Die Entscheidung von Wirtschaftsminister Habeck, zwei der drei deutschen Kernkraftwerke ab 2023 in die kalte Reserve zu schicken und eines ganz abzuschalten verwundert doch sehr. Geradezu gespenstisch der Moment bei der Pressekonferenz zum Stresstest, als der Sprecher des Netzbetreibers Amprion – Hendrick Neumann – eigentlich sehr eindeutig etwas zu der Situation sagte:
„In keinem der 3 Szenarien reicht das in DEU verfügbare Potential aus, um Netzsicherheit zu gewährleisten. Mit den 3 AKW können Lastunterdeckungen weitestgehend vermieden werden.“
(Abbildung: Screenshot Phoenix.de)
Hendrik Neumann benennt die Lastunterdeckung ganz klar. Sie ist auch in allen Szenarien enthalten. Habeck handelt hier also eindeutig gegen den Rat bzw. die Erkenntnisse der Netzbetreiber. Deren Analyse klingt auch ganz anders als das Credo “Wir haben kein Stromproblem”. Wer die Empfehlungen der Netzbetreiber liest, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn die Konsequenzen werden hier deutlich aufgezeigt. Neumann beziffert auch die Größenordnungen und die Zeiträume in der Pressekonferenz. 7 Millionen Menschen könnten bis zu 4 Tagen ohne Stromversorgung sein.
(Abbildung: Screenshot Twitter)
Im ZDF-Morgenmagazin äußerte sich die Wirtschaftsweise Grimm zu den Plänen von Habeck. Nun ist es schon einmal begrüßenswert, wenn nicht Energiewende-Rambos zu Wort kommen, sondern Fachleute. Es ist wohl Grimms guter Erziehung zuzuschreiben, dass die lediglich das Wort “überraschend” benutzte als sie die Pläne kommentieren sollte. Sie machte noch einmal klar, dass bei der jetzigen Lösung nur Kosten entstehen aber kein Nutzen. Im Deutschlandfunk plädierte sie für eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke von 5 Jahren.
Ein besonderes Bild geben aktuell die Grünen Parteisoldaten ab. Sie twittern wortgleich, was aus der Parteizentrale vorgegeben wurde. Hier als Beispiel Britta Haßelmann, es gibt diesen Tweet aber wortgleich von zig anderen Grünen. Traut die Partei ihren Abgeordneten nicht zu eigenständig zu denken und zu formulieren? Zu allem Überfluss ist die Aussage auch noch falsch, wie die Zusammenfassung der Netzbetreiber eindeutig zeigt.
(Abbildung: Screenshot Twitter)
Die Tagesschau analysiert ebenfalls, dass Habeck gegen den Rat der Netzbetreiber agiert.
“Es ist eine Pressekonferenz, in der zwei Welten aufeinanderprallen. Da sind auf der einen Seite die Stromnetzbetreiber, die im Auftrag der Politik errechnet haben, ob der Strom im Winter reicht. Ob also der Strombedarf zu jeder Zeit gedeckt werden kann und ob die Netze für den Ausgleich zwischen Stromanbietern und Stromnachfragern sorgen können. Die düstere Botschaft: Die Versorgungssituation in Deutschland und in ganz Europa könnte im Winter „äußerst angespannt“ sein, in Extremsituationen könne es sogar zu einem „geordneten Abschalten von Verbrauchern für begrenzte Zeiträume“ kommen. Ein Alarmruf.”
Auch die Welt kommentiert die Entscheidung in einem Bezahlartikel.
“Nachbarländer drängten Deutschland hart, die eigenen Kernkraftwerke in dieser Zeit der europaweiten Not laufen zu lassen, wenn es weiter auf europäische Solidarität rechnen wolle. Doch als einzige Regierung in Europa zeigte die in dieser Frage grün geführte Bundesregierung mehr Angst vor der angeblichen Hochrisiko-Technologie Kernkraft, als vor der sehr realen Gefahr von Inflation, Rezession, sozialen Elend und Deindustrialierung. Das Prädikat der „dümmsten Energiepolitik der Welt“ hatte das Wall Street Journal schon vor Monaten an Deutschland verliehen. Den Titel der unsolidarischsten und ängstlichsten Energiepolitik der Welt gibt es jetzt noch gratis obendrein.”
Vielleicht hat Habeck aber auch einfach nur seinen Amtseid falsch verstanden? Der besagt nämlich Schaden vom Volke abzuwenden und nicht von der eigenen Partei. Innerhalb der Grünen ist das jetzt sogar konsequent, denn wie sagte die Grünen Abgeordnete Sylvia Kotting Uhl in 2021 im Bundestag: “Die Zukunft wird flexibler, spannender. Nicht mehr die Nachfrage, sondern das Angebot bestimmt die Stromversorgung“. Sie könnte Recht behalten. Und dachte man damals, sie hat einfach nur keinen Schimmer, klingt es jetzt eher wie ein Plan. Es ist bestimmt nur ein Zufall, dass dr Bund gerade Werbung für Vorbereitung auf Notfälle macht.
(Abbildung: Screenshot Twitter)