Horst D. Deckert

Wer liefert soviel Gas um Deutschland zu versorgen? Und womit soll es transportiert werden.?

Der VDE ist seit längerem voll auf den Zeitgeisterzug aufgesprungen und unterstützt die Umstellung unseres Elektro-Energieverorgungssystems auf „Erneuerbare“ nach Kräften. VDE Mitglied Dr. Wolf-Dieter Diebels stellt daher dem VDE dazu ein paar einfache Fragen. Zu seinem Motiv schreibt er einem Mitglied von EIKE

..Mir ging es um die nun wirklich nicht komplizierte Frage, wie denn nun die Elektroenergie erzeugt werden soll, wenn die Kern- und Kohlekraftwerke nicht mehr ins Netz einspeisen. Ich hatte einfach einmal eine  Leistungsbilanz für zwei konkrete Tage im Jahr 2019 hergenommen und ausgerechnet, welche Leistungen Gaskraftwerke einspeisen müssten, um die Leistungsbilanz auszugleichen. Natürlich sind die Daten, die ich verwendet habe, nur öffentlich verfügbare Daten aber sie sind zumindest so genau, dass eine  Beurteilung der Situation gut möglich war. Vergeblich suchte ich in der Literatur nach Leistungsbilanzen für die Zeit nach dem Ausstieg aus der Kernenergie, der ja schon in 15 Monaten abgeschlossen sein wird. Ich habe auch keine gefunden für die Zeit nach vollzogenem Kohleausstieg. Als ich dann einen Überschlag machte, welche Gasleistungen  erforderlich sein werden, war ich schon etwas überrascht und wunderte mich, dass die Frage der Bereitstellung dieser Gasleistungen in den Veröffentlichungen zum Kohleausstieg bisher überhaupt keine Rolle gespielt hat. Ich schrieb deshalb einfach an meinen VDE-BV und der leitete die Frage an den Vorstand des VDE weiter. Eine Antwort der Energietechnischen Gesellschaft des VDE, die m.E. die kompetenteste unabhängige Institution auf diesem Gebiet ist, steht noch aus und ist nun für den 3. November avisiert. Ich bin sehr gespannt auf die Antwort. Gegen die Veröffentlichung meines Briefes oder von Auszügen daraus habe ich natürlich nichts einzuwenden, da er ja bereits veröffentlicht ist, wenn auch nur im gedruckten Mitteilungsheft des Dresdner VDE- Bezirksvereins…

Mit freundlichen Grüßen

Dr.-Ing. Wolf-Dieter Diebels

Die Antworten des VDE stehen noch aus.

Dr.-Ing. Wolf-Dieter Diebels

an den VDE-Bezirksverein Dresden

An den Vorsitzenden Prof. Hentschel

Sehr geehrter Professor Hentschel,

nun bin ich schon recht lange im VDE und erinnere mich auch noch am meine Mitarbeit in der Kammer der Technik. Immer war ich an der Entwicklung der Elektroenergieübertragung und –verteilung interessiert. Ganz typisch ist es, dass man sich mit zunehmendem Alter beginnt Sorgen über die zukünftige Entwicklung zu machen. Das geht nicht nur mir so, sondern auch anderen älteren Fachkollegen. In Deutschland werden in den nächsten Monaten alle Kernkraftwerke abgeschaltet und die Abschaltung der Kohlekraftwerke kommt auch schon recht schnell voran. Das Management der Energieunternehmen, so scheint es mir, steht voll hinter den Beschlüssen der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung und aus der Elektroenergieerzeugung aus Kernenergie, den der Bundestag mit Gesetzeskraft ausgestattet hat.

Ich habe leider bis heute (trotz intensiver Suche) keine einzige Veröffentlichung gefunden, die erklärt, wie die Leistungsbilanzen des Elektroenergiesystems ohne Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke bei geringer Elektroenergieerzeugung von Windkraft- und Solaranlagen zu jeder Stunde und Minute des Jahres ausgeglichen werden kann. Die einzige plausible Lösung, die ich sehe, ist der massive Einstieg in die Elektroenergieerzeugung in Gaskraftwerken, die die fluktuierende regenerative Elektroenergieerzeugung in Windkraftanlagen und Solaranlagen ausgleichen muss. Und ich sehe, dass der Anteil der Elektroenergie, den Gaskraftwerke schon jetzt einspeisen in den vergangenen Jahren bereits deutlich gestiegen ist. Deshalb habe ich für einen konkreten Tag des Jahres 2019 die Leistungsbilanz der Elektroenergieerzeugung analysiert und in eine Tabelle eingetragen (siehe Anlage Tabelle1). In einer 2. Tabelle habe ich eine Leistungsbilanz ohne Kern- und Kohlekraftwerke erstellt. Ohne die Gesamtleistung des Elektroenergiesystems zu ändern, habe ich die Leistung der Windkraftanlagen und Solaranlagen, der Biogaskraftwerke und Wasserkraftwerke sowie Pumpspeicherwerke in Deutschland verdoppelt. In Anbetracht des realen Zuwachses an installierter Leistung dieser Anlagen im vergangenen Jahr ist eine derartige Verdopplung in den nächsten 17 Jahren eigentlich unvorstellbar. Trotzdem habe ich diese Verdopplung angenommen, um den extremen Vorstellungen einiger Aktivisten hinsichtlich des Ausbaues der regenerativen Erzeugungsanlagen zu entsprechen. Ich stelle dabei fest, dass die Leistung der einspeisenden Gaskraftwerke nach Abschaltung der Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke trotzdem mehr als verdoppelt werden muss. Was mich sehr besorgt, das ist die Gasleistungskapazität, also nicht die Menge, die übers Jahr benötigt wird, sondern die erforderliche Gasleistung an solchen windarmen Tagen. Um eine Leistung von 25-30 GW aus Gaskraftwerken ins Netz einzuspeisen, benötigt man die gesamte Ausspeiseleistung der Pipeline Nordstream2. Die in Deutschland derzeit verfügbaren Gasspeicher haben Ausspeiseleistungen, die nicht wesentlich zur Verbesserung der Lage beitragen können. Sie sind einfach nicht für hohe Ausspeiseleistungen gebaut. Wenn es nicht gelingt, die installierte Leistung der Windkraftanlagen zu verdoppeln, wird die erforderliche Gasleistung noch deutlich höher sein als Nordstream2 einspeisen kann. Im Jahr 2019 hätten wir am 18.1.2019 früh 8 Uhr die gesamte Ausspeiseleistung der Pipelines Nordstream1 und Nordstream2 benötigt, um allein mit Gaskraftwerken und den EEG-Erzeugungsanlagen und Pumpspeicherwerken die Leistungsbilanz zu sichern. Das nunmehr in Zukunft nicht mehr auszuschließende Zusammentreffen einer Gasleistungsspitze für Heizung und Industrie und einer Gasleistungsspitze für die Elektroenergieerzeugung besorgt mich sehr.

Ich bitte also den VDE darum, in einem Vortrag zu erläutern, wie die Leistungsbilanzen des Elektroenergiesystems zu jeder Zeit des Jahres gewährleistet werden können, wenn weder Kohle- noch Kernkraftwerke zur Leistungsbilanzdeckung verfügbar sein werden.

Ein kompetenter Vertreter des Verbundnetzes Gas aus Leipzig sollte hinzugezogen werden, um die Bestätigung zu erhalten, das die Leistungsbilanzen für Gas bei derartigen Spitzenleistungen der Gaskraftwerke in Deutschland in Zukunft gesichert sind.

Titel des Vortrages:

Die Gewährleistung der Leistungsbilanzen des deutschen Elektroenergiesystems nach Abschaltung der Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke unter allen real auftretenden Witterungsbedingung.

Sollte es nicht möglich sein, einen derartigen Vortrag unter Regie des VDE noch vor der Bundestagswahl zu organisieren, hoffe ich auf eine baldige kompetente Antwort des VDE auf meine aufgeworfene Frage zur Gewährleistung der Leistungsbilanzen der Elektroenergieerzeugung und der Gasbereitstellung in Deutschland nach Abschaltung der Kernkraftwerke ( bis 12/2022) und der Kohlekraftwerke, die nach dem Willen der Grünen Partei bereits bis 2030 abgeschaltet werden sollen.

Da der VDE die Energiestrategie der Bundesregierung uneingeschränkt unterstützt, kann es kein Problem sein, mir die Sorge um die zukünftige Gewährleistung der Elektroenergiebilanzen zu nehmen. Leider hat der VDE bisher keine Antworten auf diese doch sehr nahe liegende Frage der Sicherung der Leistungsbilanzen des Elektroenergiesystems ohne Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke gegeben. Bei geplantem Import von Elektroenergie sollte erläutert werden, woher regenerativ erzeugte Elektroenergie importiert werden kann und welche Leistungen möglich sind. Sollte der Import von Elektroenergie aus Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken im Ausland weiterhin geplant sein, so wären die geplanten bzw. prognostizierten Importleistungen interessant. Immerhin ist CO2 kein deutsches Problem sondern ein globales und niemandem ist klimatechnisch geholfen, wenn in Deutschland Kohlestrom aus dem Ausland verbraucht wird.

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr.-Ing. Wolf-Dieter Diebels

Anlage

Die beigefügten Tabellen zeigen die reale Leistungsbilanz von 2 Tagen im Januar 2019. Es ist die bei dieser real gegebenen Witterung maximal mögliche Einspeisung von Wind- und Solarstrom und die verfügbare Leistung von Biomasse-Kraftwerken und Wasserkraftwerken in Deutschland. Gesucht ist diese Leistungsbilanz für gleiche Witterung bei nicht verfügbarer Einspeisung aus Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken.

Tabelle 1: Leistungsbilanz1 (reale Leistungsbilanzen an zwei Tagen im Januar 2019)

Elwektroenergie-erzeugung 18.1.2019

08:00 Uhr

18.1.2019

08:00 Uhr

20.1.2019

0:00 Uhr

20.1. 2019

0:00 Uhr

Freitag Freitag Sonntag Sonntag
Netzeinspeisung GW % GW %
Solar 0,5 0,6 0 0
Wind 12 14,6 6,8 11,5
Biomasse 5 6,1 5 8,5
Wasserkraft 3 3,7 2 3,4
EEG 20,5 25 13,8 23,4
PSW 5,5 6,7 0,4 0,7
EEG+PSW 26 31,7 14,2 24,1
Steinkohle 17,7 21,6 12,9 21,9
Braunkohle 16 19,5 15,3 25,9
Kohle 33,7 41,1 28,2 47,8
Gas 12 14,6 7,1 12
Fossil 45,7 55,7 35,3 59,8
Kernenergie 9,5 11,6 9,5 16
Kohle+KE 43,2 52,7 37,7 63,8
Summe 82 99 59 100

Tabelle 2 : Leistungsbilanz 2 (Verdoppelung der EEG -und PSW-Einspeisung und Abschaltung der Kern-KW und Kohle-KW)

Generation 18.1.2019

08:00 Uhr

18.1.2019

08:00 Uhr

20.1.2019

0:00 Uhr

20.1. 2019

0:00 Uhr

Freitag Freitag Sonntag Sonntag
Netzeinspeisung GW % GW %
Solar 1 1,2 0 0
Wind 24 29,2 13,6 23
Biomasse 10 12,2 10 16,9
Wasserkraft 6 7,4 4 6,8
EEG 41 50 27,6 46,7
PSW 11 13,4 0,8 1,4
EEG+PSW 52 63,4 28,4 48,1
Steinkohle 0 0 0 0
Braunkohle 0 0 0 0
Kohle 0 0 0 0
Gas 30 36,6 30,6 51,9
Fossil 30 36,6 30,6 51,9
Kernenergie 0 0 0 0
Kohle+KE 0 0 0 0
Summe 82 100 59 100

 

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