Horst D. Deckert

«Pandemie-Gehirn» erschwert es Studenten, Entscheidungen zu treffen

Die «Pandemie» liegt zwar hinter uns, aber viele Studenten zweifeln jetzt an sich selbst, wie Forscher der Ohio State University herausgefunden haben. Ihre Studie ergab, dass Studenten, die im Herbstsemester 2020 immatrikuliert waren, eine weniger konsistent Entscheidungsfähigkeit aufwiesen als andere, die in den Vorjahren an ähnlichen Untersuchungen teilgenommen hatten. Auf die im Journal of American College Health veröffentlichte Arbeit machte Study Finds aufmerksam.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entscheidungsfähigkeit von College-Studenten (einschliesslich einiger, die im Jahr 2023 ihren Abschluss machen) durch die «Pandemie» negativ beeinflusst wurde. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangten die Forscher folgendermassen: Sie analysierten und verglichen die Antworten der Studenten zu einer hypothetische Situation während der «Pandemie» mit den Antworten anderer Studenten aus früheren Studien.

Dabei fanden sie Hinweise darauf, dass die Studenten im Jahr 2020, je nach Beschreibung des Szenarios, eher ihrem Bauchgefühl folgten oder ihre Antworten gründlicher überdachten. Die Hauptautorin Melissa Buelow, Professorin für Psychologie am Ohio State Campus in Newark, erklärte in einer Mitteilung der Universität:

«Unsere Theorie lautet, dass die Studenten durch den Stress, den sie insgesamt hatten, in ihren Möglichkeiten eingeschränkt waren, die Informationen, die ihnen präsentiert wurden, tatsächlich zu bewerten.»

Unentschlossenheit kann ein Zeichen eines «Pandemie-Gehirns» sein

Die Studie legt nahe, dass die langanhaltenden und weitreichenden Unsicherheiten der «Pandemie» und die weltweiten Lockdowns – eine einzigartige Situation, die nicht in einem Labor reproduziert werden kann – die Gehirnregion beeinflusst haben, die für Problemlösung und Entscheidungsfindung zuständig ist. Buelow ergänzte:

«Ich denke, dass dies eine der wichtigsten Erkenntnisse ist: dass der Stress des Alltagslebens zu- und abnehmen kann, und dass er möglicherweise die kognitiven Ressourcen überfordert und echte Auswirkungen auf alltägliche Aktivitäten hat, die Energie und Anstrengung erfordern. Diese Studie liefert zusätzliche Informationen, um zu verstehen, warum Studenten möglicherweise Schwierigkeiten hatten, zum Unterricht zu kommen, sich auf den Unterricht zu konzentrieren und ihre Aufgaben zu erledigen: weil es dieses globale Ereignis gab, das jeden Teil ihres Lebens beeinflusst hat.»

Während des Herbstsemesters 2020 besuchten die Studenten der Ohio State University virtuelle und analoge Lehrveranstaltungen mit reduzierter Dichte und fortgesetzter physischer Distanzierung, Maskenanforderungen und routinemässigen SARS-CoV-2-Tests. Die Forscher gingen davon aus, dass diese Studenten zum Zeitpunkt ihrer Teilnahme an der Studie frei von einer «Covid-Infektion» waren. Prof. Buelow und ihre Kollegen wurden zu dieser Studie angeregt, als sie in einem zufälligen Gespräch ihr eigenes vernebeltes Denken als «Pandemiegehirn» bezeichnet hatten. Buelow erläuterte:

«Wir sagten uns: Wenn wir das erleben, stellt sich die Frage, ob es anderen auch so geht. Und während wir Daten sammelten, hörten wir in der populären Presse von der Idee, dass der Stress von Covid zu Schwierigkeiten beim Denken, beim Verarbeiten von Informationen und beim Treffen von Entscheidungen führt.»

Schüler beginnen, Fragen entsprechend der Formulierung zu beantworten

Als klinische Neuropsychologin verwendet Buelow seit zehn Jahren die ADMC-Skala («Adult Decision Making Competence») für ihre Arbeit. Das Instrument stellt zahlreiche Szenarien vor, die sowohl positiv als auch negativ formuliert werden, und bittet die Teilnehmer dann, ihre persönliche, bevorzugte Lösung oder Empfehlung zu nennen.

Die Studienautoren verglichen einen Datensatz aus der Zeit vor der Pandemie, der 722 Studenten umfasste, die mit der ADMC-Skala bewertet worden waren, mit «Pandemiedaten» von 161 Studenten, die im Herbstsemester 2020 an einer von zwei Bewertungen teilgenommen hatten. Letztlich, so die Forscher, war ihr wichtigstes Ergebnis, dass die Studenten im Jahr 2020, anstatt zu erkennen, dass ethisch begründete Szenarien zu demselben Ergebnis führten, egal ob sie als Gewinn oder Verlust dargestellt wurden, mit grösserer Wahrscheinlichkeit anders antworteten, je nachdem, wie die Informationen formuliert waren. Buelow stellte fest:

«Die Abhängigkeit von der Fragestellung, also, ob es sich um einen Gewinn oder einen Verlust handelte, spielte bei der Entscheidungsfindung eine grosse Rolle.»

Trotz dieser Unstimmigkeit stellen die Forscher fest, dass die Studenten im Jahr 2020 genauso zuversichtlich waren wie ihre Kommilitonen vor der Pandemie, und dass ihre Entscheidungen bei Fragen, die auf Genauigkeit basierten, richtig waren. Buolow zufolge könnte das Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Personen haben, die Risiken angemessen wahrnehmen:

«Sind sich die Menschen sozusagen bewusst, was sie wissen und was sie nicht wissen? Und wenn nicht, führt das zu mehr Risiko?»

Die Abschaffung der Covid-Massnahmen hat nicht geholfen

Als Nächstes untersuchte das Team 72 weitere Studenten zweimal während des Frühjahrssemesters 2022, um festzustellen, ob «Impfungen» gegen «Covid» und gelockerte Masken- und Distanzierungsvorschriften die Auswirkungen der «Pandemie» auf Entscheidungsfindungen verringerten.

Diese Analyse mit einer kleineren Stichprobe ergab, dass die Studenten im Vergleich zu den Studenten vor der Pandemie immer noch weniger konsistente Entscheidungen trafen. In Zukunft werden Prof. Buelow und ihre Kollegen weitere Daten sammeln und die Veränderungen in der Entscheidungsfindung der Studenten über einen noch längeren Zeitraum verfolgen. Buelow schliesst:

«Situative Faktoren können sich auf die Gründe auswirken, weshalb Menschen eine gute, vorteilhafte Entscheidung im Gegensatz zu einer schlechten oder riskanten Entscheidung treffen. Das ist ein wichtiger Kontext. Wenn wir Menschen im Labor akutem Stress aussetzen, stellen wir fest, dass die Konsistenz der Entscheidungsfindung anschliessend abnimmt. Diese Ergebnisse passen genau dazu – wir können also die Theorie aufstellen, dass in Ermangelung eines akuten Laborstressors Covid, also ein viel globalerer Faktor, der jeden Aspekt unseres Lebens beeinflusst hat, die Kognition beeinträchtigt hat.»

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