Horst D. Deckert

Europas Schutzschild gegen die Macht von Big Tech stärken

Google, Meta, Apple & Co. missbrauchen ihre Macht. Um sie daran zu hindern, braucht das DMA – Digitalmarktgesetz mehr Ressourcen. Jetzt Techkonzerne zur Kasse bitten!

Die EU hat mit dem Digital Markets Act (DMA) wichtige Regeln zu unserem Schutz geschaffen, von denen wir alle profitieren werden. Doch für deren Einhaltung braucht sie mehr qualifiziertes Kontrollpersonal als aktuell vorhanden. Das freut Konzerne wie Apple, die bereits angekündigt haben, sich kaum an die Regeln halten zu wollen. So ein Verhalten ist Gift für unsere Demokratie.

Nur mit zusätzlichen Ressourcen kann die Durchsetzung des DMA gestärkt und wir effektiv vor dem Machtmissbrauch durch Big Tech geschützt werden. Die EU soll darum Google, Meta, Apple & Co. zur Kasse bitten und von ihnen Gebühren erheben, um ihre Kontrolle zu finanzieren!

Sehr geehrte Kommissarin Vestager,

sehr geehrter Generaldirektor Guersent,

die EU hat mit dem Digital Markets Act (DMA) ein wichtiges Schutzschild gegen den Machtmissbrauch durch Big Tech geschaffen. Doch die Stärke von Regeln steht und fällt mit deren Durchsetzung. Schützen Sie uns Bürgerinnen und Bürger gegen den Machtmissbrauch der Tech-Konzerne und sorgen Sie dafür, dass sich Google, Meta, Apple & Co. an die Regeln des Digitalmarktgesetzes halten.

Wir fordern Sie darum auf:

Stärken Sie jetzt die schwache Personaldecke der EU. Setzen Sie sich dafür ein, dass eine finanzielle Selbstbeteiligung von Big Tech nach dem Verursacherprinzip über eine Monitoring-Gebühr im DMA ergänzt wird.

Mit freundlichen Grüßen

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Hintergrund

Warum ist die Macht von Big Tech ein Problem?

Techkonzerne wie Amazon oder Google sind zu groß und zu mächtig. Ihre Macht führt dazu, dass sie praktisch unregulierbar geworden sind und sich verhalten, als gäbe es keine Gesetze.

Sie sammeln ungehindert und unbegrenzt unsere Daten, nutzen sie für unterschiedliche ihrer Dienste (Whatsapp/Facebook/Instagram). Sie beanspruchen diese Daten für sich und teilen sie nicht mit anderen, sondern vermarkten sie beispielsweise über angepasste Werbung und machen so Megaprofite.

Ebenso bevorzugen sie ihre eigenen Produkte in Suchmaschinen (Google), sie drängen kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Markt (Amazon) oder kaufen sie auf, wenn sie ihnen Konkurrenz machen könnten, wie der Kauf von Whatsapp und Instagram durch Meta belegen.

Wie bedroht die Macht der Internetplattformen unsere Demokratie?

Google, Meta, Apple & Co. gehören zu den mächtigsten und einflussreichsten Konzernen der Welt. Mehr als 113 Millionen Euro jährlich gibt die Digitalindustrie allein für Lobbyarbeit in Brüssel aus. Mit dieser Lobbymacht versuchen Google, Meta, Apple & Co. strengere Regulierung zu verhindern und ihre wirtschaftliche Macht auszubauen.

Auch die Marktmacht der großen Plattformen ist enorm groß. Sie haben in den letzten Jahren unzählige Konkurrenten aus dem Markt gedrängt oder aufgekauft, und nichts deutet darauf hin, dass sie damit freiwillig aufhören werden. Daraus resultieren schon jetzt monopolartige Stellungen: Googles Suchmaschine organisiert das Wissen im Internet, die hauseigene Videoplattform Youtube hängt das traditionelle Fernsehen ab. Amazon dominiert den Onlinehandel, Facebook kontrolliert mit Instagram und Whatsapp den Großteil der sozialen Netzwerke. Die öffentliche Verwaltung und die meisten Unternehmen sind abhängig von Microsoft-Produkten, während der Markt für mobile Apps von Google und Apple beherrscht wird.

Ihre dominante Stellung nutzen die Unternehmen zu ihren Gunsten aus. Sie missbrauchen die Kontrollmöglichkeiten ihrer Plattformen (die sogenannte „Gatekeeper“-Macht), um ihre wirtschaftliche Stellung noch weiter auszubauen und gesetzliche Regelungen zu verhindern. So kommt es zu einer immer stärkeren Machtkonzentration und letztlich einer Bedrohung der Demokratie.

Was ist der Digital Markets Act (DMA) genau?

Das Digitalmarktgesetz DMA soll verhindern, dass die großen Techkonzerne ihre Macht missbrauchen, um ihre Monopolstellung zu festigen und auszubauen.

Der DMA greift dazu direkt in die Geschäftsmodelle von Big Tech ein. Diejenigen, die als sogenannte Gatekeeper (Türsteher) definiert wurden, müssen mit dem DMA ab dem 7. März Änderungen an ihren Diensten vornehmen.

Whatsapp muss etwa künftig zulassen, dass man von anderen Messengern an eine Whatsappnutzer:in schreiben kann. Dadurch werden die Dienste geöffnet und die Nutzung von Alternativen erleichtert. Der DMA verhindert damit Ausgrenzung, er erhöht unsere Wahlfreiheit und sorgt dafür, dass Alternativen stärker zum Zuge kommen.

Verstoßen die Digitalkonzerne gegen die Regeln, drohen Strafen. Bei systematischen Verstößen könnte die EU-Kommission als letztes Mittel auch die Zerschlagung von Unternehmen anordnen.

Welche Techkonzerne fallen unter den DMA?

Erst ab einer bestimmten Größe und einer bestimmten Bedeutung für den europäischen Markt fallen Techkonzerne unter das Regelwerk des DMA. Zudem werden nicht die Konzerne selbst, sondern ihre Dienstleistungen reguliert. Bei Google sind das beispielsweise die Suchmaschine, Google Maps, Google Play, Google Shopping sowie die Onlinewerbung von Google und der Browser Chrome und das Betriebssystem Android.

22 Dienste von sechs Konzernen fallen unter die Regeln des DMA. Fünf der Unternehmen stammen aus den USA, eines aus China, keines aus Europa. Die Unternehmen in alphabetischer Reihenfolge sind:

  • Amazon
  • Apple
  • Bytedance (Tiktok)
  • Google
  • Meta
  • Microsoft

Folgende Dienste der Unternehmen werden geregelt:

  • Soziale Netzwerke: Tiktok, Facebook, Instagram, Linkedin
  • Videoplattform: Youtube
  • Suchmaschinen: Google Suche
  • Browser: Chrome, Safari
  • Betriebssysteme: Google Android, iOS, Windows PC OS
  • Messaging-Dienste: Whatsapp, Messenger
  • Vermittlungsdienste: Google Maps, Google Play, Google Shopping, Amazon Marketplace, App Store, Meta Marketplace
  • Onlinewerbung: Google, Amazon, Meta

Wie wollen die Techkonzerne den DMA umgehen?

Bereits während der DMA-Verhandlungen hatten sich die Technologiekonzerne dafür eingesetzt, die Durchsetzung der Regeln abzuschwächen. Das Ergebnis ist, dass die besonders harten Sanktionen, die bei Verstößen verhängt werden können, erst dann greifen, wenn ein Gatekeeper systematisch gegen die Regeln des DMA verstößt. Diese so genannte „systematic non-compliance“ liegt erst vor, wenn es innerhalb von acht Jahren zu drei Verstößen gekommen ist.

Insbesondere Apple hat bereits angekündigt, sich zwar auf dem Papier an die Regeln zu halten, diese aber so auszulegen, dass sich an den Machtverhältnissen kaum etwas ändert. So sollen Konsument:innen zwar in Zukunft die Wahl zwischen verschiedenen App-Stores haben, doch die technischen Hürden werden absehbar so groß bleiben, dass sie Anbieter und Nutzer:innen weiterhin abschrecken.

Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Google, Meta, Apple & Co. Verstöße gegen die Regeln nicht nachvollziehbar machen. Durch den DMA sind die Unternehmen zwar verpflichtet, regelmäßig detaillierte Berichte zu veröffentlichen, in denen sie darlegen, wie sie die Regeln einhalten. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass solche Berichte unvollständig sind und daher eine rasche Reaktion der Kommission erfordern.

Was muss am DMA verbessert werden?

Um den DMA effektiv gegen die mächtigen Techkonzerne durchzusetzen, sind vor allem politischer Wille der EU Kommission und ausreichend Personalressourcen nötig.

Laut Kommission sind aktuell 80 Personen mit der Durchsetzung der DMA-Regeln befasst. Expert:innen schätzen, dass es 220 Personen bräuchte und auch das EU-Parlament hatte sich in den Verhandlungen dafür ausgesprochen, das nötige Geld für 220 Personen bereitzustellen. Davon ist die Kommission aktuell weit entfernt. Dass der DMA ein Ressourcenproblem hat, haben wir bereits in einem Rechtsgutachten im Februar 2022 festgestellt und als strategischen Fehler kritisiert.

Eine naheliegende Lösung des Problems wäre es, zusätzliche Mittel von den Technologieunternehmen selbst einzutreiben, indem sie nach dem Verursacherprinzip für die Missbrauchsaufsicht Gebühren zahlen. Dies ist bei anderen Gesetzen wie dem Digital Services Act (DSA) gängige Praxis und wurde beim DMA leider versäumt im Gesetz festzuschreiben. Wenn die EU-Kommission diese Idee der neuen Kommission ab Herbst als Arbeitsauftrag mitgibt, besteht die reelle Chance, dass der Vorschlag nach den Europawahlen umgesetzt wird.

Was braucht es zusätzlich, um die Macht der Digitalkonzerne zu begrenzen?

Der Digital Markets Act (DMA) ist ein wichtiger Baustein, um den Missbrauch der Macht durch Internetkonzerne zu verhindern. Um die jetzt schon zu große Machtkonzentration zu verringern, wären jedoch weitere Maßnahmen notwendig.

Eine solche strukturelle Maßnahme könnte die Zerschlagung von Unternehmen sein, beispielsweise die Herauslösung von Instagram aus dem Facebook-Konzern. Vor allem in den USA wird die Entflechtung der Digitalkonzerne schon seit Längerem intensiv diskutiert. Die Zerschlagung von marktbeherrschenden Konzernen ist dort nichts Neues – unter anderem in der Öl-, Eisenbahn- oder Telekommunikationsbranche hat es historisch solche Entflechtungen gegeben.

Auch ergänzende Maßnahmen zur Verhinderung neuer Unternehmens-Zusammenschlüsse können notwendig sein. Entweder braucht es die Stärkung der Fusionskontrolle innerhalb des DMA oder eine Reform der Fusionskontrolle im EU-Wettbewerbsrecht. In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass die EU-Kommission oder nationale Wettbewerbsbehörden brisante, monopolbildende Zusammenschlüsse oder Übernahmen bereits im Vorfeld effektiv unterbinden können.

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