Horst D. Deckert

Alles bricht zusammen, doch sie reden vom Klimaschutz

Der Ruin droht, doch keiner will es wahrhaben (Symbolbild:Shutterstock)

Für einen beträchtlichen Teil der Linken ist die Klimakrise Mittel zum Zweck, den Sozialismus zu reanimieren – diesmal nicht unter dem Vorwand der Befreiung ausgebeuteter Lohnabhängiger oder sozialer Gerechtigkeit auf Erden, sondern im Zeichen der Umwelt- und Planetenrettung. Das, worum es eigentlich geht, ist identisch: Anderen Wohlstand und Besitz wegzunehmen und sie umzuverteilen, unter planwirtschaftlicher Ägide eines Staates, der die Dinge als einziger vernünftig und fair regeln könne. Die Geschichte hat diesen Irrglauben mehrfach als monströse, blutige Lüge entlarvt – und doch ist er nicht totzukriegen, sondern er feiert in der Klimajugend und dem grünen Volkssturm fröhliche Wiederauferstehung.

Noch steht die politische Durchsetzung dieses verhängnisvollen Paradigmenwechsels ganz an ihrem Anfang. Trotzdem sind die Vorboten seiner katastrophalen Folgen bereits überall deutlich spürbar. Statt sie ernst- oder zumindest zur Kenntnis zu nehmen, wischt die Politik in Deutschland sie jedoch zur Seite, ignoriert oder bagatellisiert sie und verweigert sich arrogant der Realität; eine Haltung, die sich noch immer gerächt hat und auch diesmal einen hohen Preis fordern wird.

Während die grüne Basis, aber auch alle anderen etablierten Parteien in Annäherung an den Zukunftstrend der Stunde begeistert ins Hohelied des Klimaumbaus, der Energie- und Mobilitätswende, der großen Nachhaltigkeitstransformation einstimmen und unverdrossen in Richtung ideologisches Shangri-La streben, da kommen die Einschläge der Wirklichkeit immer näher. Und keinen scheint es zu interessieren. Stets auf Dissoziation und Dekontextualisierung bedachte Medien sorgen mit Eifer dafür, dass niemand eins und eins zusammenzählt, dass Krisenwahrnehmung und Mustererkennung getrübt und Warnzeichen im Gesamtbild unentdeckt bleiben, damit sich ja keine Zweifel in die Euphorie mischen. Wer will schon der Party-Pooper im fröhlichen nachhaltig-erneuebaren Klimawolkenkuckucksheim sein?

Auf ins ideologische Shangri-La

Wie schon im Wahlkampf, werden die realen, beinharten, akuten und ganz konkreten Begleiterscheinungen einer Krise, die im Gegensatz zur Klimaschimäre längst real da ist, einfach ausgeblendet und finden schlicht nicht statt. Die Einschläge kommen näher – und damit unweigerlich auch der Moment, da ihre hartnäckigen Verleugner mit der Krise konfrontiert werden. Und diese Krise manifestiert sich immer bedrohlicher, in immer mehr Alltagsbereichen.

Zum Beispiel in einem Baustelleninfarkt, in einer maroden Infrastruktur, in einem Staatsversagen, das Menschenleben aufs Spiel setzt – egal ob es um einsturzgefährdete Brücken oder nicht weitergeleitete Hochwasserwarnungen geht. Erst heute fiel in mehreren Regionen Deutschlands wieder einmal teilweise der Notruf ausgefallen; betroffen waren die Nummern 110 und/oder 112. Unter anderem meldete die Feuerwehr in Stadt und Landkreis Kassel eine Störung des Notrufs 112 in Teilen des Mobilfunknetzes. Per Festnetz war die Nummer offenbar erreichbar.

Auch in der Stadt Regensburg und den Landkreisen Cham, Neumarkt in der Oberpfalz und Regensburg war der Notruf 112 teilweise nicht erreichbar, so „dts“. In Sachsen-Anhalt war der Bereich Magdeburg sowie die Landkreise Harz, Börde und Salzlandkreis von einem Ausfall des Notrufs 110 betroffen. Auch in den Kreisen Lippe, Paderborn, Soest sowie Unna in Nordrhein-Westfalen war die Erreichbarkeit der Notrufnummern 112 und 110 ebenfalls teilweise eingeschränkt.

Die Krise offenbart sich auch in einer astronomischen Verschuldung des öffentlichen Gesamthaushalts, die zum Ende des ersten Halbjahres 2021 2,252 Billionen Euro betrug, entsprechend einer Pro-Kopf-Verschuldung von 27.090 Euro, wie das Statistische Bundesamt heute Mittwoch bekanntgab; alleine in den ersten sechs Monaten seit Jahresbeginn nahm sie um 3,6 Prozent – entsprechend 78,9 Milliarden Euro – zu.

Ebenfalls offenbart sie sich im grassierenden Materialmangel der deutschen Industrie, der sich immer weiter verschärft. 77,4 Prozent der Industriefirmen in Deutschland klagten im September laut ifo-Umfrage über Engpässe und Probleme bei Vorprodukten und Rohstoffen. Vor allem die Autoindustrie ist extrem betroffen, hier klagen 97 Prozent aller Firmen über Engpässe. Auch die Elektroindustrie mit 93 Prozent, der Maschinenbau (89 Prozent) und die Chemische Industrie (67 Prozent) leiden an Beschaffungsmängeln – ohne Absicht auf Besserung. Die Folge ist ein massiver weiterer Preisanstieg.

Inflation, Materialmangel, Energiekrise

Die Krise kommt ferner in Form explodierender Importpreise daher, die im August 2021 um 16,5 Prozent höher ausfielen als im Vorjahresmonat. Eine krassere Vorjahresveränderung hat es seit 40 Jahren nicht gegeben (und damals war sie durch die absolute Ausnahmesituation der Zweiten Ölkrise bedingt). Besonders die seit Juli 2020 stark gestiegenen Preise für Erdgas tragen zum Preisanstieg be: Im August 2021 lagen sie um 177,5 Prozent höher als vor einem Jahr. Hier rächt sich die einseitige, durch Nord-Stream 2 vergrößerte Abhängigkeit von russischen Erdgasimporten. Steigende Sprit- und Heizkosten machen die Deutschen immer ärmer. Den meisten werden die Augen Wasser geben, wenn sie am eigenen Geldbeutel die fahrlässige Gefährdung der Versorgungssicherheit realisieren müssen.

Vor allem im Energiesektor schlägt die Krise voll durch, und es wird bereits ernst; die stark gestiegenen Gaspreise haben erste Konsequenzen auf dem deutschen Markt: Die in Niedersachsen ansässige Deutsche Energiepool kündigt jetzt die Lieferverträge mit ihren Kunden. Zwar stelle der Konzern sicher, dass es „zu keiner Unterbrechung der Energieversorgung“ komme, doch künftig wolle man sich eher „auf Dienstleistungen im Energiesektor zu konzentrieren“; zu unsicher ist die Preisentwicklung und damit die Verfügbarkeit der vertraglich zu liefernden Mengen zu vertretbaren Preisen geworden. Das Problem zweifelhafter Planungsicherheit steht auch für Branchengrößen wie E.on im Vordergrund ihres Energieeinkaufs: Eon-Energie-Manager erklärt laut „n-tv„: „Wir kaufen die benötigten Energiemengen langfristig und vorausschauend ein, um genau solche Preisspitzen, wie wir sie derzeit erleben, im Sinne unserer Kunden zu vermeiden.“ Eine Dauerlösung ist dies allerdings nicht, sollten die Preise weiter durch die Decke gehen.

Auch im Stromsektor gehen die Versorgung inzwischen offenbar von worst-case-Szenarien aus – und bereiten sich für den immer wahrscheinlicher werdenden Fall künftiger wiederkehrender Blackouts vor. Wenn tatsächlich in einigen Jahren durch zunehmende Mengen an E-Autos Ladeengpässe bestehen, gehen die Lichter aus. So testen einzelne Energieversorger schonmal die Katastrophe. Letzte Nacht simulierte die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft einen Ernstfall – und testete ihre Dorstener Notstromanlage. Mit dem Ergebnis, dass die Stromkunden in Oberhausen testbedingt vom Netz abgehängt wurden. Mancheiner vermutet hier, dass die Bürger schonmal behutsam an eine neue Realität von Dauer-Blackouts herangeführt werden solle.

Testlauf mit Blackouts

Statt auf einen tragfähigen Ideologiemix zu setzen, der etwa auch den Gedanken an eine Wiedereinführung der zwischenzeitlich um Technikgenerationen weiterentwickelten, effizienter und sicherer gewordenen Atomenergie beinhaltet, wird ideologisch verboten und verengt. Zu Wort kommen weiterhin vor allem solche „Experten“, die als Lobbyisten der jahrzehntelangen EEG-Profiteure und „Erneuerbaren“ auftreten; etwa vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) oder vom Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), denen nicht schmeckt, dass als Folge der winterlichen Flaute die Stromversorgung zunehmend wieder auf verlässlichere Grundlastgaranten – fossile Energieträger und importierten Atomstrom –  verlagert wurde.

Mit der Folge, dass der Anteil nachhaltiger Energieträger sinkt – was im Interesse der Versorgungssicherung der Bürger absolut sinnvoll und notwendig ist. „Die Energiewende muss wieder ganz oben auf der To-do-Liste der neuen Bundesregierung stehen„, fordert Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, ausdrücklich mit Blick auf die beginnenden Koalitionssondierungen: Ein klarer Hint in Richtung Grüne, die es in Berlin wieder „richten“ sollen, damit das Geschäftsmodell trotz „Flaute“ weiterbesteht.

Doch nicht nur an im privaten und unternehmerischen Stromverbrauch, auch an den Tankstellen drohen Engpässe und Ausfälle. Aktuell steigen die Spritpreise von Allzeithoch zu Allzeithoch. Künstlich akzeleriert wird diese Entwicklung durch politische Zuschläge wie der CO2-Preis. Millionären wie VW-Vorstandschef Herbert Diess ist dieser immer noch zu niedrig; dessen voll auf Steuersubventionen und künstliche Nachfragesteuerung durch die Politik ausgerichtete Produktpolitik kann den Umstieg auf Elektrofahrzeuge auch trotz fehlender Infrastruktur und Ladekapazitäten gar nicht abwarten. Und während sich die konformistische Journaille hierzulande mit hämischen Berichten über die Energiekrise in Großbritannien Satisfaktion verschafft, indem sie diese einseitig und verkürzt als eine Art Gottesstrafe für den Brexit trivialisiert (obwohl die durch den Brexit bedingten Faktoren, vor allem Fernfahrermangel, ein lösbares Übergangsproblem darstellen und nur zum Teil ursächlich für die Spritengpässe sind), vergessen sie völlig, dass die Deutschen letztlich ebenso Opfer einer wirtschaftsgefährdenden Energiekrise zu werden drohen.

Schatten der Ökoplanwirtschaft

Während die Grünen bereits in ihren Vorsondierungen versuchen, einen nochmals vorgezogenen Kohle- und Verbrennungsmotorausstieg zum Erreichen phantastisch-abstruser Klimaziele im künftigen Koalitionsvertrag zu fixieren, wirft die Ökoplanwirtschaft bereits ihre Schatten übers Land – und keinen scheint es zu jucken: Nur zwei Tage nach der Bundestagswahl erfuhren gestern 1.000 Mitarbeiter der Diepersdorfer Bolta-Werke, Automobilzulieferer und einer der größten Arbeitgeber der im Raum Nürnberg, dass ihr Unternehmen insolvent ist. Die einzige realistische Einordnung dieser Hiobsnachricht kam leider wieder einmal von der AfD: „Solche Schlagzeilen werden sich zukünftig mehren… die Bolta-Werke werden nicht das letzte Opfer einer Politik sein, die sich gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland richtet und den Menschen ihre Existenzgrundlage nach und nach nimmt„, so Fraktionschefin Alice Weidel.

Menschen werden arbeitslos, können sich die Heizung nicht mehr leisten, der Strom ist bereits der teuerste der Welt und kommt künftig keinesfalls mehr so sicher aus der Steckdose, wie wir dies zeitlebens kannten. Sie wissen nicht, was ihr Geld morgen noch wert sein wird, ob sie ihre Autos noch betanken oder überhaupt noch fahren dürfen. Die ganze Welt stürzt ins Chaos, die Sorgen und Nöte werden großen – doch die deutsche Politik zieht sich in den Elfenbeinturm zurück und sorgt sich um hypothetische Klimaziele und globale Durchschnittstemperaturen, auf Zehntelgrade, genau im Jahr 2050 oder 2100.

Der Aufschlag auf dem Boden der Tatsachen wird gewaltig sein.

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