Von WOLFGANG HÜBNER | Wer die Gegenwart besser verstehen will, muss um die Vergangenheit wissen. Insbesondere um Ereignisse in dieser Vergangenheit, die bis heute in die deutsche Volkspsyche hineinzuwirken scheinen oder das tatsächlich tun. Es ist in diesem Frühling des Jahres 2025 genau 500 Jahre her, dass sich in weiten Teilen Süd- und Mitteldeutschlands vor und nach Ostern das zutrug, was unter der Bezeichnung „Deutscher Bauernkrieg“ historisiert worden ist. Doch die Geschehnisse in diesen wenigen Wochen und Monaten 1525 haben Wunden und Spuren hinterlassen, die nie geheilt und auch nie verschwunden sind.
Denn was heute „Bauernkrieg“ heißt, war tatsächlich ein Aufstand, eine Revolution des sogenannten „gemeinen Mannes“. Es war folglich ein Ereignis, das die Vorfahren der meisten jetzt lebenden Deutschen berührte, ergriff und vielen unserer Vorfahren auch das Leben kostete. Aufgestanden wurde unter dem motivierenden Eindruck der religiösen Erschütterung, die Luthers Reformation auslöste. Es war ein Kampf gegen die Ausbeutung und Knebelung der Bauern, aber auch städtischer Unterschichten durch Fürsten, Adel, Klerus und Patrizier.
1525 entluden sich Wut und soziale Unzufriedenheit im einfachen Volk, weil die Macht der herrschenden Kräfte im Reich, insbesondere des mit vielen Privilegien ausgestatteten Klerus, von der reformatorischen Bewegung radikal in Frage gestellt war. Die protestierenden Bauernmassen beriefen sich auf ihren Gottesglauben und die Bibel, als sie ihre Forderungen stellten und Klöster stürmten und plünderten. Zentrales Manifest des Aufstandes waren die „Zwölf Artikel“. In ihnen wurde das Recht der Gemeinden gefordert, selbst ihren Pfarrer wählen und absetzen zu können. Die Leibeigenschaft wurde als unchristlich verurteilt, „die Bauern wollen frei sein“.
Ferner sollte der „arme Mann“ das Recht haben, Wild, Geflügel und Fische zu fangen, die Wälder sollten der Gemeinde gehören, die Frondienste für die Herren „nicht willkürlich erhöht werden dürfen“. Solche Ziele waren für die Herrschenden hochgefährlich, der Aufstand musste deswegen mit allen Mitteln unterdrückt und zerschlagen werden. Dabei kam ihnen ausgerechnet der große Reformator Martin Luther zur Hilfe. Denn Luther predigte die Gehorsamspflicht gegen die weltliche Obrigkeit und verurteilte die aufsässigen Bauern scharf. Ja, er rief sogar dazu auf, den Aufstand mit militärischen Mitteln erbarmungslos niederzuschlagen.
Dieser Aufforderung folgten die Fürsten und Adligen gerne und töteten bei minimalen eigenen Verlusten während der Schlacht im thüringischen Frankenhausen etliche tausende Bauern um ihren Anführer Thomas Müntzer, den geistig-religiösen Gegenspieler Luthers. Müntzer wurde gefangen genommen und hingerichtet. Dieses Schicksal ereilte viele der Anführer des Aufstands. Die überlebenden Bauern mussten geschlagen heimkehren und sich wieder in ihr Schicksal der unterdrückten Klasse fügen.
Luthers Lehre vom Gehorsam gegen die Obrigkeit hat in der deutschen Geschichte eine verhängnisvolle Rolle gespielt. Zwar war auch Thomas Müntzer nicht der ideale Volksheld, zu dem ihn die Geschichtsschreibung der DDR machen wollte. Doch hat er in einer entscheidenden Situation auf der Seite der Bauern gestanden und das mit seinem Martyrium bezahlt.
Der geniale Künstler Werner Tübke hat in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts dem Bauernkrieg und der Schlacht von Frankenhausen in dem noch von der DDR errichteten Panoramagebäude über dem heutigen Bad Frankenhausen ein monumentales, in der Wirkung auf die Betrachter überwältigendes malerisches Denkmal gewidmet. Schon deshalb bleibt der Bauernkrieg im nationalen Gedächtnis unvergessen.
Wolfgang Hübner.
PI-NEWS-Autor Wolfgang Hübner schreibt seit vielen Jahren für diesen Blog, vornehmlich zu den Themen Geopolitik, Linksfaschismus, Islamisierung Deutschlands und Meinungsfreiheit. Der langjährige Stadtverordnete und Fraktionsvorsitzende der „Bürger für Frankfurt“ (BFF) legte zum Ende des Oktobers 2016 sein Mandat im Frankfurter Römer nieder. Der leidenschaftliche Radfahrer ist über seine Facebook-Seite und seinen Telegram-Kanal erreichbar.