Nach diesem seltsamen Resultat mit Haunebu bei der Suchanfrage bei Bing bin ich Liste mit den 100 Blogbeiträgen auch mit Bing einmal komplett durchgegangen, konnte dabei jedoch nichts auffälliges finden. Dennoch hat das schräge Ergebnis bei Bing meinen Skepsis gegenüber der Integrität der Suchmaschinen generell noch einmal verstärkt. Vielleicht sollte ich endlich auf DuckDuckGo umsteigen. Die vereinzelten Inkonsistenzen bei Bing ignorierend, bin ich danach wieder den bereits konkreten Verdachtsmomente für Zensurmuster bei Google nachgegangen.
Nächster Schritt: Die Grundgesamtheit muss wachsen
Als nächstes habe ich meinen Blog nach Links zur Daily Mail und zu ZeroHedge durchforstet, zwei weiteren einschlägigen Webseiten, zu denen ich wesentlich öfters verlinkt habe als zum Spectator. Insgesamt habe ich zehn Artikel mit Link zu ZeroHedge gefunden und 23 mit Link zur Daily Mail, in Zweien davon sind jeweils beide verlinkt. Nach den unterschiedlichen Ergebnistypen von oben habe ich dieses Mal nicht mehr gesucht, sondern einfach danach sortiert, ob im Suchergebnis irgendwo der Link zum entsprechenden Blogbeitrag vorkam oder nicht.
Anzahl getesteter Beiträge | Zensurquote 1. Durchlauf | Zensurquote 2. Durchlauf | Zensurquote Ø Google | Zensurquote Test mit Bing | |
Daily Mail | 23 | 30% | 22% | 26% | 13% |
ZeroHedge | 8 | 50% | 50% | 50% | 0% |
zusammen | 31 | 38% | 31% | 35% | 10% |
Das Ergebnis ist auch hier recht eindeutig und folgt den obigen Mustern, was auch für die Gegenprobe mit Bing gilt. Die bei ZeroHedge im Vergleich zur Daily Mail viel stärker ausgeprägte Zensur durch Google folgt der generellen Einstufung von ZeroHedge durch als eine Fake-News-Schleuder (siehe z.B. Wikipedia), während die Daily Mail aufgrund von ihrer Größe und Bedeutung zähneknirschend als zum Mainstream gehörend akzeptiert werden muss.
Wie rabiat die Zensur bei Google zuschlägt, wenn gleich beide Seiten verlinkt werden, zeigt exemplarisch mein eigentlich wenig kontroverser Beitrag zum Gamestop Squeeze, der schon im Februar erschien und daher nicht Teil der 100 Beiträge ist. Bei diesem habe ich versehentlich die URL und nicht den Beitragstitel in die Suchzeile hineinkopiert und bekam tatsächlich als Antwort, dass „keine übereinstimmenden Dokumente gefunden“ wurden. Ganz so, als würde die Seite in den Tiefen des Internets nicht existieren.
Damit erhärtet sich die Vermutung, wonach mindestens zwei Dimensionen existieren, die über eine mögliche Unterdrückung eines Beitrags entscheiden: Einmal das jeweilige Thema und dann noch die darin gesetzten Links.
Die zeitliche Dimension der Zensur
Das Netz an Indizien war inzwischen so engmaschig, dass da noch mehr war, ich müsste nur danach suchen. Mein Problem an diesem Punkt war jedoch die kurze Existenzdauer meines Blogs. Für halbwegs aussagekräftige statistische Aussagen braucht es nicht nur mindestens 25 überzeugende Beispiele, sie sollten idealerweise auch aus unterschiedlichen Jahren stammen und thematisch möglichst breit variieren.
Auf der Suche nach anderen alternativen deutschen Medienblogs mit einem derartigen Portfolio im Angebot, bin ich dann schnell bei Hadmut Danischs Blog gelandet.Seit über 10 Jahren ist er intensiv am bloggen und bietet mit seinem breiten Themenspektrum die optimale Voraussetzungen für den Test, inwieweit Google die Existenz seiner Beiträge (an)erkennt. Dank einer Suchfunktion auf seinem Blog musste ich ihn für meine kleine Analyse nicht einmal nerven und ich konnte mich ohne seine Hilfe durch die Artikel wühlen.
Als größtes Problem erwiesen sich dabei seine meist generischen Beitragstitel, was bei meinem Blog nur selten auftritt. Zur Abhilfe habe ich daher meistens nicht den Beitragstitel, sondern jeweils einen Auszug aus dem Blogtext selbst in die Suchmaske hinein kopiert. Im Ergebnis ändert das nichts, zumindest theoretisch müsste es Google egal sein (Bing jedenfalls ist es das).
Zuerst habe ich auch auf dem Blog von Danisch nach Beiträgen gesucht, in denen der Spectator eine Rolle spielt. Leider waren das nur wenige, das Ergebnis war dennoch eindeutig unter dem Blickwinkel, ob die Internetsuche den zugehörigen Blogbeitrag mitsamt Direktlink auswirft:
Veröffentl. im Jahr | Titel | 1. Mal Google | 2. Mal Google | Test mit Bing | Kommentar |
2015 | The Stepford Students | Link | fehlt | Link | Link im Text |
2015 | Feministische Antirassismus-Veranstaltung der Woche | Link | fehlt | Link | Link im Text |
2016 | Trump und die Psychometrie | fehlt | Link | Link | Link im Text |
2018 | Was Journalistinnen können müssen | fehlt | fehlt | Link | Link im Text |
2019 | Diese beachtliche Methode des Sterbens | fehlt | Link | fehlt | Link im Text |
2019 | Geliefert wie bestellt | fehlt | fehlt | Link | Link in eingebettem Tweet |
2020 | Brandstifter-Epidemie: Gibt es da sowas wie ein Broken-Window-Syndrom? | fehlt | fehlt | Link | Link zum australischen Ableger |
2020 | Über Desinformation, Kontinent-Vandalismus und die fucking wombats | Link | Link | Link | Link zum australischen Ableger |
Zensurquote insgesamt | 75% | 63% | 20% |
Damit wäre mein erstes konkretes Verdachtsmoment von oben bestätigt, wonach der Spectator bei Google auf der Zensurliste steht. Die fehlende Verlinkung zum australischen Ableger des Magazins zeigt nebenbei, dass auch kleine Angebote nicht verschont werden. Laut Similarweb kommt der australische Spectator auf nicht einmal 500.000 Zugriffe im Monat. Weit ist es von da aus dann nicht mehr bis zu einem Blog in der Größenordnung von meinem.
Quelle Titelbild