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Selfie mit Höcke: 16-Jährigem wird Ausbildungsvertrag gekündigt

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Selfie mit Höcke: 16-Jährigem wird Ausbildungsvertrag gekündigt

Ein 16jähriger bekommt die Zusage für seinen Ausbildungsplatz, doch kurz vorm ersten Tag kündigt der Arbeitgeber. Aus politischen Gründen, wie er selber zugibt. Doch ist das überhaupt legal?

von Vincent Steinkohl

Vor vier Monaten bekommt Mio Trautner seine Zusage. Er hat seine Probearbeit gut gemacht und konnte auch im Bewerbungsgespräch überzeugen. Am Montag, den 2. September, beginnt die Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten. Doch dann kommt alles anders.

Am 27. August, also keine Woche vor dem zugesagten Einstieg, bekommen beide Elternteile des 16jährigen Post. Der Betrieb hält sich juristisch, formal und kurz. „Hiermit kündigen wir den mit Ihrem Sohn geschlossenen Berufsausbildungsvertrag vom 25.04.2024.“ Das Ganze wird noch vor Trautners erstem regulären Arbeitstag abgewickelt – „während der Probezeit mit sofortiger Wirkung“.

Weiter heißt es von der Kanzlei: „Auch wenn keine Verpflichtung zur Angabe von Gründen besteht, teilen wir Ihnen mit, daß Ihr Sohn wie uns jetzt bekannt geworden ist in der AfD/Jungen Alternative politisch tätig ist und unter anderem Fotos veröffentlicht, auf welchen er mit rechtsextremen Politikern abgebildet ist.“ Diese Organisationen vertreten nach Ansicht des Betriebs Ansichten, „welche nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“. Daher komme eine Ausbildung Trautners nicht in Betracht.

Ein Selfie dient als Argument

Der Betroffene gibt sich gegenüber der Redaktion fassungslos. „Ich hatte den Vertrag unterschrieben und wollte am Montag, den 2. September anfangen.“ Bei den im Kündigungsschreiben erwähnten „rechtsextremen Politikern“ handelt es sich vermutlich um AfD-Bundeschefin Alice Weidel und den Thüringer Landesparteichef Björn Höcke. Das Bild mit dem Thüringer Wahlsieger wurde bereits im Oktober 2023 auf dem öffentlich einsehbaren Instagram-Profil Trautners hochgeladen – lange vor dessen Bewerbung bei der Anwaltskanzlei.

Warum also kam Trautner erfolgreich durch die Bewerbungsrunden? Wer seinen Namen bei Google sucht, stößt sofort auf die Webseite der Jungen Alternative Baden-Württemberg sowie auf diverse politische Online-Auftritte des Minderjährigen. Wieso also konnte das passieren? Trautner ist ratlos, äußert aber einen Verdacht. Er habe bereits im Bewerbungsgespräch erwähnt, „politisch interessiert“ zu sein, ohne genauer zu werden. Die Sekretärin, mit der er das Gespräch geführt hat, habe nicht weiter nachgefragt, versichert Trautner gegenüber der JF.

Er hält den Zeitpunkt der Absage nicht für einen Zufall. In Deutschland ist es bei den meisten Ausbildungsbetrieben Usus, daß neue Azubis zum Jahresbeginn oder zum 1. September eingestellt werden – dieses Jahr am 2., weil der erste Tag des Monats auf einen Sonntag fiel. In den wenigen Tagen zwischen Kündigung und Beginn der Ausbildungsperiode, hat Trautner keine neue Stelle gefunden. Er vermutet absichtliche Schikane von Seiten des Betriebs.

Ex-Arbeitgeber bewegt sich auf juristisch dünnem Eis

Wie geht es jetzt weiter? „Ich wollte nicht juristisch dagegen vorgehen, weil ich keinen Rechtsschutz habe. Und klagen gegen eine Anwaltskanzlei, ist schwer“, schildert der Betroffene seine Situation. Inzwischen habe sich aber ein Anwalt bei ihm gemeldet mit dem Angebot, ihn kostenlos in der Sache zu vertreten. Der Jurist ist sich sicher, daß die Kündigung nicht rechtmäßig ist. Denn: Während der Probezeit dürfen Auszubildende und Angestellte jederzeit gekündigt werden – auch ohne Angabe von Gründen.

Aber: Aufgrund von politischer Meinung und Weltanschauung, solange diese legal ist, darf das nicht geschehen. Das widerspreche geltenden Antidiskriminierungsgesetzen, etwa dem Maßregelverbot nach Paragraph 612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Darin heißt es: „Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.“

Was sagt die Kanzlei?

Unklar ist jedoch, ob die Antidiskriminierungsgesetze für Arbeitnehmer auch gelten, wenn sie in angeblich rechtsextremen Organisationen wie der Jungen Alternative aktiv sind.

Das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers: Insgesamt sechs identische Briefe

Dazu kommt ein Manöver, das die Kanzlei bei der Entlassung gewählt hat. „Sie haben die Kündigung nicht nur einmal geschrieben“, erzählt der Geschädigte. „Sie haben dreimal meiner Mutter geschrieben und dreimal meinem Vater.“ Das wären sechs mutmaßlich rechtswidrige Kündigungen. Trautner muß gegen alle davon einzeln vorgehen.

Wie es dazu kam, daß auf mehrere Tage verteilt insgesamt sechs identische Briefe an zweimal dieselbe Adresse gehen konnten, ließ die Kanzlei – ebenso wie weitere Fragen zum Sachverhalt – gegenüber der Redaktion unbeantwortet.

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