Dieser Artikel erschien zuvor in der Budapester Zeitung
„Ungarn fordert die Ukraine auf, die Beschneidung der Rechte der ungarischen Minderheit Transkarpatiens zu beenden.“ Das erklärte der Staatssekretär des Außenministeriums, Tamás Menczer, auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in Budapest.
Das ukrainische Parlament, die Regierung und der Präsident des Landes müssten der ungarischen Gemeinschaft jene Rechte zurückgeben, die diese früher besaßen und die in den Empfehlungen der Venedig-Kommission aufgeführt wurden. Gleichzeitig erwartet Budapest von Brüssel und den EU-Institutionen, endlich die Sache der ungarischen Minderheit auf die Tagesordnung zu nehmen und dafür zu sorgen, dass ihr die ursprünglichen Rechte zurückgegeben werden.
„Brüssel sind Einwanderer und verschiedene sexuelle Randgruppen wichtig. Es ist an der Zeit, sich mit einem wirklich schwerwiegenden Problem auseinanderzusetzen, bei dem es um die Belange einer echten Minderheit geht“, sagte Menczer.
Verstoß gegen europäische Werte
Die jüngst vorgenommenen Modifizierungen an den einschlägigen ukrainischen Gesetzen zu Bildung, Sprache und Minderheiten würden unmissverständlich zeigen, dass es sich um durchdachte Maßnahmen handelt, die vollkommen gegen den Geist der bilateralen und multilateralen Verträge sowie gegen alle europäischen Werte verstoßen. Mit dem neuen Bildungsgesetz werde den ungarischen Schülern das Recht zum Unterricht in ihrer Muttersprache genommen.
Bislang durften die Angehörigen der Minderheiten im Lehrplan ab der 5. Klasse mindestens 20%, ab der 9. Klasse mindestens 40% der Fächer in ihrer Muttersprache belegen. Künftig sollen „mindestens 60% in der amtlichen Sprache“, also auf Ukrainisch, vorgegeben sein. Da hier jedoch keine Obergrenze gezogen wird, liege es allein im Ermessen der Schuldirektoren, wie viel muttersprachlicher Unterricht dann noch verbleibt. Das Gesetz werde in diesem September für die 5. und 6. Klassen in Kraft treten, dementierte der Staatssekretär kursierende Meldungen, wonach die Ukrainer die Umsetzung des umstrittenen Gesetzes um ein Jahr aufgeschoben hätten. Die Venedig-Kommission habe das Gesetz analysiert und eindeutig für unzureichend befunden.
Ungarisch nur noch privat möglich
Im Sprachengesetz werde die Muttersprache über die Schulen hinaus auch im Alltag zurückgedrängt. Kultur, Medien und Ämter würden genötigt, sich der ukrainischen Sprache zu bedienen, Ungarisch könnte praktisch nur noch privat und in den Kirchen gesprochen werden. Laut Venedig-Kommission widerspricht auch dieses Gesetz den europäischen Werten. Gleichzeitig werden die Rechte der Minderheiten in einem gesonderten Gesetz beschnitten, mit dem alle Bereiche abgedeckt werden, die in den beiden oben genannten Gesetzen nicht erfasst wurden.
Rechte der Minderheiten systematisch ausgehöhlt
All das geschehe, während Ungarn die größte humanitäre Hilfsaktion seiner Geschichte aufrechterhält. Der Staatssekretär erinnerte an weit über eine Million Flüchtlinge, die das Land wegen des Ukraine-Kriegs aufnahm, anhaltende Hilfsgüter-Transporte, den unentgeltlichen Wiederaufbau von Kindergärten, Schulen und Kliniken, die medizinische Behandlung von Kindern und verwundeten Soldaten in Ungarn, wo 1.300 Kindergärten und Schulen ukrainische Flüchtlingskinder aufgenommen haben. Menczer stellte einmal mehr klar, dass Ungarn die euroatlantischen Integrationsbemühungen der Ukraine nicht unterstützen könne, solange es keine Fortschritte beim Umgang mit ihrer Minderheit gibt. Budapest wollte das Thema mit Rücksicht auf den brutalen Krieg zurückstellen, musste diese Haltung aber revidieren, weil Kiew die Rechte der Minderheit in Transkarpatien systematisch weiter aushöhlt.
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