Horst D. Deckert

Ampel-Koalitionsvertrag: Wünschdirwas im Wolkenkuckucksheim

Es ist angerichtet: Ampel-Koalitionsvertrag (Foto:Imago)

Die heute vorgestellte Ampel-Einigung für das künftige Regierungsprogramm beinhaltet wenige Überraschungen, bestätigt hingegen alle Befürchtungen. Eine Handschrift der Liberalen ist darin so gut wie nicht mehr erkennbar: Wie bei jeder echten Ampel ist die Gelbphase auch hier nur verschwindend kurz, allenfalls blinkt es kurz zwischen Rot und Grün; so kurz, dass man – wie ja auch bei den meisten Ampeln der Fall – auf Gelb ebensogut verzichten kann.

Dafür ist der neue Vertrag, an dem sagenhafte 300 Unterhändler nun wochenlang herumdokterten, ein veritables Stelldichein der Freiheitsfeinde. Was besonders auffällt: Dieses Regierungsprogramm liest sich wie ein allumfassendes Wünsch-dir-was, wie ein Forderungskatalog und nicht wie ein konkreter Handlungsplan. Genau letzteres aber müsste ein Koalitionsvertrag eigentlich sein. Weil vor allem bei den Grünen nicht Delegierte, sondern die Basis alles absegnen muss, was hier im stillen Kämmerlein zusammengeschustert wird, finden sich hier statt konkreter Aussagen vor allem PR- und Werbeclaims, statt realpolitischer Zielsetzungen wolkige Slogans, statt belastbarer Inhalte vor allem Absichtserklärungen. Es ist ein linksgrünes Phrasen-Ikebana nach der Devise: Sand in die Augen streuen, Phrasen dreschen, Gegenteilbegriffe apostrophieren.

So erfährt der Bürger zwar, dass das neue Bündnis die „großen gesellschaftlichen Herausforderungen der 2020er Jahre“ angehen will – doch wie genau dies vonstatten geht und was sich hinter dieser Generalklausel verbirgt, bleibt im Dunkeln. Da ist die Rede davon, der „Zusammenhalt der Gesellschaft” müsse gestärkt werden – als gäbe es einen solchen überhaupt noch. Im Gegenteil: Mit ihrer Offenheit für Impfpflicht und weiteren Zwangsmaßnahmen – künftig auch ganz ohne „epidemische Notlage” – schafft die Ampel die günstigsten Voraussetzungen für eine weitere Vertiefung der Gräben, für die Fortsetzung von Spaltung und Gefährdung des sozialen Friedens. Dass fortan ein „dauerhafter Krisenstab” (!) in Olaf Scholzens Kanzleramt etabliert werden soll, deutet ebenfalls darauf hin, dass die krankmachende Dauerpanik den Alltag der Deutschen auch in den nächsten Jahren dominieren wird.

Vertiefung der Gräben

Weiterhin verheißt der Ampel-Vertrag eine „Politik, die das Leben der Menschen ganz konkret besser macht und Sicherheit im Wandel bietet“. Auch hier gilt jedoch: Action speaks louder than words. Machen, nicht schwadronieren! Die bloße Erwähnung der Platitüden, dass Politik die Lebensumstände der Menschen selbstverständlich besser, nicht schlechter machen soll, verweist darauf, worum es hier geht: Man will das genaue Gegenteil kaschieren, für das nämlich besagter „Wandel“ sorgen wird. „Deutschland soll bis 2045 klimaneutral gemacht werden“, heißt es. Ein passend gewähltes Datum – wenn alles glatt läuft, liegt das Land dann wieder ähnlich in Trümmern wie genau 100 Jahre zuvor.

Auch die sonstigen Eckpunkte lesen sich nebulös: „Bezahlbares Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit“, „zukunftssicher” wolle man Deutschland machen, Digitalisierung wird wieder mal versprochen und, selbstverständlich, sichere Renten. Wenig Überraschungen in den Versprechen, auf die wohl ebenso wenig Überraschungen bei deren absehbarem Bruch folgen werden. Aber Hauptsache, es hört sich gut an. Immer klingt es saugut. Konsens in den Zielen ist vorprogrammiert, wer wollte sich dagegen wenden? Zukunft, Sicherheit, Wohlstand – wer wollte etwas dagegen haben? „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich” nannte sich einmal ein Gesetz von 1933. Auch das klang damals saugut. Dahinter verbarg sich das Ermächtigungsgesetz.

Es klingt immer saugut

Dieser Ampel-Vertrag – den „Bild“ heute Nachmittag vorab veröffentlichte – ist eine Zumutung. Denn: Eine Regierung ist kein Soziologen-Workshop, keine Fridays-for-Future-Jugendfreizeit, kein Wunschbrunnen. Sie ist die Institution, die nicht zu fordern hat, sondern entscheidet. Das haben die Ampler wohl vergessen.

Und was die Leitlinien dieses Programms anlangt – sozialistischer Klima-Gesellschaftsumbau, „flexible“ Haushaltspolitik, Akzeptanz weiterer Geldentwertung und Hinnahme inflationärer Brandbeschleuniger -, so lässt sich nüchtern festhalten: Die Linken sind am Ziel, wieder einmal. Und diesmal, im zweiten Anlauf nach 1998 bis 2005, als die Zeit für Ideologie noch nicht reif war, verwandeln sie Deutschland jetzt endgültig in ein gesellschaftliches Versuchslabor. Und wieder dient die FDP hierbei als Steigbügelhalter, abgespeist mit der Lebenstraumerfüllung ihres Vorsitzenden, sich als künftiger „Vize vom Vize“ Habeck und Finanzminister Wichtigkeit einzureden, die de facto nicht vorhanden ist.

Hier soll nicht für die Menschen regiert werden, sondern sie sollen erzogen. Das Volk soll schrittweise „optimiert” werden nach dem Ebenbild jener, die politisches Engagement nicht als Dienst am Gemeinwesen begreifen, sondern als Weltverbesserung und Utopieverwirklichung. Wie dergleichen immer schon geendet hat und auch diesmal enden wird: Dafür bietet die Geschichte des 20. Jahrhunderts leider genügend diverse Beispiele.

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