Horst D. Deckert

Freiheitskampf: Vor 62 Jahren explodierten in Südtirol Bomben

In der sogenannten „Feuernacht“, vom 11. auf den 12. Juni 1961, wurden in Südtirol 37 Strommasten gesprengt. Das Ziel der Anschläge war es, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit zu gewinnen und Südtirol von der italienischen Besatzung zu befreien. Vorausgegangen waren den militanten Aktionen ignorierte Unterschriftensammlungen und Kundgebungen.

Seit über 1.200 Jahren ist Südtirol mehrheitlich deutsch besiedelt. 1910 waren rund 90 Prozent der Einwohner des Landes Deutsche. 1918 besetzte Italien das verkehrswichtige Land in den Alpen widerrechtlich. Der fremde Staat versuchte nunmehr, Südtirol zu italienisieren. Durch die gezielte Ansiedelung von Süditalienern, Gewalttaten, Sprach- und Kulturverbote sollte die Region in eine normale italienische Provinz transformiert werden. Kolonialpolitik, mitten in Europa.


Mehrfach sprachen sich die Südtiroler in den folgenden Jahren für die Selbstbestimmung des Landes aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 155.000 Unterschriften für die Loslösung Südtirols von Italien gesammelt. Vergeblich.

Gezielte Überfremdung: Ein geplanter Todesmarsch

Auch nach dem Faschismus führte Rom die systematische Italienisierungspolitik fort. So sollten etwa 1957 über 5.000 Wohnungen für italienische Arbeitsmigranten geschaffen werden. Zeitgleich wanderten jährlich tausende junge Südtiroler aus. Eine Entwicklung mit absehbarem Ausgang. Bereits 1953 schrieb der bekannte Südtiroler Priester Michael Gamper deshalb von einem „Todesmarsch“ der Südtiroler.

Den ignorierten Unterschriften folgten Großkundgebungen. 1957 versammelten sich rund 35.000 Südtiroler auf Schloss Sigmundskron bei Bozen und forderten das „Los von Rom!“. Auch diese Stimmen wurden bewusst überhört.

Dutzende Südtiroler entschieden sich nun für militante Schritte. Enttäuscht darüber, dass der italienische Staat jede demokratische Lösung und Debatte ablehnte. Die Aktivisten gingen dabei gewaltsam gegen Symbole des italienischen Imperialismus in Südtirol vor. Dabei wurden etwa Neubauten für italienische Migranten, aber auch die Mussolini-Statue bei Waidbruck gesprengt. Menschenleben sollten bei den Aktionen bewusst geschont werden.

Feuernacht: Großangriff gegen Besatzung und Ausbeutung

Der Vielzahl an Nadelstichen folgte in der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1961 ein Großangriff. 37 Masten wurden dabei in die Luft gejagt. Durch die Aktion sollte die Bozner Industriezone lahmgelegt werden. Diese war während der Zeit des italienischen Faschismus errichtet worden und galt in Südtirol als Inbegriff der Fremdherrschaft und Ausbeutung.

Das Ziel der Anschläge wurde dabei jedoch nur teilweise erreicht. Trotz großer Stromausfälle wurde der Betrieb der Industriezone aufrecht erhalten. Die gewünschte Aufmerksamkeit konnte dennoch erreicht werden.

Der Termin der Feuernacht wurde dabei bewusst gewählt. Es handelte sich dabei um die sogenannte „Herz-Jesu-Nacht“. Alljährlich wird dabei mit Bergfeuern des Freiheitskampfes von Andreas Hofer gedacht.

Die Folgen: Aufmerksamkeit, Folter, Autonomie

Den Anschlägen folgte die Generalmobilmachung des italienischen Staates. Bis zu 40.000 Soldaten und Polizisten wurden nach Südtirol gebracht. So kam ein italienischer Uniformträger auf fünf Südtiroler. Bis Ende 1961 wurden fast 150 Südtiroler verhaftet, zahlreiche davon bestialisch gefoltert, zwei starben.

Die Folterer bekannten offen, dass sie den Freibrief für ihre Taten vom italienischen Innenminister persönlich erhalten hätten. In späteren Gerichtsprozessen wurden die folternden Polizisten freigesprochen oder begnadigt. Einige Freiheitskämpfer entkamen nach Nordtirol und führten von dort aus weitere Aktionen gegen den italienischen Staat durch.

Ziel nicht erreicht: Autonomie statt Freiheit

Die Aktionen führten jedoch nicht zum gewünschten Ziel, der Selbstbestimmung der Südtiroler. Realisiert wurde jedoch eine Autonomie. Als direkte Folge der Anschläge, wie zahlreiche Historiker, aber auch damalige Politiker offen bekennen. Auch die italienische Massenmigration konnte „faktisch total gestoppt“ werden, wie die Salzburger Nachrichten 1965 schrieben. „Niemand will in ein Land ziehen, in welchem Bomben explodieren und heimtückische Anschläge geschehen.“

Somit ist der Südtiroler Freiheitskampf der Sechziger Jahre ein Lehrbeispiel dafür, was passieren kann, wenn man einem Volk sein Recht auf friedliche Selbstbestimmung vorenthält. Ein Lehrbeispiel, das in Zeiten globaler Entmündigung, Massenmigration, Zentralisierung und Überwachung auch Parallelen zur heutigen Zeit aufweist.

Zum Autor: Raphael Mayrhofer ist seit vielen Jahren für zahlreiche Alternativmedien tätig. Als Redakteur und Medienfachmann begleitete er den „Wochenblick“ ab seiner Gründung. Seinen Fokus legt der studierte Publizist dabei auf die Themenbereiche Souveränität, Identität, Nachhaltigkeit und Solidarität. Seit 2022 kümmert sich Mayrhofer als leitender Redakteur um das Format „Gesund AUF1“.

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