Horst D. Deckert

„Atomausstieg“ vs. „Endlager“

von Klaus-Dieter Humpich

Man glaubt es kaum: Der „Atomausstieg“ wurde mit der Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland vollzogen, aber die Öko-Sozialisten glauben, alles geht so weiter, wie bisher. Die Parteileitung der Grünen verkündet stolz in den Talkshows, daß nun der Strom billiger wird, weil ja die „Atomkraftwerke“ nicht mehr länger die Netze verstopfen. Oh, heilige Einfalt, warum nur, sind dann die Strompreise mit jeder Abschaltungswelle immer weiter gestiegen? Warum nur, haben die Länder mit hohem Kernenergieanteil (Frankreich) deutlich geringere Stromkosten als die Länder (Dänemark) mit viel Windstrom? Warum nur, wechselt GB – mit gegenüber Deutschland geradezu idealen Windverhältnissen – zurück zur Kernenergie? Aber seid nicht bange, wenn erstmal der letzte Quadratmeter mit einer Windmühle voll gestellt oder von einer chinesischen Photovoltaikanlage überdacht ist, bricht das Paradies auf Erden aus. Bis dahin müßt ihr nur mehr bezahlen für den Aufbau des Real-Existierenden-Öko-Sozialismus, denn der Robert muß jetzt auch noch mit eurem Geld den Strompreis für die Industrie subventionieren.

Der Weg bis hier

Wenn man verstehen will, wie es zu der heutigen Situation gekommen ist, kommt man nicht umhin, sich die Argumentation der Anti-Atomkraft-Bewegung zu verdeutlichen:

Es begann damit, die Angst vor der Strahlung zu erzeugen. Im Zusammenhang mit „Atommüll“ gipfelte die Propaganda mit der Aussage, nur wenige Gramm Plutonium könnten die ganze Menschheit ausrotten. Eigentlich grottenschlechte Propaganda, sind doch allein durch die Kernwaffentests in der Atmosphäre rund sechs Tonnen fein verteilt worden.

Das Märchen von den technisch nicht beherrschbaren Reaktoren – die erstmal explodiert – Millionen Tote verursachen und die Umgebung für zehntausende Jahre unbewohnbar machen. Nach Tschernobyl und Fukushima glaubte daran kein Mensch mehr. Das Argument war unbrauchbar geworden.

Die Erzählung von der teuren „Atomkraft“, die die Netze mit unbrauchbarer Grundlast verstopft. Genau die Gruppen, die den Bau mit immer neuen Klagen verzögerten und immer neue Ideen zur Verteuerung erfanden, „beschleunigen“ heute den Ausbau der Windmühlen. Noch nie wurden Bürgerrechte und der Naturschutz so mit Füßen getreten, wie unter der derzeitigen Regierung.

Das Verbot von Recycling in der Kerntechnik. Abgenutzte Brennelemente durften nicht weiter aufbereitet werden, damit die Lüge von der nicht vorhandenen Lösung der „Atommüllfrage“ und der „Endlagerproblematik“ als letzte Propaganda gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie noch erhalten blieb.

Leider verfingen diese Argumente mit tatkräftiger Unterstützung der Medien. Es vergeht auch heute noch keine Sendung im Staatsfernsehen, in dem dieser Blödsinn nicht breitgetreten wird. Deutschland maßt sich wieder einmal an, in der unendlichen Weisheit seiner (gewählten) Politiker „voranzugehen“ und die Welt mit seinen Irrlehren zu beglücken. Deutschland wieder allein gegen die Welt.

Die Vertagung auf Sankt Nimmerlein

Vielleicht aus Übermut, vielleicht weil man die eigenen Bürger für dämlich hält, wurde per Gesetz die Forderung erhoben, ein Endlager zu finden, was den „Atommüll“ für eine Million Jahre „sicher“ einschließen soll. Man glaubte das Totschlagargument gegen die Kerntechnik gefunden zu haben: Keiner kann etwas für eine Million Jahre garantieren, ergo muß man sofort aus der Kernenergie aussteigen. Hat prima geklappt, nur haben die „Atomexperten“ sich bis heute keine Gedanken gemacht, wie sie aus dieser Propaganda-Nummer wieder rauskommen wollen. Der Ausstieg ist vollzogen, wie aber kriegt man das „Endlager“ weg? Im Moment erscheint als einzige Lösung die Vertagung auf den Sankt Nimmerlein Tag. Im Moment wird bereits eine Inbetriebnahme in etwa 100 Jahren diskutiert. Kann sich noch jemand erinnern, wie die Milliarden Rücklagen der Industrie in einen Fond durch den Genossen Tritin überführt wurden? Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Konnte ja auch wirklich keiner ahnen, daß die Grünen plötzlich in der Regierung sitzen. Nur mal so am Rande bemerkt, wo sind eigentlich die Rücklagen der Windmüller, wenn eines nicht so fernen Tages die komplette Nord- und Ostsee wieder renaturiert werden muß?

Der vollzogene Atomausstieg

Der Atomausstieg ist vollzogen. Es gibt keine friedliche Nutzung der Kernenergie mehr in Deutschland. Damit wird auch kein „Atommüll“ mehr produziert. Die vorhandenen Mengen sind auf das Gramm genau bezifferbar. Auf der Seite des Nationalen Begleitgremiums (NGB) werden sie mit 27 000 Kubikmeter angegeben. Abgesehen davon, daß eine solche Angabe ohne Material und „Verstrahlung“ ziemlich sinnlos ist, entspricht das einem Würfel mit 30 m Kantenlänge. Wird höchste Zeit für unsere „Atomexperten“, sich das mal vor Augen zu führen. Zumindest im NGB hat man den Schuß noch nicht gehört. Man schwadroniert munter weiter, von einem Bergwerk und zieht Vergleiche zu Bure in Frankreich (Ton) und Skandinavien (Granit). Leute, wir sind ausgestiegen, ergo brauchen wir kein Endlager das für 100+ Jahre betrieben werden soll. Das ist der entscheidende Unterschied: Diese Nationen wollen weiterhin Kernenergie nutzen, d. h. es fällt dort weiterhin täglich neuer „Atommüll“ an. Deswegen bauen die auch Endlager, die für mehr als 100 Jahre betrieben werden sollen – betrieben, nicht einfach nur halten. Solch ein Endlager ist ein Komplex aus Bergwerk, Einlagerung und Verpackung. Das Bergwerk wird die ganze Zeit parallel zur Einlagerung weiter betrieben, weil keiner ein solch großes Bergwerk erst fertig baut und dann erst mit der Einlagerung beginnt. Die Verpackung ist ein oberirdischer Industriekomplex mit Eingangskontrolle, Umverpackung usw. Alles zusammen hunderte sichere Dauerarbeitsplätze am Standort. Hinzu kommen noch Zulieferer in der Umgebung. Das ist der Grund, warum sich die Gemeinden in diesen Nationen um das „Endlager“ bewerben. Aufwiegler von außen haben wenig Chancen. All das brauchen wir nicht mehr in Deutschland. Wir brauchen quasi nur eine „Deponie“, in der einmalig diese (kleine) Menge sicher verschwindet. Deshalb sind ganz neue Ansätze gefragt.

Die Bestandsaufnahme

Am Anfang steht eine genaue Bestandsaufnahme. Wo lagern welche Abfälle? Eine genaue Beschreibung jeder einzelnen Tonne bzw. jedes einzelnen Bauteils ist nötig. Die aktuelle Dosisleistung ist zu dokumentieren, sind die Stoffe fest, flüssig, wasserlöslich, sind sie brennbar usw. Im nächsten Schritt ist auf dieser Basis die Nachbehandlung, die mögliche Konzentration oder Dekontamination zu ermitteln. Auf die reichhaltigen Erfahrungen in USA, GB und Frankreich ist zurück zu greifen. Notfalls sind Eigenentwicklungen nötig. Da wir ja ausgestiegen sind, ist vor dem Bau eigener Anlagen die Dienstleistung aus solchen Ländern nachzufragen. Geld ist aus den Rücklagen genug vorhanden. Zügigen Ausschreibungen steht also nichts im Wege. Im Folgenden ein paar Anmerkungen, um auch Laien zu verdeutlichen, wo die Reise hingehen muß.

Brennelemente

„Abgebrannte“ Brennelemente werden überall auf der Welt als Rohstoffquelle betrachtet. Dies war einst auch in Deutschland so, bis die Anti-Atomkraft-Bewegung in typischem Neusprech Rohstoff in Müll umetikettierte. Von Anfang an war ein Recycling geplant und wurde übergangsweise in Frankreich und GB durchgeführt. Dies diente auch dazu, die Menge an „Atommüll“ deutlich zu verringern. Werden doch in einem Leichtwasser-Reaktor nur rund 5% des Uran gespalten. Nur diese 5% ergeben die radioaktiven Spaltprodukte. 95% können bei der Wiederaufbereitung zurück gewonnen werden und weiter zur Energieerzeugung genutzt werden. Erst wurde die Wiederaufbereitung bekämpft und (in Deutschland) verboten und anschließend das Märchen vom „Flug ohne Landebahn“ erfunden. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Erst die Anti-Atomkraft-Bewegung hat mit viel Medienunterstützung das Atommüllproblem erschaffen.

Spaltprodukte erzeugen bei ihrem Zerfall Wärme. Sie müssen deshalb unmittelbar nach der Entnahme aus dem Reaktor in einem Wasserbecken zur Kühlung und Abschirmung gelagert werden. Spaltprodukte mit kurzer Halbwertszeit zerfallen schnell und sind dann weg, haben aber auch eine entsprechend große Wärme-Leistung produziert. Nach ein paar Monaten hat die Leistung soweit abgenommen, daß sie in Behälter zur sog. Trockenlagerung umgepackt werden können. Ein beträchtlicher Sicherheitsgewinn, da ab dann (ohne Wasser) die Kühlung passiv ist. Je länger sie lagern, um so harmloser werden sie, da immer weniger Spaltprodukte pro Zeiteinheit zerfallen – die Strahlung wird immer geringer.

Es gibt heute grundsätzlich zwei Wege: Man verpackt sie in Stahlbehälter mit Kühlrippen (z. B. CASTORen) und stellt diese in Lagerhallen zum Schutz vor Wetter etc. oder steckt diese in tonnenschwere Betonzylinder, die man auf eine Betonplatte (Erdbebenschutz) im Gelände stellt (z. B. System Holtec). Die Strahlung solcher Freilager ist so gering, daß immer gern Photos von der Umarmung eines Behälters gemacht werden. Die Erfindung der Gefahr durch Terrorismus ist faktisch nicht vorhanden, da diese „Brennelemente-Bunker“ auch durch keine Panzerfaust zerlegt werden können. Da wir Deutschen aber zum Gürtel noch gern die Hosenträger tragen, spricht auch nichts dagegen, diese Behälter in irgendwelchen Stollen abzustellen bis sich ein Käufer findet. Wenn man ganz gehässig sein will, kann man sie auch in irgendeinem Bergwerk versenken: Wenn wir aussteigen, soll auch kein anderer Uran nutzen.

Glaskokillen

Deutschland hat Brennelemente nach Frankreich und GB zur Wiederaufbereitung geschickt. Dort wurde das PUREX-Verfahren verwendet. Ein chemisches Verfahren, das besonders reines Uran und Plutonium erzeugt. Die Spaltprodukte und Minoren Aktinoide verbleiben in der Lösung und sind Abfall. Heute entzieht man dieser Lösung in den USA noch wertvolle Isotopen für die Medizin. Zur sicheren Lagerung wird dieser radioaktive Cocktail in Glas eingeschmolzen und in Edelstahlbehälter abgefüllt. Das ist der Atommüll, den die Franzosen in ihrem Endlager in Bure in einer Tonschicht einlagern werden. Vor der endgültigen Einlagerung müssen diese Behälter zum Abklingen zwischen gelagert werden. Wie lange, richtet sich nach der Strahlung die sie noch abgeben (Arbeitsschutz) und der Restwärme. Gewisse Temperaturen an deren Oberfläche dürfen nicht überschritten werden und Ton ist ein schlechter Wärmeleiter.

Wo und wie man diese aus Frankreich und GB zurück gelieferten Behälter endgültig lagert, kann diskutiert werden. Ganz gewiss braucht man dafür aber kein neues Bergwerk errichten. Wie gesagt, wir sind ausgestiegen, neue Kokillen kommen also nicht hinzu.

Reststoffe beim Rückbau

Wenn man die Kernkraftwerke rückbaut, bleibt eine Menge Abfall übrig. Nur der geringste Teil strahlt. Man kann ihn also in den üblichen Kreislauf für Schrott und Baustoffe übergeben. Bei strahlenden Bauteilen muß man zwischen Aktivierung und Kontaminierung unterscheiden. Letztere ist lediglich eine Verschmutzung mit radioaktiven Stoffen. Es gibt zahlreiche Methoden die radioaktiven Stoffe – den Atommüll – zu entfernen. Die dekontaminierten Rohre etc. werden dem normalen Altmetallhandel übergeben. Letztlich ist es eine Kostenfrage, wieviel Atommüll übrig bleibt. Ein Beispiel aus der Praxis: Früher wollte man komplette Dampferzeuger (400 to, 20m lang) im Schacht Konrad einlagern. Seit Jahren ist es Stand der Technik, diese durch Cyclife Sweden in deren Fabrik zerlegen zu lassen. Es kommt ein Metallblock in der Größe eines Kühlschranks zur Endlagerung zurück, in dem die Radioaktivität eingeschmolzen ist. Für die paar „Kühlschränke“, die nach dem Abriß unserer Kernkraftwerke übrig bleiben könnten, braucht man gewiss kein neues Bergwerk. Wie gesagt, wir sind ausgestiegen, es kommen keine neuen Reaktoren hinzu. Das Dekontaminieren ist allemal billiger.

Problematische Abfälle

In den Jahrzehnten sind etliche tausend Fässer mit allen möglichen radioaktiven Inhalten angefallen. Die Bandbreite geht über Arbeitskleidung, Werkzeuge, Filter, Schlämme usw. Diese Fässer sollte man so nicht endlagern. Wie gesagt, wir sind ausgestiegen. Es lohnt nicht, wie in anderen Ländern Sondermülldeponien für leicht radioaktive Stoffe anzulegen. Das kostengünstigste wird sein, man verbrennt diese Fässer komplett und unbesehen in einer Sondermüllverbrennung. Die verbleibende (radioaktive) Asche wird üblicherweise mit Zement vermischt und als Beton eingelagert.

Nachwort

Wenn wir wollten, könnten wir das Kapitel Kernenergie durch den „Atomausstieg“ sehr schnell abschließen. Geld für ein regelrechtes Konjunkturprogramm wäre in Form der angelegten Rücklagen vorhanden. Die Grünen könnten noch ihren Erfolg feiern – wenn es auch ein Pyrrhussieg war, aber das werden sie noch merken. Allerdings wird der Widerstand aus der Anti-Atomkraft-Bewegung erbittert sein. All die, die sich eine Nische als Aktivist oder Experte für irgendwas in einem staatlich finanzierten Projekt geschaffen haben, werden um ihre Existenz kämpfen. Die besten Posten im Kampf ums Klima und in den Ministerien sind ja schon besetzt. Wer zu spät kommt, straft das Leben oder der Atomausstieg frißt seine Eltern.

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