Herr Hans, seit zwei Jahren kämpfen Sie im Zürcher Kantonsrat gegen die Corona-Massnahmen. Sie mussten einiges einstecken. Ihre Parlamentskollegen buhten Sie wiederholt aus. Wie geht es Ihnen bei der politischen Arbeit?
Das Klima im Parlament ist in der Tat kein gutes: Es gibt nur wenige mutige Kantonsräte, die im Parlament noch mit mir sprechen. Sie könnten dabei schliesslich gesehen werden. Das ist für ihre Karriere nicht förderlich.
Machen Sie Witze?
Das ist die Realität. Im Kantonsrat regiert der Gehorsam seit zwei Jahren. Das Schöne ist, dass ich als Parteiloser hier nicht mitmachen muss.
Aber es gibt doch auch kritische Parlamentarier: Eine überparteiliche Gruppe von Zürcher Kantonsräten setzte sich vergangenen Herbst ebenfalls gegen das Covid-19-Gesetz ein.
Ja, das stimmt. Doch die wenigen Kritiker innerhalb der eigenen Parteien mussten ganz schön untendurch und wurden scharf gemassregelt. Ich weiss von einer FDP-Kantonsrätin, die zu Beginn dem Komitee angehörte, dieses jedoch kurz darauf wieder verliess.
Wie kam das?
Die Partei übte dermassen Druck auf sie und weitere Gegner des Covid-19-Gesetzes aus, das sie nachgab. Das Beispiel zeigt, wie diese Parteien funktionieren. Jeglicher Dissens wurde sanktioniert. Auch bei der SVP.
Ganz allein im Parlament waren Sie aber doch nicht.
Ja. Aber es waren wirklich nur sehr wenige, die die Massnahmen hinterfragten. Geoutet hat sich – einmal von dem erwähnten Komitee abgesehen – sowieso fast niemand. Dabei weiss ich von einigen Kantonsräten, dass sie die Corona-Politik der Regierung durchaus kritisch beurteilten. Sie getrauten sich aber nicht, öffentlich zu ihrer Meinung zu stehen. Schliesslich wollten sie ihrer Karriere und ihrem Ansehen keinen Schaden zufügen. Hinter vorgehaltener Hand würdigten diese Parlamentarier mein Engagement jedoch.
Wie erklären Sie sich diesen Gehorsam?
Die Parteimitglieder wollten es sich nicht mit der Regierung verspielen. Ob Grüne, FDP, SVP, SP oder CVP: All diese Parteien sind Teil der Exekutive in Zürich.
Verlassen wir Parlament und Exektutive für den Moment: Bei den Menschen draussen auf der Strasse sind Sie beliebter als im Kantonsrat – zumindest unter den Massnahmengegnern. Sie organisierten bereits mehrfach Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Regierung. Auch dieses Wochenende rufen Sie zur Demo nach Winterthur auf. Warum eigentlich: die Massnahmen wurden doch zuletzt weitgehend aufgehoben?
Genau. Deshalb sind wir nun umso mehr gefordert. Man tut jetzt so, als ob nichts gewesen sei. Die Behörden werden nun versuchen, das Leid, das sie angerichtet haben, unter den Teppich zu kehren. Wir können aber nicht einfach so tun, als ob nichts gewesen sei. Die Massnahmen haben enorme gesellschaftliche Schäden verursacht. Dies gilt es nun transparent zu machen.
Wie das?
Wir müssen jetzt unbedingt die Behördenvertreter konfrontieren. Sie stehen in der Verantwortung und müssen geradestehen für die destabilisierende Corona-Politik der vergangenen zwei Jahre. Es ist an uns. Wir müssen die Sache selbst in die Hand nehmen und eine lückenlose Aufarbeitung ins Rollen bringen. Dazu soll die Demo vom Samstag beitragen. Die Behörden haben kein Interesse an einer sauberen Aufarbeitung.
Die SVP fordert eine Corona-PUK. Sie haben also keine hohen Erwartungen in die Aufarbeitung von Seiten der Behörden?
Sie ist nur möglich, wenn wir Bürger jetzt Druck machen. Ansonsten ist bereits vorprogrammiert, dass die offizielle Aufarbeitung vermutlich eine Katastrophe werden wird. Die Behörden kaschierten doch schon immer unangenehme Tatsachen. Die Geschichte wurde bisher stets von den Siegern geschrieben. Das gilt es dieses Mal unbedingt zu verhindern.
Zurück zum Status quo: Wie deuten Sie die jüngsten Lockerungen des Bundesrats?
Die Juristin Michelle Cailler sagte es am vergangenen Wochenende in Oerlikon sehr schön: Der Bundesrat hat uns nicht wieder «freigelassen», sondern er hat lediglich die Leine wieder etwas gelockert. Diese Leine kann er jeden Moment wieder anziehen. Robert Kennedy Jr. hat Recht, wenn er sagt: «Keine Regierung der Welt gibt die Macht, die sie hat, freiwillig ab.»
Rund vierzig Prozent der Bevölkerung hat genug von der Corona-Politik: Was gilt es nun zu tun?
Die freiheitlich-demokratische Grundordnung muss wieder zum Leben erweckt werden. Wir haben zurzeit kein unabhängiges Justizsystem mehr. Die Gerichte übernahmen bis zuletzt die Argumente, welche die Task-Force vorgab. Sie beziehen sich gar auf diese. Das geht nicht. Der Bundesrat hat sich seit zwei Jahren andauernd Vollmachten zugesichert. Die Verfassung sollte uns nun wieder als Orientierung dienen. Dafür müssen wir kämpfen, ansonsten geht es mit uns wirklich den Bach ab. Die Menschen gewöhnen sich so schnell an staatliche Bevormundung. Das hat man jetzt gesehen.
Warum eigentlich?
Ganz viele Bürger wollen nicht einsehen, dass sie von der Regierung belogen wurden. Doch genau das ist passiert im Rahmen der «Pandemie» – sei es mit falschen Zahlen, dem Kleinreden von Impfnebenwirkungen und so weiter. Das Ganze ist nicht neu. Ich habe in der Vergangenheit ähnliche Erfahrungen gemacht mit meinen Tieren, die aufgrund von Impfungen geschädigt wurden. Auch dies haben die Behörden stets geleugnet. Jetzt passiert Ähnliches mit den Menschen. Trotzdem gilt es, den Optimismus zu bewahren.
Was stimmt Sie positiv?
In den kommenden Monaten werden noch viel mehr Menschen erwachen. Die Kollateralschäden der Corona-Politik sind so enorm, dass man sie nicht einfach ignorieren kann. Man denke nur an die unzähligen schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die mRNA-Injektionen – ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen, psychischen und sozialen Schäden. Da wird in Zukunft noch viel mehr ans Licht kommen. All den Menschen, die unter den Massnahmen litten, müssen wir nun eine Perspektive geben. Wichtig dabei ist, dass wir immer friedlich bleiben.
Sie sind – einmal vorsichtig ausgedrückt – auch nicht mehr der Jüngste. Trotzdem kämpfen Sie ununterbrochen gegen die Corona-Politik. Woher holen Sie eigentlich die Energie: Was treibt Sie an?
Gegen solche Ungerechtigkeiten, wie wir sie in den vergangenen zwei Jahren erleben mussten, muss man sich wehren. Ich bin sonst eher eine ruhige Person. Doch die stetigen Lügen der Behörden, die bringen mich schon regelmässig in Rage. Ich will aber auch nicht einfach die Faust im Sack machen. Deshalb versuche ich stets meine Energie in eine konstruktive Richtung zu lenken. Dabei kann ich auf ein grossartiges Umfeld zählen. Meine Familie, Kinder und Freunde sehen vieles ähnlich wie ich und unterstützen mich.
Kommen wir zuletzt nochmals auf die kommende Kundgebung in Winterthur zu sprechen: Jüngst geriet die Bewegung unter Beschuss, weil an einer Demo in Bern Mitglieder der rechtsextremen «Jungen Tat» an vorderster Front mit Massnahmenkritikern mitliefen. Wie werden Sie als Veranstalter reagieren, wenn Rechtsextreme am Samstag an der Kundgebung mitlaufen sollten?
Meine Position ist klar: Grundsätzlich ist jeder willkommen. Linke genauso wie Rechte. Am Samstag wird unter anderem auch die «Freie Linke» in Winterthur sein. Das gefällt mir auch. Wichtig ist, dass alle friedlich sind. Klar ist aber auch: Extremistische Bewegungen wie die «Junge Tat» oder die «Antifa» dürfen auf keinen Fall die Demo für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. Links- oder rechtsextreme Banner werden wir nicht dulden.
Sind bereits Gegendemonstrationen geplant?
Angekündigt wurden bisher noch keine. Nach den gewalttätigen Vorfällen in Zürich vom vorletzten Samstag gehe ich nicht davon aus, dass die «Antifa» ihre Anhänger erneut mobilisiert. Linksextremistische Bewegungen haben auch kein Interesse an einer argumentativen Auseinandersetzung.
Mit wie vielen Demonstranten rechnen Sie?
Ich gehe davon aus, dass weniger Demonstranten kommen als noch letzten September. Ich hoffe aber, dass einige tausend den Weg nach Winterthur finden werden.
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Foto: zVg
Urs Hans ist Biobauer aus dem Tösstal und seit 2020 parteiloser Kantonsrat im Zürcher Parlament. Aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber den Corona-Massnahen hat ihn die Grüne Partei aus der Partei ausgeschlossen. Hans organisierte wiederholt Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Regierung. Unter anderem auch am 18. September 2021, als zigtausende Demonstranten gegen das Covid-19-Gesetz auf die Strasse gingen. Er ist Präsident der Organisation Public Eye on Science, die sich eigenen Angaben zufolge zum Ziel gesetzt hat, Wissenschaft transparent zu vermitteln. Für den kommenden Samstag hat Hans zur Demonstration nach Winterthur aufgerufen.
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