscher für die Evolution von Wissen, zur Herausbildung der optimalen Lösungen essentiell sind, hätte man von Beginn an die Forschung rund um das Virus, die Entwicklung von Therapieansätzen und die politischen Strategien unbedingt ergebnisoffen halten müssen. Stattdessen herrschte von Beginn an eine hierarchisch-technokratischer Elitismus: Handverlesene Wissenschaftler erhielten gottgleichen Status, grenzenlose Deutungs- und Beratungsvollmachten – und einzelne Unternehmen den goldenen Schlüssel zum Behandlungsmonopol, konkret: Durch die Impfung.
Hierarchisch-technokratischer Elitismus
Wo soviel Dogmatismus und Agitation herrschen, ist keine Fehlerakzeptanz, keine Offenheit, keine Selbstkritik mehr möglich. Wie jedes Regime rennt auch dieses so lange gegen die Wand, bis es selbst unter ihr begraben wird.
Die Libertas triumphiert am Ende immer. Und so ist es kein Wunder, dass jetzt Erhellung über Corona und Impfungen ausgerechnet aus den Reihen der freien Wirtschaft, aus der mit Trends und Stimmungen genuin befassten Sphäre des verhassten Kapitalismus kommt: Im Auftrag der US-Investmentbank JP Morgan hat sich der Analyst David Mackie den Prognosen der vermeintlichen „guten Seite der Macht“ – von WHO über Regierungen samt ihren Systemvirologen über politisch wohlgelittene Wissenschaftler und Experten bis hin zu pandemie-konformistischen Medien – angenommen, insbesondere war deren „seriöse“, „offizielle“ Prognosen zur Delta-Variante betrafen, die ja die Impfkampagne begleitete und deren angebliches Gefahrenpotential als Druckmittel zur panikförderlichen Steigerung der Impfmoral aufgeboten wurde. Vor allem die angeblich vielfach höhere Ansteckungsgefahr wurde hierbei betont, der nur durch möglichst schnelle und vollständige nationale Durchimpfungen begegnet werden könne.
Mackie fand erstaunliches heraus: Er ermittelte anhand von Auswertungen, Algorithmen und allen verfügbaren Quellen (also all der die Informationen, mit denen in den Finanzmärkten ebenfalls akribisch und schonungslos analysiert werden), dass „die Delta-Welle viel milder ausfiel als erwartet„. Denn: In keinem der von ihm untersuchten Länder kam es zu einer Zunahme der Reproduktionsrate wie angenommen. Im Gegenteil: Die Mutante war offenkundig nur halb so ansteckend wie angenommen. Dies lässt, kommentieren Netzmedien, „die Meldungen und Berichte in deutschen Medien, die uns im Sommer eine äußerst gefährliche Variante präsentierten, als völlig übertrieben erscheinen.“ Es ist die nächste „Verschwörungstheorie“, die wahr wird, und ein weiterer Narrativ, der vor die Hunde geht. Noch aufschlussreicher aber ist, dass auch diese Erkenntnis von einer Investmentbanker ermöglicht wurde, nicht von Regierungen, die – schon im Interesse ihrer Bürger – diese ohne Bias betriebene reale Risikoanalyse hätten längst anstellen müssen.
Schwarmintelligenz statt Dogmatik
Und der verteufelte „freie Markt“ zeigt seine Schwarmintelligenz auch noch an anderer aufschlussreicher Stelle, was Corona anlangt: Wie Lewin Berner gestern auf Facebook hinwies, hat sich – und zwar ohne dass dies mediale Beachtung gefunden hätte – der Wert der Biontec-Aktie (BNTX) seit ihrem Allzeithoch vor sechs Wochen von 464 Dollar pro Anteil annähernd halbiert. Aktuell steht das Papier noch bei 235 Dollar. Das Kollektiv der Anleger, das auf kleinste Schwankungen sensibel reagiert, sorgt zwar für Ausschläge nach oben und unten – doch der jeweilige Kurs reflektiert auch der Öffentlichkeit womöglich unbekannte Informationen und Trends und ihre Auswirkungen auf den künftigen Unternehmenserfolg.
So steht der Rückgang des Biontec-Börsenwerts um rund 50 Milliarden Euro, aber auch ähnliche Dämpfer etwa des mRNA-Mitbewerbers Moderna im US-Index Nasdaq, offenkundig in Verbindung mit einem schleichenden Vertrauensverlust der Investoren. Dies spricht dafür, dass hier es um eine spezifische Art von Impfstoffen geht, deren Potential von den Anlegern möglicherweise bisher überschätzt wurde. offenbar mit einem kurz vor der Zulassung stehenden Covid-Medikament des Herstellers Merck & Co. namens Molnupiravir in Verbindung, das als Game-Changer gesehen wird und den Hype um die Covid-Experimentalimpfungen schneller zum Erliegen bringen könnte, als es gerade den Biontec- Staatslieblingen an der Mainzer Goldgrube lieb sein dürfte. Sollte sich Molnupiravir bewähren, hat die politische Impflobby in Berlin ein Problem.
Dass die Märkte ihrer Entwicklung oft voraus sind – überhaupt erst eine Voraussetzung für Innovation – ist, bei aller Anfälligkeit für Krisen und massenpsychologische Effekte, eine Tatsache. Berner fragt zu Recht: Könnte es vielleicht sein, dass der Kapitalmarkt, der ja frei ist von Sentimentalitäten aller Art, inzwischen nicht mehr ganz an die Erfolgsstory Biontec & Co. glaubt, an den alleinseligmachenden Nutzen der MRNA-Vakzine? Preisen die Anleger zunehmende Risiken (zukünftig rückläufige Umsätze, Schadenersatzforderungen, soweit diese von der Politik nicht fahrlässig durch Haftungsausschluss eliminiert wurden) bereits ein? Bringen ausgerechnet die Kapitalmärkte, neben einem schleichenden Bewusstseinswandel über die angebliche Unbedenklichkeit der Impfstoffe, eine fragwürdige planere Impfkampagne zum Erliegen?