Susan Crockford, Polar Bear Science
Im vergangenen Dezember haben die Forscher einen möglichen Rückgang der Eisbärbestände in der westlichen Hudson Bay (WH) um 27 % propagiert, aber die Tatsache verschwiegen, dass die Bestände in der angrenzenden südlichen Hudson Bay (SH) im gleichen Zeitraum um 30 % zugenommen haben.
Und Überraschung, Überraschung: Die bombensicheren SH-Ergebnisse stellen alles in Frage, was die „Experten“ seit Jahren über Eisbären in der Hudson Bay sagen.
Ich habe von der Regierung von Nunavut endlich eine Kopie des Berichts über die WH-Erhebung 2021 erhalten, über den die Medien im Dezember 2022 weltweit berichtet hatten. Die Regierung von Nunavut schickte mir auch eine Kopie des SH-Berichts von 2021 (mit der hilfreichen Frage: „Möchten Sie auch den SH-Bericht?“), der praktisch zur gleichen Zeit veröffentlicht worden war. Die Existenz eines SH-Berichts wurde in keinem der Medienartikel im Dezember erwähnt, obwohl im WH-Bericht mehrfach darauf verwiesen wurde, was darauf schließen lässt, dass die Reporter den WH-Bericht nie zu Gesicht bekamen, sondern lediglich eine Pressemitteilung mit genehmen Gesprächsthemen erhielten.
WH Report
Die WH-Schätzung der Population für 2011 lag bei 949 (Spanne 618-1280), die Schätzung für 2016 bei 842 (Spanne 562-1121) und die für 2021 bei 618 (Spanne 385-852). Die Medien müssen die Zahl von 27 %, die den Rückgang zwischen 2016 und 2021 darstellt, in einer Pressemitteilung erhalten haben, da diese Zahl im WH-Bericht nicht erwähnt wird.
Laut Andrew Derocher von der University of Alberta zur WH Population: „Der tatsächliche Rückgang ist viel größer als ich erwartet hätte.“ [CBC News, 23. Dezember 2022]
Der offensichtliche Rückgang von 2016 bis 2021 war jedoch statistisch nicht signifikant, ebenso wenig wie der Rückgang zwischen 2011 und 2021: Die Autoren stellen dies ausdrücklich auf Seite 29 des WH-Berichtes fest.
Seltsamerweise ist das nicht der Eindruck, den die Presse in Anbetracht der in ihren Schlagzeilen verwendeten Phrasen wie „Population sinkt“, „Eisbären verschwinden“, „Eisbären… in starkem Rückgang“ und „Eisbären verschwinden schnell“ gewonnen zu haben scheint.
Die Autoren des WH-Berichts stellen fest, dass die Anzahl der erwachsenen männlichen Bären in den drei Erhebungszeiträumen unverändert blieb, dass aber ein Rückgang der Anzahl erwachsener weiblicher und subadulter Bären (vor allem in der Gegend um Churchill) zu einem offensichtlichen Rückgang der Gesamtzahl geführt zu haben scheint. Es wurde die Vermutung geäußert, dass vielleicht einige weibliche und subadulte Bären aus dem Churchill-Gebiet einfach ein Stück nach Norden oder Süden gewandert sind, aber die Autoren wiesen diese Vermutung zurück.
Obwohl die geschätzte Menge erwachsener weiblicher und subadulter Bären in Gebiet 2 [d.h. um Churchill] zwischen den Erhebungen von 2011 und 2021 signifikant abnahm, wurde keine gleichzeitige Zunahme dieser Bärenarten in den Gebieten 1 (Cape Tatnum) [im Süden] oder 3 (Nunavut) [im Norden] des WH festgestellt (Tabelle 13). (WH-Bericht, Atkinson et al. 2022, S. 32)
Die vermissten Weibchen und subadulten Tiere sind also nicht ein Stück nach Norden oder Süden gewandert, sondern vielleicht weiter nach Süden, in die südliche Hudson Bay?
Bemerkenswert ist, dass zwischen 2016 und 2021 die geschätzte Menge in der SH um 223 Bären zunahm, während die von WH um 224 abnahm (Northrup et al. 2022). Veränderungen in beiden Subpopulationen, zumindest zwischen 2016 und 2021, könnten daher auf die Wanderung von WH-Bären nach SH zurückzuführen sein. (WH-Bericht, Atkinson et al. 2022, S. 24, Fettdruck von mir {Crockford})
Der WH-Bericht zeigt jedoch, dass den Ergebnisse einer unveröffentlichten SH-Biopsiestudie unter der Leitung des Doktoranden David McGeachy zufolge 22 % der zuvor in WH erfassten Bären im Jahr 2021 in SH gefunden wurden, allerdings handelte es sich dabei überwiegend um erwachsene Männchen und nicht um die „fehlenden“ erwachsenen Weibchen aus WH. Dies bedeutet, dass eine große Bewegung von weiblichen und subadulten Bären aus WH nach SH im Jahr 2021 nicht den gleichzeitigen Rückgang der Abundanz in WH und die Zunahme in SH erklären kann.
Unsere Ergebnisse, dass die Abundanz der adulten Weibchen und Subadulten abgenommen hat, während die Abundanz der adulten Männchen unverändert geblieben ist, sind daher nicht mit der Hypothese einer Arealverschiebung vereinbar. (WH-Bericht, Atkinson et al. 2022, S. 33, Fettdruck von mir {Crockford})
Die Autoren suggerieren, dass der offensichtliche Rückgang der WH Population mit den Vorhersagen über die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit und das Überleben der Eisbären „übereinstimmt“, haben aber keine Meereisdaten für den relevanten Zeitraum vorgelegt. Beobachtungen anderer (einschließlich der Autoren des SH-Berichts) weisen jedoch darauf hin, dass der Rückgang nicht durch schlechte Meereisbedingungen in den letzten fünf Jahren verursacht worden sein kann, da das WH-Eis von 2017-2020 so gut erhalten war wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Kurz gesagt, die Autoren des WH-Berichts konnten nicht erklären, warum es zwischen 2011 und 2021 einen offensichtlichen Rückgang der Bestände gab, außer dass mehrere hundert erwachsene Weibchen und subadulte Tiere aus dem zentralen WH-Gebiet um Churchill verschwunden zu sein schienen. Die Autoren schienen sich nicht sicher zu sein, ob überhaupt ein Rückgang stattgefunden hat, da sie ihre Ergebnisse in einer untypisch schwachen Sprache beschrieben:
Die für die WH-Subpopulation abgeleiteten Schätzungen deuten auf einen möglichen Rückgang der Gesamtbärenzahl zwischen 2011 und 2021 hin. (WH-Bericht, Atkinson et al. 2022, S. 29, Fettdruck von mir)
SH Report
Die SH-Zahlen stiegen von 943 Bären im Jahr 2012 (Spanne 658-1350) über 780 im Jahr 2016 (Spanne 590-1029) bis hin zu satten 1119 im Jahr 2021 (Spanne 860-1454), ein Anstieg von 30 % innerhalb von fünf Jahren (siehe Seiten 29 und 42). Seltsamerweise erwähnen die Autoren nicht, ob dies ein statistisch signifikanter Anstieg ist oder nicht, aber wahrscheinlich ist das der Fall.
Die Autoren des Berichts halten es zunächst für „höchst unwahrscheinlich“, dass ein Anstieg dieser Größenordnung allein auf einen natürlichen Anstieg der Geburtenrate oder einen Rückgang der Sterblichkeit in einem so kurzen Zeitraum zurückzuführen sein könnte (S. 29). Ihre Daten zeigten jedoch auch, dass 35 % aller gezählten SH-Bären Jährlinge oder Jungtiere waren (mehr als in WH im Jahr 2021), und die Autoren kamen schließlich zu dem Schluss, dass ein natürlicher Anstieg der Zahlen in Verbindung mit guten Meereisbedingungen von 2017 bis 2020 stattfand (S. 31), vielleicht in Verbindung mit der Einwanderung einiger Bären aus einer anderen Teilpopulation, die sie nicht verifizieren konnten.
Die Berichte miteinander in Einklang bringen
Die Autoren beider Berichte kamen bei der Erklärung ihrer Ergebnisse ins Stocken. Ein Verlust von Hunderten von WH erwachsenen Weibchen und subadulten zwischen 2016 und 2021 ist nicht mit der vorherrschenden Hypothese, dass der Mangel an Meereis Ursache für einen langfristigen Rückgang der Eisbär-Abundanz in der WH ist, weil Meereis Bedingungen von 2017 bis 2020 besser waren als seit Jahrzehnten (nur 2021 war nicht so gut). Außerdem herrschten in SH im selben Zeitraum ähnliche Meereisbedingungen, und die Eisbärenzahlen stiegen dort, wie eine Kopie von Abbildung 22 aus dem WH-Bericht zeigt (siehe unten):
Es bleiben Fragen offen. Wenn zum Beispiel 22 % der Bären, die 2021 in SH mit Biopsiedaten erfasst wurden, Männchen aus WH waren, warum wurde dies in der WH-Erhebung nicht als Verlust von erwachsenen Männchen registriert? Das ist ein echtes Rätsel.
Noch wichtiger ist die Frage, was mit den Hunderten von erwachsenen Weibchen und subadulten Tieren zwischen 2016 und 2021 passiert ist. Sind sie aus einem unbekannten Grund verhungert, der nichts mit den sommerlichen Meereisbedingungen zu tun hat, oder sind sie woanders hingegangen? Ist es möglich, dass eine Population in nur fünf Jahren um 30 % wächst? Liegen die von den Forschern erstellten Populationsschätzungen einfach nur daneben? Das können die Wissenschaftler nicht sagen.
Obwohl in mindestens einem der Medienartikel vom Dezember 2022 die Vermutung geäußert wurde, dass ein diffuser Mangel an beringten Robben für den offensichtlichen Rückgang der WH-Bären verantwortlich sein könnte, enthält der WH-Bericht keinen Hinweis auf einen möglichen Mangel an beringten Robben als ursächlichen Faktor.
Seltsamerweise wird auch das Foxe Basin (FB) im Norden nicht als möglicher Bestimmungsort für die verschwundenen WH-Weibchen und -Erwachsenen erwähnt. Die Bären im Foxe Basin wurden seit 2010 nicht mehr untersucht, aber damals ging es ihnen mit einer geschätzten Populationsgröße von 2580 Tieren sehr gut (Stapleton et al. 2012). Wer weiß, was seitdem passiert ist, aber FB-Bären mischen sich im Winter auf dem Eis der Hudson Bay mit WH- und SH-Bären und das Meereis hält sich in Foxe Basin im Allgemeinen bis weit in den August hinein. Das bedeutet, dass Foxe Basin ein geeignetes Zufluchtsgebiet für WH-Weibchen und junge Bären sein könnte, die auf der Suche nach besser vorhersehbaren Meereisbedingungen sind, so wie Franz Josef Land für einige Bären aus dem Spitzbergen-Gebiet ist.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse dieser beiden Studien, dass Eisbärenspezialisten keine Ahnung haben, was eigentlich mit den Bären in der Hudson Bay los ist. Ohne Meereis als Ursache haben sie nichts in der Hand. Sie können ihre Ergebnisse einfach nicht erklären.
[Hervorhebung im Original]
Eisbären können aus unbekannten Gründen, die nichts mit dem sommerlichen Meereis in einer Region zu tun haben, sterben und sich in der nächsten Region wie verrückt vermehren, oder sie wandern unbemerkt zwischen den Grenzen der Teilpopulationen. Und wenn Eisbären tatsächlich zwischen den Grenzen der Subpopulationen in der Hudson Bay wandern, verhalten sie sich nicht wie diskrete Einheiten, die für Managemententscheidungen und seriöse wissenschaftliche Forschung erforderlich sind, und das ist ein großes Problem für alle.
Kein Wunder, dass Eisbärenspezialisten nicht wollten, dass die Presse Wind von dem SH-Bericht bekommt.
Literatur
Atkinson, S.N., Boulanger, J., Campbell, M., Trim, V. Ware, J., and Roberto-Charron, A. 2022. 2021 Aerial survey of the Western Hudson Bay polar bear subpopulation. Final report to the Government of Nunavut, 16 November 2022. pdf here.
Northrup, J.M., Howe, E., Lunn, N., Middel, K., Obbard, M.E., Ross, T., Szor, G., Walton, L., and Ware, J. 2022. Southern Hudson Bay polar bear subpopulation aerial survey report. Final report to Ontario Ministry of Natural Resources, 29 November 2022, pdf here.
Stapleton, S., Peacock, E., Garshelis, D., and Atkinson, S. 2012. Foxe Basin polar bear aerial survey, 2009 and 2010, final report. Nunavut Wildlife Research Trust, Government of Nunavut, Igloolik. Available online, Pdf here.
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE