Der Griff der Kommunistischen Partei über Festlandchina ist fest wie eh und je. Veränderungen zum besseren wie etwa in Vietnam, wo die herrschende KP immer wieder Reformen durchführt sind kaum absehbar. Unter Präsident Xi geschieht tendenziell eher das Gegenteil. Dabei gibt es in China neben der KP mehrere weitere Parteien, die analog zur DDR als Blockparteien jedoch ein Schattendasein führen. In Anbetracht ihres Treueschwurs auf die KP genießen sie nicht mehr als eine marginale Bedeutung. Mit einem einfachen diplomatischen Trick allerdings könnte die Bedeutung dieser Parteien deutlich verstärkt werden, was innerhalb von China zwangsläufig zu Verschiebungen im politischen Koordinatensystem führen würde.
Ausschlusskriterien für diplomatische Vertretungen
Die meisten Länder auf der Welt haben mittlerweile Festlandchina als das einzig legitime China anerkannt und Taiwan vom diplomatischen Parkett geworfen. Das bedeutet, es müssen jede Menge Botschaften und Konsulate mit Personal besetzt werden, bei denen es sich ausnahmslos um treu ergebene Diener des Regimes handelt, sprich, Mitglieder der Kommunistischen Partei. Neben ihrer Ausbildung zu „Kommunisten mit chinesischer Prägung“ haben sie überdies (und vermutlich ausnahmslos bis hinunter zum Gärtner) eine staatliche Hochschule im zivilen, militärischen oder geheimdienstlichen Bereich besucht und erfolgreich durchlaufen.
Da mindestens den Geheimdiensten der Welt jedes einzelne der 95 Millionen Parteimitglieder namentlich bekannt sein dürfte, wäre es daher möglich, China einige Vorschriften bezüglich der Besetzung seiner diplomatischen Geschäftsstellen zu machen. Spezifisch sollten nur solche diplomatische Vertreter oder ständigen Mitarbeiter akzeptiert werden, die seit mindestens 20 Jahren kein Mitglied der KPCh waren, wobei dies am besten auch für deren unmittelbaren Angehörige gelten sollte, die gemeinsam mit diesen in einem Haushalt leben.
Selbstverständlich wäre das ein massiver diplomatischer Affront. Doch es hätte wohl kaum Konsequenzen, da die Fassade des diplomatischen Primus mit dem kommunistisch regierten Land ohnehin kaum noch steht. China würde sich der Forderung sehr schnell beugen, wenn als Druckmittel die situative Anerkennung Taiwans stünde, falls ein Botschafter- oder Konsularposten für länger als 3 Monate unbesetzt bleibt, oder weiterhin eine Person mit Parteibuch den Posten belegt.
Taiwan als prinzipieller Mittler
Die „situative Anerkennung“ Taiwans würde bedeuten, dass Taiwan nicht als ganzes anerkannt wird, sondern für die jeweilige Stelle lediglich ein vom taiwanesischen Staat gestellter Vertreter bei zwischenstaatlichen Angelegenheiten als festlandchinesischer Ansprechpartner gewählt wird. Es bedeutet, dass wenn das diplomatische China etwas von der deutschen Regierung möchte, dann muss sie das Anliegen dem taiwanesischen Vertreter vortragen, der dieses nachfolgend an die Bundesregierung weitergibt.
Analog würde es andersherum laufen, wobei sich eventuell zusätzlich eine gesetzliche Vorschrift anbieten würde, die den Zwischenschritt über den Vertreter Taiwans auch bei privaten Angelegenheiten gegenüber der Volksrepublik zur Pflicht macht, wenn diese über eine inakzeptabel besetzte Stelle läuft. In Anbetracht der Bedeutung von Sozialen Medien würde es flankierend auch Sinn ergeben, allen staatlichen Stellen das Blockieren sämtlicher Konten bei Twitter, Facebook etc. vorzuschreiben, wenn diese von diplomatischem Personal mit Parteibuch betrieben werden, und gleichzeitig Taiwan darum zu bitten, Vertreterkonten zu betreiben, deren einziger Zweck darin besteht, öffentliche Verlautbarungen beider Seiten weiterzugeben.
Mit dieser Art der situativen Aberkennung Festlandchinas würden einerseits die von Peking ausgesprochenen Drohungen im Falle einer Anerkennung Taiwans unterlaufen werden, da Taiwan nicht als solches anerkannt würde, sondern lediglich als eine zwingende Zwischeninstanz in das diplomatische Geschäft eingebaut wird. Dennoch wäre eine solche weiche Anerkennung Taiwans eindeutig eine Institutionalisierung, der sich Rotchina nicht entziehen könnte, falls das Land nicht zur Einhaltung der Besetzungsbedingungen bereit sein sollte.
Ziel: Eine parteifremde Funktionselite
In Peking würde sich schnell der Hang zur Gesichtswahrung durchsetzen. Die Forderung ist schlichtweg zu niederschwellig ist, als dass sich zum jetzigen Zeitpunkt ein ausgewachsener diplomatischer Krieg lohnen würde. Die Konsequenzen aus dieser Maßnahme wiederum würden sich in China bald schon bemerkbar machen, da die hohen Verwaltungsschulen gezielt zahlreiche Talente anderer Parteien oder parteilose Kandidaten ausbilden müssten.
Zahlenmäßig wären es am Ende nicht viele Personen, die auf diese Weise in den hohen Verwaltungsapparat Rotchinas aufsteigen würden. Bei Wikipedia gelistet sind insgesamt 167 Botschaften, 92 Generalkonsulate, vier Konsulate, zwei Handelsbüros, zwei Büros, eine Vertretung, eine Zweigstelle des Generalkonsulats (im ägyptischen Port Said, wen es interessiert) und eine Mission bei der EU in Brüssel. Damit umfasst das diplomatische Korps 271 Auslandsvertretungen gegenüber eigenständigen Rechtsentitäten, hinzu kommt noch eine Handvoll offizieller Vertretungen bei der UN und anderen zwischenstaatlichen Organisationen.
Geht man von durchschnittlich acht Personen aus, die alle drei Jahre rotieren, dann wären dies pro Generation kaum 3.000 Diplomaten ohne kommunistisches Parteibuch, falls alle Länder mitmachen (vermutlich würde wohl die Hälfte davon mitmachen). Die Hebelwirkung wäre dennoch erheblich, da sich nicht jeder Aspirant am Ende auch für den diplomatischen Dienst eignet. Peking müsste vermutlich das 20-fache dessen an Personal durch die Ausbildung schicken, um am Ende über eine ausreichende Auswahl staats- und regimetreuer Diplomaten zu verfügen. Bei einer Jahrgangsstärke von circa 16 Millionen ist zwar auch das nicht allzu viel, jedoch muss beachtet werden, dass viele junge Menschen mit Ambitionen im privatwirtschaftlichen und noch mehr staatlichen Bereich besser frühzeitig in die KP eintreten sollten, was die prinzipielle Auswahl deutlich einschränkt.
Unter Berücksichtigung der Qualitätserhaltung bliebe Peking daher letztlich nichts anderes übrig, als für die anderen Parteien im Land Funktionskader auszubilden. Alternativ könnte sie auch aktiv für eigenen Nachwuchs sorgen und einigen der talentiertesten unter den Parteianwärtern den Eintritt in die KP verwehren, um sie gezielt als „unabhängige“ Funktionsträger Karriere machen zu lassen. In beiden Fällen würde die KP im Hintergrund weiterhin die Fäden ziehen. Doch im Zweifel könnte sich ein Einzelner auch einmal gegen den Parteiwillen entscheiden oder eine wichtige Außensicht der Dinge in die Partei bringen. Die Blockparteien wiederum bekämen bestens in staatlichen Geschäften ausgebildete Mitglieder, die überdies über eine eigene Außenwirkung verfügen, mit der sie bei der ein oder anderen Wahl den roten Beton so sehr überstrahlen könnten, dass die KP nur noch entweder mit Härte und Brutalität oder aber mit inneren Reformen reagieren könnte.