Horst D. Deckert

Wie China dank Spitzelnetz und Hand in Hand mit Europas Behörden per „Hassrede“ ihre Zensurlinie durchsetzt

Der (ehemalige) Chinareisende Winston Sterzel hat bei Instagram gerade den Erlebnisbericht eines Medizinstudenten veröffentlicht. Darin beschreibt der Student, wie er während seines Erasmusjahres eine Begegnung der anderen Art mit dem chinesischen Zensurstaat hatte. Offenbar verfügt die KP in Europa über ein engmaschiges Spitzelsystem, das direkt von den chinesischen Konsulaten kontrolliert wird, die selbst eng mit europäischen Behörden kooperieren.

Vermutlich aus gutem Grund ist der Beitrag anonym gehalten. Für den Chinakenner Sterzel klingt er aber keineswegs abwegig oder gefälscht. Sterzel verbrachte über ein Jahrzehnt in Festlandchina und hat das Land intensiv bereist. Er kennt die Methoden der KP aus eigener Anschauung, die immer dreister versucht, auch im Ausland ihre Zensurlinie durchzusetzen. Glaubt man dem Erlebnisbericht, dann trifft sie in Europa auf willige Behörden.

 

Es geht um ein Katzenvideo…

 

 

Das kommt mir ziemlich bekannt vor. Ich bin ein europäischer Student, der gerade in einem anderen europäischen Land studiert. Ich habe einige chinesische Freunde, die mich zu einer Asienparty eingeladen haben, auf der ich diesen seltsamen chinesischen Typen von einer anderen Universität kennengelernt habe.

Am Tag nach der Party hat er mich bei Facebook befreundet und mir noch einmal einen Tag danach eine Nachricht geschickt, in der er mir riet, ein bestimmtes Video aus meiner Zeitleiste zu löschen (das von einem 60 Jahre alten Deutschen verbreitet wurde), weil es das chinesische Volk beleidigen würde. (Im fraglichen Video hält eine Katze einen Bündel Geldscheine in der Hand, bei denen es sich um chinesische Yuen handelt.)

Als ich das abgelehnt habe, wurde er aggressiv. Ich habe ihm dann damit gedroht, ihn zu blockieren, woraufhin er wieder verschwand.

Am Mittwoch danach bekam ich dann eine E-Mail von meiner Universität, in der mit mitgeteilt wurde, dass gegen mich wegen Hassrede und Fehlverhalten ermittelt würde. Ich bin dann zur Fakultätsleitung gegangen, wo noch schlechtere Nachrichten auf mich warteten, da auch die Polizei und die chinesische Botschaft in die Angelegenheit eingeschaltet wurden und den Brief an ihn ebenso erhalten haben (und sich daraufhin bei der Universität gemeldet haben).

Sie haben mir dann ein Ultimatum gegeben, entweder das Video zu löschen, oder aber sie würden mir mein bereits vier Jahre dauerndes Medizinstudium wegnehmen. Für mich war die Wahl klar. Ich habe das Video gelöscht, mich schriftlich bei dem Typen und bei der Universität entschuldigt und bei der Polizei vorgesprochen und sie versucht zu überzeugen, dass ich keine bösen Absichten hatte.

Was von Seiten der chinesischen Botschaft unternommen wurde, ist mir nicht bekannt. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass ich in absehbarer Zeit noch in China willkommen bin.

Quelle Titelbild 1, 2, Text

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