Vollmundig will die deutsche Bundesregierung Stromversorgern, die von den aktuellen hohen Strompreisen in “außergewöhnlichem Maße” profitieren, sogenannte “Zufallsgewinne” abschöpfen, um so Privathaushalten eine billigere Grundversorgung zu ermöglichen. Dumm bloß, dass dafür überhaupt weder die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen noch die erforderlichen Software zur Berechnung dieser “Zufallsgewinne” existieren…
Am vergangenen Wochenende hat die Bundesregierung bekanntlich vollmundig ihr „drittes Entlastungspaket“ verkündet, das seinen Namen nicht verdient und mit dem sie Rentnern und Studenten eine lausige Einmalzahlung von 300 bzw. 200 Euro zur symbolischen Bewältigung explodierender Lebenshaltungskosten hinwirft. 65 Milliarden Euro umfasse das Paket, heißt es.
Wie diese Summe sich zusammensetzt und welche konkreten Maßnahmen sie beinhaltet, ist nach wie vor unklar. Versorgern, die von den hohen Strompreisen profitieren, die wiederum an den Gaspreis gekoppelt sind, will die Regierung „Zufallsgewinne“ abknöpfen, um Privathaushalten sowie kleinen und mittleren Unternehmen einen günstigeren Basisverbrauch zu ermöglichen.
Die Frage, ob alle Haushalte von der Preisbremse profitieren sollen oder ob es dafür eine Einkommensgrenze gibt, konnte eine Sprecherin von Robert Habecks Wirtschaftsministerium „nicht abschließend“ beantworten. Die Frage werde „diskutiert und dann in einen konkreten Vorschlag gegossen.“ Im Klartext: Man hat wieder einmal etwas beschlossen, aber keine Ahnung, wie die Details ablaufen sollen. So, und nicht anders, regieren Grüne.
Fehler der Gasumlage wiederholen sich
Schon jetzt besteht jedoch einmal mehr Gewissheit, dass im besten Deutschland aller Zeiten nicht die erforderliche Software zur Verfügung steht, um die hehren Ziele der Politik umsetzen zu können (Corona-Hilfen, Testcenterbetrug, “Infektionsschutz” und Impf-Monitoring lassen grüßen – dafür wird hingegen einmal wieder ein monströser Bürokratieaufwand produziert, der ins Nichts führt): Ingbert Liebing, der Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass die vom VKU vertretenen Stadtwerke, weder die Computerprogramme noch die Daten hätten, um die Basisversorgung der Kunden oder die abzuschöpfenden „Zufallsgewinne“ der Unternehmen berechnen zu können.
Liebing fürchtet, dass sich hier die Fehler der Gasumlage wiederholen, bei der ebenfalls „die praktischen Dinge aus dem Blick geraten“ seien. Deshalb appellierte er dringend, „jetzt keine Schnellschüsse zu fabrizieren, die sich anschließend nicht verwirklichen lassen.“ Die Chefin des Energieverbands BDEW, Kerstin Andreae, wies darauf hin, dass die geplanten Eingriffe in den „hochkomplexen Markt extrem sensibel“ seien und „einer fundierten fachlichen Folgenabschätzung“ bedürften. Genau die ist von dieser Regierung jedoch am wenigsten zu erwarten.
Regierungshandeln im Blindflug
Die Energiebranche müsse „eng eingebunden“ werden und genügend Zeit erhalten: „Grundsätzlich sind in einem Massenmarkt aufwendige und kundenspezifische Änderungen nicht schnell und ohne hohen Aufwand abbildbar.“ Daher brauche es „Lösungen, die einfach in der Berechnung und unkompliziert in der Umsetzung“ seien. „Nur wenn administrativer Aufwand auf ein Minimum reduziert wird, ist eine zeitnahe Umsetzung überhaupt möglich“, so Andreae weiter. Eine Minimierung des administrativen Aufwands, egal auf welchem Gebiet, ist in diesem Land geradezu undenkbar. Deshalb werden diese Forderungen ungehört verhallen, vor allem bei einer Regierung, die ohnehin in völligem Blindflug agiert.
Liebing erklärte, dass eine einkommensabhängige Preisbremse von den Versorgern keinesfalls umzusetzen sei. Die Unternehmen hätten weder Kenntnisse über die Größe der Haushalte noch über deren finanzielle Situation. Die dafür nötigen Daten und Programme seien nicht vorhanden. Darüber muss man sogar erleichtert sein, denn wenn auch noch Stromversorger über die Größe von Haushalten und deren Vermögensverhältnisse informiert wären, käme der totale Überwachungsstaat einen weiteren Schritt näher.
Allerdings ist zu befürchten, dass durch den aktuell durchgeführten Zensus genau solche Informationen bald doch dem Staat und anderen Institutionen zugänglich sein werden. Jedenfalls rechnen die Stadtwerke bereits mit Zahlungsausfällen ihrer Kunden in Höhe von sieben bis acht Prozent, in einzelnen Kommunen seien sogar 25 Prozent möglich, so Liebing.
Die nächste “Expertenkommission” soll es richten
Wie immer, wenn man selbst nicht weiß, was man tut, will die Regierung die Entlastungen von einer Expertenkommission ausarbeiten lassen. Von dieser fordert der Chef der Deutschen Energie-Agentur Dena, Andreas Kuhlmann, sicher zu stellen, dass auch die mittelständische Industrie durch die Krise komme: „Wir haben nichts gewonnen, wenn Industrie zumacht und dann in anderen Ländern mit günstigeren Kosten wieder aufmacht, selbst dann, wenn dort die Emissionen höher ausfallen würden“, erklärte er. Liebing forderte, die Kommission müsse beim Gas einem europäischen Ansatz folgen, damit die in Deutschland verbilligte Energie nicht im EU-Ausland lande.
Gasversorger, die an ihre Liquiditätsgrenzen stießen, müssten Prioritäten bei ihren Kunden setzen. Kommunale Abnehmer wie Schulen oder Krankenhäuser würden dann weiterhin beliefert, nicht aber Gewerbekunden. Inzwischen explodieren die Strompreise immer weiter. Jede Entlastung wird angesichts dieser ungeheuren Belastungen schon verpufft sein, bevor die Experten der Regierung sie überhaupt konkretisiert haben.