Horst D. Deckert

Realität und Fiktion oder: Der mediale Blick auf Barack Obama

Barack Obama hat in unseren Breitengraden noch immer das Image eines friedliebenden Politikers, der versucht ist, die Welt zu verbessern. Dies zeigt sich besonders krass bei der Berichterstattung grosser Schweizer Medien über den Zürich-Besuch des Ex-US-Präsidenten.

Am vergangenen Samstag hat Obama zum ersten Mal die Schweiz besucht. Im Zürcher Hallenstadion unterhielt sich Obama eine Stunde lang mit Moderator Klaas Heufer-Umlauf.

Neben Belanglosem kam der Ex-US-Präsident auch auf die Politik zu sprechen. Beim Tages-Anzeiger klingt das so: Obama sei nach Zürich gekommen, um «über Dinge» zu sprechen, die «ihm am Herzen liegen, zum Beispiel die Verteidigung der Demokratien, die weltweit unter Druck stehen, wertebasierte Leadership oder auch den Kampf gegen den Klimawandel».

Gerade für Letzteres klopft sich Obama auch gerne einmal selbst auf die Schultern. Er sei nämlich besonders stolz auf das Pariser Klimaabkommen von 2015, das unter seiner Ägide eingefädelt worden ist, wie er am Samstag erklärte.

Die Anstrengungen für den historischen Umstieg auf erneuerbare Energien seien nun besonders wichtig. Sorgen bereiten dem US-Präsidenten scheinbar auch noch andere Themen. Dazu nochmals der Tages-Anzeiger:

«Dringlich wird er, wenn er über die Gefahr spricht, die für die Demokratie von autoritären Strömungen ausgehe. Diese nährten sich aus der Angst vor Veränderung – durch die Demografie, die Einwanderung oder sich wandelnde Geschlechternormen: ‹Die Menschen fühlen sich unsicher, und das macht sie anfällig für Demagogie›.»

Aber der Ex-US-Präsident ist scheinbar nicht bloss ein lupenreiner Demokrat, der gegen autoritäre Regimes kämpft, sondern auch noch demütig und bescheiden:

«Der einstmals mächtigste Mann der Welt und Friedensnobelpreisträger gibt sich bescheiden und dankbar für die scheinbar kleinen Dinge im Leben», weiss der Tages-Anzeiger weiter zu berichten.

Denn auf die Frage, wie er in Erinnerung bleiben wolle, antwortet Obama dem Moderator: «Als guter Ehemann, guter Vater, guter Freund und guter Staatsbürger. Und als Mensch, der Fehler machte und aus ihnen lernte.»

Doch ganz so bescheiden dürfte Obama dann doch wieder nicht sein: Allein schon für seinen Schweiz-Auftritt im Hallenstadion wird der Ex-US-Präsident eine Menge Geld kassiert haben.

Wie viel die Gage betrug, die Obama für seinen rund einstündigen Auftritt erhielt, ist zwar unbekannt. Doch sicher ist: Wenig Geld wird es nicht gewesen sein: Wer sich von Obama live ein Bild machen wollte, zahlte für die besseren Plätze im Hallenstation 564 Franken. Wer ein Foto mit ihm machen wollte, musste 2500 Franken stemmen.

Auffällig ist, wie unkritisch fast alle grossen Medien über den Ex-US-Präsidenten berichteten. «Barack Obama ist ein Menschenfänger. Er braucht nur zu erscheinen, um sofort Begeisterung auszulösen», so der Tages-Anzeiger.

Auch in anderen Medien fällt der Ton ähnlich aus. Der Grossteil der Schweizer Medien liegt Obama zu Füssen. Kritik am Ex-US-Präsidenten scheint tabu zu sein.

Dass Obama längst nicht bei allen Menschen «Begeisterung» auslöst, insbesondere im Globalen Süden, wird natürlich in den Medien kaum erwähnt. Aber auch in der Schweiz gibt es Obama-Gegner. Einzelne Aktivisten demonstrierten vor dem Hallenstadion gegen den Obama-Besuch.

Alec Gagneux hatte unter anderem zu einer «Mahnwache für alle Opfer des Obama-Regimes» aufgerufen. Gesicht zeigten auch die Freiheitstrychler sowie Nicolas A. Rimoldi von MASS-VOLL!, die mit Plakaten wie «Friede, Freiheit, d’Schwiiz isch und bliebt neutral!» auf sich aufmerksam machten.

Besonders beunruhigend: Das positive Bild von Obama, das Schweizer Medien vermitteln, steht der Realität diametral entgegen. Hierzu ein paar wenige Fakten: Obama hat während seiner zwei Amtszeiten permanent Krieg geführt, in zahlreichen Ländern dieser Welt.

In der Obama-Ära haben die USA geheime Operationen der «Special Forces» auf 138 Länder ausgeweitet, das sind 70 Prozent der Weltbevölkerung.

Laut einer Untersuchung des Council on Foreign Relations hat Obama allein im Jahr 2016 26’171 Bomben abgeworfen. Das entspricht 72 Bomben pro Tag. Dabei bombardierte er vor allem die ärmsten Länder der Welt – Afghanistan, Libyen, Jemen, Somalia, Syrien, Irak und Pakistan.

Unter Obamas-Regierung hatten die USA auch den sogenannten «Krieg gegen den Terror» und den US-Drohnenkrieg weiter ausgedehnt. Der republikanische Senator Lindsey Graham schätzt, dass Obamas Drohnen 4700 Menschen getötet haben.

Zwar betonte Obama anfangs immer wieder, die Welt sicherer und besser zu machen. 2009 kündigte er an, «die Welt von Atomwaffen zu befreien». Dafür erhielt er den Friedensnobelpreis. In Wirklichkeit machte Obama jedoch etwas anderes. Der Journalist John Pilger schrieb dazu über den Ex-US-Präsidenten:

«Kein amerikanischer Präsident hat mehr Atomsprengköpfe gebaut als Obama.» Dank ihm sei es möglich geworden, dass der Einsatz von Atomwaffen wieder denkbar wurde.

Auch gegen Whistleblower ging Obama gnadenlos vor: Im Jahr 2012 prahlte die Obama-Kampagne auf ihrer Website damit, dass Obama in seiner ersten Amtszeit mehr Whistleblower strafrechtlich verfolgt habe, als alle anderen US-Präsidenten zusammen.

James Bradley, der Bestsellerautor des Buches «Die Flaggen unserer Väter», schrieb schon während Obamas Amtszeit:

«Ein grosser Mythos ist es, dass Obama als eine Art friedlicher Kerl dargestellt wird, der versucht, Atomwaffen loszuwerden. Er ist der grösste Atomkriegstreiber, den es gibt. Er hat einen ruinösen Kurs eingeschlagen (…), indem er eine Billion Dollar für weitere Atomwaffen ausgegeben hat. Irgendwie leben die Leute in der Fantasie, dass, nur weil er vage Pressekonferenzen und Reden und Wohlfühl-Fotoshootings hält, das irgendwie mit tatsächlicher Politik verbunden ist. Das ist es aber nicht.»

In der von Bradley beschriebenen Fantasie, so scheint es, leben auch grosse Teile der Schweizer Medien.

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