Horst D. Deckert

Zensurmuster bei Google: Alles nur Zufall oder bitterböse Absicht? (Teil 2/5)

Nachdem ich etablieren konnte, dass bei Googles Suchergebnissen tatsächlich signifikante Unregelmäßigkeiten auftreten und diese den klaren Verdachte einer politisch motivierten Motivation der Suchalgorithmen nahelegen, wollte ich mir nächsten Schritt ein Bild darüber machen, was genau zu einem Flackern bei Google führt.

Frankreich im Schleppnetz der Zensurmuster

Mein Fokus richtete sich auf jene 16 Beiträge unter den 30 mit Variationen, die bei den fünf Durchläufen entweder mindestens einmal komplett in den Suchergebnissen gefehlt haben (14 Stück) und alle Beiträge, die nicht öfters ein Mal bei den fünf Suchrunden unmittelbar im Suchergebnis angezeigt wurden (7 Stück), wobei auf die meisten beides zutraf.

Hier die gleiche Tabelle wie oben, nur dass diesmal nur die Schlagworte mit schwachen Variationen verglichen werden mit jenen, bei denen starke Variationen beim Suchergebnis auftraten:

Schlagworte mit starken Variationen Alle Schlagworte mit Variationen Verhältnis (Abw. von der Erwartung)
Klimawandel 10 10 1
Corona 3 3 1
Medienkritik 10 13 0,77
China 4 6 0,67
Staatskritisches 14 23 0,61
gesamt 68 126 0,54
Ökonomie & Geopolitik 8 16 0,5
Kulturkampf 7 19 0,37
Eigennamen & Sonstiges 11 30 0,37

In der ausschließlichen Betrachtung der Schlagworte mit Variationen werden die Ergebnisse des ersten Vergleichs größtenteils bestätigt. Signifikante Abweichungen bei den Relationen lassen sich bei den Themen Islamismus, Corona und Staatskritisches ausmachen, wobei die Abweichungen der ersten beiden jeweils mit kleinen Anzahl erklärt werden kann. Lediglich das Thema mit der Staatskritik fällt deutlich aus dem Rahmen und bedarf eines näheren Blickes.

Als ich mir dann die zur Staatskritik gehörenden Schlagworte angesehen habe, sprangen mir sofort die Begriffe Bürgerkrieg und Putsch ins Auge. Beide kommen kommen bei mir eigentlich nur dann zur Verwendung, wenn ich wieder einmal etwas über die Situation in Frankreich schreibe. Daraufhin habe ich auch mir die Schlagworte unter Eigennamen & Sonstiges angesehen und fand unter den elf aufgeführten Begriffen: Michel Houellebecq (1x), Emmanuel Macron (1x) und Frankreich (4x).

Das war seltsam, wunderte ich mich. Google wäre durchaus zuzutrauen, deutsche Nachrichtenkonsumenten von Informationen über die wahre Lage im wohl wichtigstens aller Nachbarländer abzuschneiden. Doch es wäre eine äußerst selektive Entscheidung, die kaum mit dem Verzicht auf eine rigide Zensur bei anderen Themen zu vereinbaren wäre. Beispielsweise wäre es in diesem Fall naheliegend, auch den Themenkomplex des Kulturkampfes einer schärferen Kontrolle zu unterziehen, da sich dieser zur Schärfung des Freund-Feind-Bildes eignet, was im Kalkül einer Frankreichzensur nicht wünschenswert wäre. Allerdings finden sich dort relativ betrachtet nur wenige Auffälligkeiten.

Vielleicht, dachte ich mir dann, liegt einfach nur eine statistische Fata Morgana vor und Schlagworte stammen alle vom selben Beitrag. Das war jedoch nicht der Fall, bestätigt hat sich das Gegenteil. Die fraglichen acht Schlagworte verteilen sich auf insgesamt vier der 16 Beiträge, mit denen Google ganz besonders große Probleme hatte:

Tatsächlich, Google mag Frankreich nicht, stellte ich fest. In allen vier Artikeln kommt Frankreich prominent zur Sprache. So recht glauben wollte es aber immer noch nicht. Daher bin ich die 66 Beiträge ohne Auffälligkeiten beim Suchergebnis durchgegangen und habe mir herausgesucht, die ich ebenfalls mit den Schlagworten Frankreich, sowie Bürgerkrieg oder Putsch versehen hatte:

Mit diesem 4:2 Ergebnis wäre die Verwirrung komplett. Einerseits deutet alles auf eine selektive Zensur von Nachrichten aus Frankreich hin, andererseits warf mir Google ohne Murren zwei Beiträge über die dortige Situation aus, die es ebenfalls in sich haben. Alles in allem lässt sich aus von sechs Beispielen aber sicherlich keine eindeutige Aussage treffen. Es musste also an etwas liegen.

Stehen gezielt englische Publikationen auf Googles Zensurliste?

Mit dem unschlüssigen Ergebnis zur Frankreichfrage bin ich eine Ebene tiefer gegangen und habe mir die sechs Artikel direkt angesehen. Frankreich, den Bürgerkrieg und irgendwelche Putschgerüchte ausblendend fiel dann der Groschen, ein böser Verdacht kam in mir auf: Zensiert Google am Ende nicht (oder nicht in erster Linie) nach Themen, sondern nach dem, wohin im Text verlinkt wird?

Passen würde ein derartiges Zensurmuster. Denn immerhin hat sich Google einen Namen als rekursive Suchmaschine gemacht, da das Unternehmen Suchergebnisse erstmalig danach zu bewerten begann, wie viele andere Internetseiten zu einer Zielseite verlinken und welche Qualität diese verlinkenden Seiten haben. Eine Zensur nach dem, wohin man verlinkt wäre zwar das exakte Gegenteil der Idee von Google, allerdings steht auch die Zensur von Inhalten diametral das, wozu eine Suchmaschine eigentlich da ist. Zutrauen muss man es dem ehemaligen „Don‘t be evil“ Konzern heute leider.

Drei der vier Beiträge über Frankreich, mit denen Google Probleme hatte, waren Übersetzungen des englischen Magazins The Spectator und zwar inklusive Link und namentlicher Nennung des Magazins im Text. Der vierte drehte sich um die Streichung französischer Inlandsflüge zur Besänftigung der CO2-Götter und enthielt weder einen Link zum Spectator, noch dessen Nennung. Vermutlich endete er aufgrund der thematischen Zuordnung zum Klimakomplex auf dem Index von Google.

Wie die Titel implizieren geht es in den anderen beiden Frankreichtexten um die politische Lage des Landes, nicht aber um die vier im ersten Teil erkannten Zensurthemen. Ebenso kommt der Spectator darin nicht nicht unmittelbar vor, lediglich die verlinkten Texte enthalten Referenzen und Links dorthin.

Tatsächlich weckte das vorliegende Muster bei mir nicht nur den Verdacht, dass bestimmte Publikationen mit politisch inopportunen Inhalten von Google aussortiert werden, sondern sogar einzelne Autoren. Der Grund dafür liegt in deren Frankreichkorrespondenten Gavin Mortimer, von dem ich schon einige Texte übernommen habe, während Google bei seiner suchalgorithmischen Realitätskonstruktion sicherlich nicht auf halbem Wege stehen bleiben würde. Es wäre sehr konsequent, nicht nur Themen und Publikationen zu tilgen, sondern auch einzelne Publizisten.

Auch Bing hat einen Schuss

Die Befürchtungen in Richtung einer gezielten Tilgung von Personen durch Google konnte ich am Ende nicht bestätigen, da die Auswahl zu gering war. Drei der fünf von mir übersetzten Artikel von Gavin Mortimer wiesen zwar Auffälligkeiten beim Suchergebnis auf, doch für einen Vergleich und eine Einordnung hatte ich zu wenige Informationen. Dafür ist mir aber bei der Gegenprobe der Google Suchergebnisse mit Bing etwas aufgefallen.

Es geht um diesen Artikel über Bürgerkrieg und Coronaproteste in Frankreich. Sucht man bei Bing nach dessen Titel, dann erhält man als ersten Suchtreffer einen Link zu der Seite Nicht-Linke Blogs, wo mein Artikel freundlicherweise verlinkt wurde. Prinzipiell ist es nichts ungewöhnlich, wenn andere Seiten in den Suchergebnissen vor meinem Blog angeführt werden. Das ist immer dann der Fall, wenn der Titel wörtlich übernommen wird und die Seite eine höhere Bewertung hat als mein Blog (was keine Kunst ist). Ebenso ist es zwar selten, aber unverdächtig, dass der Direktlink zu meinem Blog erst auf der fünften Ergebnisseite erscheint. Insbesondere bei Allerweltsthemen kommt das vor, wenn viele ähnlich lautende Versatzstücke verwendet werden.

Verdächtig hinsichtlich einer Ergebnismanipulation wird es jedoch dann, wenn auf der vierten Ergebnisseite – also noch vor meinem Blog – ein gewisser Haunebu7 Blog aufgeführt wird, dem ich kaum eine höhere Bewertung zubilligen würde als meinem eigenen Blog. Bing verrät sich aber vor allem damit, dass es im verlinkten Beitrag von Haunebu nicht um den gesuchten Artikel von mir geht, sondern um einen anderen, der aber ebenso einen Bezug zu Frankreich hat.

Eine derart unsinnige Suchrangliste ist in meinen Augen nur noch damit zu erklären, dass jemand in wenig subtiler Weise manuell in die laufende Maschine eingegriffen hat. Ähnlich einer Lobotomie lässt sich bei Suchmaschinen, die auf komplexen und dynamischen Algorithmen basieren, mit einem Eingriff immer nur ungefähr das gewollte erreichen. Das Ziel mag zwar erreicht werden, aber wenn der Patient am Ende seine Schnürsenkel nicht mehr binden kann, ist das im Verhältnis zur Gefährlichkeit der Situation ohne Lobotomie noch immer eine akzeptable Nebenwirkung. Es überrascht mich, dass offenbar auch bei Bing eine solche Mentalität gepflegt wird. Bislang ist mir dort nur die algorithmische Steuerung von Corona aufgefallen.

Quelle Titelbild, Bildschirmfoto

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