Horst D. Deckert

Geschleifte Anti-AfD-„Brandmauern”: In Thüringen setzt sich die Realpolitik durch

Die politische Vernunft hat gestern eine weitere Bresche in die „Brandmauer“ des Linksstaates gegen die AfD geschlagen: Zum blanken Entsetzen der blockparteilichen Musterdemokraten und ihrer linken Hofmedien konnte gestern in Thüringen zur Abwechslung einmal wieder Realpolitik betrieben werden.

Was war da los? Eigentlich das Trivialste der Welt für eine parlamentarische Demokratie: Die CDU im Landtag von Thüringen beschloss gemeinsam mit den Stimmen von FDP und AfD ein Gesetz zur Senkung der Grunderwerbsteuer – von 6,5 auf fünf Prozent.

Pseudomoralische Zuchtpeitsche wirkt nicht mehr

So gut, richtig und wichtig wie auch langweilig in der Sache und an sich ohne jeden Nachrichtenwert – wäre da nicht das zufällige gleiche Abstimmungsverhalten der bürgerlichen Parteien CDU und AfD, die gemeinsam mit der FDP eine Mehrheit von 46 Abgeordneten zustande brachten, während die rot-rot-grünen Gegner der Vorlage nur 42 Stimmen hatten.

Weil sich CDU und FDP damit erstmals geweigert haben, sich der pseudomoralischen Zuchtpeitsche der rot-rot-grünen Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow zu fügen, und zudem die von jedem deutschen Mandatsträger der Blockparteien geforderte Distanzeritis gegen die AfD aussetzten, läuft der institutionelle Linksstaat nun verbal Amok.

Demokratieverachtung der Demokraten

Ramelows Linksaußenregierung – die sich überhaupt nur deshalb im Amt befindet, weil die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich im Februar 2020 mit AfD-Stimmen unter dem hysterischen Geschrei der anderen Parteien und auf Betreiben der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, in einem ungeheuerlichen Akt von Demokratieverachtung, rückgängig gemacht worden war! – überschlug sich vor Empörung.

Auch im politischen Berlin gingen die üblichen Verdächtigen steil. Von einem „einzigartigen Vorgang“ und einem „Pakt mit dem Teufel“ war die Rede. „Wenn das in der CDU Schule macht, dann wird der Parlamentarismus nach dem heutigen Tag ein anderer sein. Demokraten dürfen die AfD niemals zum parlamentarischen Zünglein an der Waage machen“, fabulierte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

„Drastische Verschiebung“

Grünen-Bundesgeschäftsführerin Emily Büning fabulierte theatralisch von einer „drastischen Verschiebung“, die „weit über die Landesgrenzen Thüringens” hinauswirke. Selbst aus Teilen der zu dem Thema bislang wortkargen FDP gab es Kritik: Waffenlobbyistin und Kriegstreiberin Marie-Agnes Strack-Zimmermann behauptete: „Die FDP-Spitze ist sich einig, dass, solange die FDP in Thüringen ‚den Kemmerich macht‘, es keinerlei Unterstützung der Bundespartei gibt.“

Die Nervosität ist verständlich: Der Höhenflug der AfD gerade im Osten hält an; sie stellt in Thüringen bereits einen Landrat. Am Sonntag konnte einer ihrer Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen im ersten Wahlgang aus dem Stand 42,1 Prozent holen, während die Blockparteien zusammen nur noch auf 34 Prozent kamen.

Die CDU wacht auf

Und bei der Landes-CDU hat man nun offenbar endlich eingesehen, dass man mittelfristig die eigene Existenz in Gefahr bringt, wenn man lieber auf jeden noch so vernünftigen Vorschlag verzichtet, bloß weil ihm auch die AfD zustimmt.

Der Fraktionsvorsitzende Mario Voigt erklärte dann auch: „Ich kann nicht gute, wichtige Entscheidungen für den Freistaat, die Entlastung für Familien und der Wirtschaft, davon abhängig machen, dass die Falschen zustimmen könnten.“ Absprachen mit der AfD habe es nicht gegeben, von einer Zusammenarbeit könne keine Rede sein.

Übernahme kommunaler Praktiken

Auf diese Sprachregelung hat sich offenbar auch die Bundespartei verständigt. CDU-Chef Friedrich Merz erklärte: „Wir machen das, was wir in den Landtagen wie auch im Deutschen Bundestag diskutieren, nicht von anderen Fraktionen abhängig“. Das tut man in Wahrheit zwar schon seit Gründung der AfD vor zehn Jahren, aber ohne dieses Rückzugsgefecht würde Merz seinen innerparteilichen Gegnern noch mehr Auftrieb geben.

Aus den selbst auferlegten sklavischen Tabus mag sich Merz dennoch nicht befreien: Er beharrte darauf, dass es „auf Bundes- und Landesebene keine Zusammenarbeit mit der AfD” geben werde. Auf kommunaler Ebene gibt es diese ohnehin – weil sonst gar nicht mehr regiert werden könnte.

Weidel hochzufrieden

Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel („Alice für Deutschland“) verkündete hingegen: „Merz’ Brandmauer ist Geschichte – und Thüringen erst der Anfang. Es wird Zeit, dem demokratischen Willen der Bürger überall in Deutschland zu entsprechen.“

Und in der Tat: Ganz allmählich, aus puren Sachzwängen heraus beginnen sich bürgerliche Vernunft und die Einsicht durchzusetzen, dass „Brandmauern“ per se undemokratisch sind. Weil sie nämlich immer nur zur Blockade des politischen Systems führen.

Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“

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