Horst D. Deckert

Neue Studie stellt fossilen Ursprung von Öl und Gas infrage

Bisher gilt die Hypothese, dass Erdöl und Erdgas das Produkt von organischem fossilen Material seien. Doch eine neu veröffentlichte Studie stellt dies infrage. In Laborexperimenten stellten die Wissenschaftler fest, dass sich diese Kohlenwasserstoffe unter hohem Druck im Erdmantel bilden können.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie mit dem Titel „Genesis of Deep Abiogenic Hydrocarbon Systems“ stellt die weit verbreitete Annahme infrage, dass Erdöl und Erdgas ausschließlich aus fossilen Quellen stammen. Wissenschaftler um Vladimir G. Kutcherov vom schwedischen KTH Royal Institute of Technology präsentieren Belege für eine alternative Theorie zur Entstehung von Kohlenwasserstoffen tief im Erdinneren. Diese wird auch von anderen Wissenschaftlern (siehe hier) vertreten.

Die Forscher konnten in Laborexperimenten nachweisen, dass sich unter hohem Druck und extremen Temperaturen, wie sie in der Erdkruste und im oberen Erdmantel herrschen, Kohlenwasserstoffe bilden können. Bei Drücken zwischen 3 und 22 Gigapascal und Temperaturen bis 3000 Grad Celsius entstanden zunächst gasförmige Kohlenwasserstoffe mit bis zu 6 Kohlenstoffatomen. Ferner bildeten sich auch längere Kohlenstoffketten, die typisch für Erdöl sind.

Diese Ergebnisse unterstützen die sogenannte abiogene Theorie der Kohlenwasserstoffproduktion. Sie besagt, dass ein Großteil der Öl- und Gasvorkommen nicht aus organischem Material entstanden ist, sondern durch geologische Prozesse tief in der Erde gebildet wird.

Ein Schlüsselelement dieser Theorie sind die sogenannten Tiefenfluide – komplexe Flüssigkeitsgemische, die laut den Forschern als natürliches katalytisches System fungieren. Sie enthalten unter anderem Methan, Wasserstoff, Kohlendioxid und elementaren Schwefel. Letzterer spielt eine wichtige Rolle bei der Polymerisation von Kohlenwasserstoffen zu längeren Ketten.

Auch Metalle wie Vanadium sind an den Prozessen beteiligt und ermöglichen die Bildung von dickflüssigerem Erdöl mit längeren Kohlenstoffketten. Die Variabilität in der Zusammensetzung der Tiefenfluide erklärt laut den Wissenschaftlern die unterschiedlichen Eigenschaften von Erdöl- und Erdgasvorkommen.

Die Studie liefert eine mögliche Erklärung für Phänomene, die mit der klassischen Theorie fossiler Brennstoffe schwer vereinbar sind. Dazu gehören die Methanseen auf dem Saturnmond Titan sowie Berichte über Ölfelder, die sich scheinbar wieder auffüllen, nachdem sie als erschöpft galten.

Die Forscher betonen, dass ihre Ergebnisse weitreichende Implikationen für unser Verständnis der globalen Kohlenwasserstoffressourcen haben könnten. Wenn sich die Theorie bestätigt, wären die Öl- und Gasreserven möglicherweise deutlich größer als bisher angenommen.

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