Dieser Beitrag von Rainer Ackermann erschien zuvor in der Budapester Zeitung
Die EU muss effizienter gegen die illegale Einwanderung vorgehen, waren sich die Ministerpräsidenten der Visegrád-Staaten (V4) am Montag in Bratislava einig. Man habe mehrere strategische Fragen behandelt und sich auf Themen konzentriert, in denen die vier Länder ähnliche Standpunkte vertreten, erklärte zum Abschluss des Gipfeltreffens Lajos Ódor. Der slowakische Geschäftsführende Ministerpräsident ungarischer Abstammung fasste die Verhandlungen in seiner Eigenschaft als Gastgeber und Vorsitzer der V4-Gruppe zusammen.
Die EU könne sich nicht leisten, keine Lösung auf das Problem der illegalen Einwanderung zu finden, meinte Ódor. Die V4 setzen vor allem auf einen effizienten Schutz der Außengrenzen. Den Ländern des Westbalkan müsse in Hinsicht auf die EU-Mitgliedschaft schon mittelfristig eine Perspektive geboten werden. In Sachen „Green Deal“ der EU ermahnen die V4, nicht die Nuklearenergie als nachhaltige Energie für den Übergang auszuklammern.
Unmoralische Unterstützung
Polens Mateusz Morawiecki betonte nach den Spannungen zwischen den V4-Ländern in den letzten Monaten die Gemeinsamkeiten. Die Zusammenarbeit sei gut. Man sei sich auch einig darin, dass es keine Unterstützung der EU für Organisationen geben dürfe, die den Zustrom von Migranten befördern, denn das sei unmoralisch. Polen wird keinerlei Mechanismus für gleich welche Quotenregelung auch immer zustimmen. Außerdem müsse die EU bei der Gestaltung ihrer Klimapolitik zur Kenntnis nehmen, dass das Wachstum der V4-Staaten auf ihrer Industrie basiert. Diese habe bereits unter der Corona-Pandemie gelitten; ihre Interessen müssten beim Kampf gegen den Klimawandel Berücksichtigung finden.
Quoten funktionieren nicht
Tschechiens Petr Fiala hob hervor, dass Quotenregelungen nicht funktionieren. Gestärkt werden müsse zudem eine Politik der Rückführung illegaler Migranten. Es brauche eine enge
Zusammenarbeit, um den Kampf gegen die illegale Einwanderung effizienter gestalten zu können. Tschechien, das im Juli für ein Jahr den Vorsitz der Gruppe übernimmt, wolle die Themenschwerpunkte sichere Gesellschaft, innovative Wirtschaft und Wahrung der Integrität der Ukraine setzen.
Orbán: „Die EU will nur nicht“
„Es gibt eine Lösung für die illegale Migration, nur will die EU diese Lösung nicht zur Anwendung bringen“, warf der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán ein. Die Lösung wäre – im Übrigen im Einklang mit den ungarischen Gesetzen –, alle Anträge von Personen, die das Territorium der EU betreten wollen, bereits außerhalb zu bearbeiten. „Würden wir endlich aussprechen, dass nur jene die EU betreten dürfen, deren Anträge im Verfahren eines Mitgliedstaates bewilligt wurden, hätten wir die ganze Misere hinter uns.“
Die EU will aber genau diesen entscheidenden Schritt nicht tun. Weil der neue Vorschlag der EU-Kommission dieses Ziel ebenfalls verfehlt, müsse der Kampf weitergehen. Die durch die Kommission für die Abwehr der illegalen Migration bereitgestellten Mittel seien „lächerlich“. „Die komplette Vorlage der Kommission ist unseriös und stellt aus unserer Sicht überhaupt keine Verhandlungsgrundlage dar“, hielt Orbán fest.
Klare Beitritts-Perspektive nötig
Nach seiner Rundreise in Ländern des Westbalkans konstatiere der Ministerpräsident, der Wille für eine beschleunigte EU-Integration sei größer denn je. Das gelte gerade in Zeiten, da sich die Aufmerksamkeit weitgehend auf die Ukraine konzentriert. Der Umgang der EU mit den Spannungen auf dem Balkan sei eine Abfolge von Irrtümern unddes Scheiterns. Die Völker der Region bräuchten eine klare Beitrittsperspektive. Es könne nicht sein, dass diesen Ländern der Eindruck vermittelt wird, die Ukraine könnte eine schnellere Aufnahme in die Gemeinschaft erlangen. Orbán begrüßte ausdrücklich die Freilassung von drei Polizisten des Kosovo durch Serbien, auf die er vergangene Woche bei seinem Besuch als Gast von Präsident Aleksandar Vucic gedrängt habe.
Den „Green Deal“ der EU könne sich Ungarn nur „gemeinsam mit der Industrie, aber nicht ohne diese und schon gar nicht gegen die Interessen der Industrie“ vorstellen.
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