Horst D. Deckert

Die Bemühungen zur Entdollarisierung gehen weiter

Voice of America (VOA) berichtete, dass die Gruppe der BRICS-Staaten – bestehend aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – während ihres 15. Gipfels, der im kommenden August in Johannesburg, Südafrika, stattfinden wird, über eine gemeinsame Währung sprechen wird. Mindestens drei Mitglieder der Gruppe – Russland, China und Brasilien – würden die Bemühungen unterstützen, heisst es weiter.

Naledi Pandor, die südafrikanische Ministerin für internationale Beziehungen, erklärte, eine Abkehr vom Dollar könne andere Länder stärken. Sie räumte jedoch ein, dass das Projekt eine Herausforderung darstelle:

«Ich glaube nicht, dass wir immer davon ausgehen sollten, dass die Idee funktionieren wird, denn die Wirtschaft ist sehr kompliziert, und man muss auf alle Länder Rücksicht nehmen. Das ist eine Angelegenheit, die wir diskutieren müssen, und zwar richtig.»

Eine von der BRICS-Gruppe eingeführte gemeinsame Währung könnte einige Zeit brauchen, bevor sie angenommen werde, sagte Isaah Mhlanga, Chefökonom der südafrikanischen Investmentbank Rand Merchant. Er teilte gegenüber VOA mit, dass die gemeinsame Währung, welche die Gruppe anstrebt, um die Vorherrschaft des US-Dollars zu brechen, «einfach nicht auf den uns bekannten wirtschaftlichen Grundlagen beruht».

Mhlanga wies auch darauf hin, dass es angesichts der unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Systeme der BRICS-Staaten «ziemlich schwierig ist, eine gemeinsame Währung zu haben». Wahrscheinlicher sei es, dass die einzelnen Staaten mehr bilateralen Handel in ihren jeweiligen Landeswährungen betreiben würden. Die Prognose des Chefvolkswirts ist bereits Realität, denn mehrere Länder haben den Petrodollar zugunsten lokaler Währungen für den Erdölhandel aufgegeben.

Länder überdenken die Verwendung des Dollars, nachdem dieser als Waffe gegen Russland eingesetzt wurde

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist der US-Dollar die vorherrschende Währung in der Welt, was durch die Konferenz von Bretton Woods 1944 abgesichert wurde. 80 Prozent der internationalen Transaktionen werden in US-Dollar abgewickelt. Fast zwei Drittel aller Währungsreserven der Zentralbanken weltweit sind in Dollar angelegt.

Die Verwendung des Dollars als Waffe gegen Russland, nach dessen militärischer Sonderoperation in der Ukraine, hat jedoch in vielen Ländern Zweifel geweckt. Diese Länder befürchteten, dass dies, wenn es Russland passiert ist, in Zukunft auch ihnen passieren könnte. Der in Kenia lebende Wirtschaftswissenschaftler Aly-Khan Satchu ist der Meinung, dass dieses Gefühl zur Idee einer gemeinsamen Währung der BRICS-Staaten beigetragen hat:

«Das Einfrieren ihrer Reserven durch die Amerikaner und ein ähnliches Szenario, das sich in Europa abspielte, zwangen die Russen, nach einer anderen Zahlungslösung ausserhalb des US-Systems zu suchen. Ich denke, man kann den Schock, den verschiedene Länder erlitten haben, als Russlands Reserven eingefroren wurden, nur schwer unterschätzen. China hat das gesehen und gedacht: ‹Wenn sie das mit Russland machen können, können sie es auch mit uns machen›.»

Laut Satchu ist die Ausarbeitung einer gemeinsamen Währung «keine leichte Aufgabe». Er führte weiter aus:

«Es stellt sich die Frage, wie sie zusammengesetzt sein wird. Es ist viel von einer rohstoffbasierten Währung die Rede und daher wird die Gewichtung der verschiedenen Rohstoffe komplex sein.»

Lesetja Kganyago, Gouverneur der südafrikanischen Zentralbank, merkte an, dass die gemeinsame Währung der BRICS-Staaten die Debatte über die Schaffung einer Zentralbank und deren Sitz anregen werde. Die Neue Entwicklungsbank mit Sitz in Schanghai, China, unter der Leitung ihrer Präsidentin Dilma Rousseff, dient derzeit diesem Zweck. (Zum Thema: «Die Neue Entwicklungsbank der BRICS-Staaten gibt den US-Dollar auf und bietet Kredite in lokalen Währungen an»). Kganyago erklärte:

«Ich weiss nicht, wie wir von einer Währung sprechen können, die von einem Block von Ländern ausgegeben wird, die sich in unterschiedlichen geografischen Regionen befinden, da Währungen nationaler Natur sind. Um das zu erreichen, musste in der Eurozone ein Vertrag abgeschlossen werden, mit dem alle Länder ihre eigenen Währungen aufgeben mussten.»

Sehen Sie sich diesen Nachrichtenclip über den brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva an, der sich für eine gemeinsame Währung der BRICS-Mitgliedsländer einsetzt.

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Hier finden Sie den Beitrag auf Englisch.

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