Horst D. Deckert

Anomale ozeanische Anomalien

Willis Eschenbach

Nach drei ungewöhnlichen La Nina-Jahren mit niedrigeren Meerestemperaturen in Folge sind die Alarmisten in heller Aufregung über dieselben, da wir uns El Nino Bedingungen nähern. Wir hören Behauptungen wie diese:

Die Weltmeere sind im Moment so heiß, dass Wissenschaftler auf der ganzen Welt um eine Erklärung für dieses Phänomen ringen. Die Meerestemperaturen im Juni liegen so weit über den Rekordwerten, dass es in einem Klima ohne globale Erwärmung statistisch gesehen fast unmöglich ist.

Diese überzogenen Behauptungen werden in der Regel von Grafiken wie dieser begleitet:

Abbildung 1. Der Titel sagt alles.

YIKES! Das Thermageddon steht vor der Tür! Habt große Angst!! …

Also… was kann man daran nicht mögen? Nun, zunächst einmal haben sie die in der Nähe der Pole liegenden kälteren Gebiete des Ozeans ausgelassen. Das ist Rosinenpickerei, um eine Erwärmung zu übertreiben. Aber das ist nur der Anfang.

Diejenigen, die meine Arbeit lesen wissen, dass ich den Zahlen im Allgemeinen nicht traue, bevor ich sie selbst überprüft habe. Also habe ich mir ihre Datenquelle angesehen. Die von ihnen verwendeten Daten sind die NOAA Optimum Interpolation Sea Surface Temperature (OISST) Daten. Von der OISST-Website:

„Die NOAA 1/4° tägliche optimale Interpolation der Meerestemperatur (OISST) ist ein langfristiger Klimadatensatz, der Beobachtungen von verschiedenen Plattformen (Satelliten, Schiffen, Bojen und Argo-Bojen) in ein regelmäßiges globales Gitter einbezieht. Der Datensatz wird interpoliert, um Lücken im Gitter zu füllen und eine räumlich vollständige Karte der Meerestemperatur zu erstellen. Satelliten- und Schiffsbeobachtungen werden auf Bojen bezogen, um Plattformunterschiede und Sensorverzerrungen auszugleichen“.

Das Herunterladen der Daten hat eine Weile gedauert. Es handelt sich um 15.259 Dateien, eine für jeden Tag, jede 1,7 Megabyte, insgesamt etwa 26 Gigabyte… ein großer Spaß.

Nachdem ich alles heruntergeladen hatte, habe ich die täglichen Werte grafisch aufbereitet. Aber nicht die oben gezeigten Anomaliewerte. Ich habe die tatsächlichen Tageswerte der Meerestemperatur (SST) des gesamten Ozeans grafisch dargestellt, um zu sehen, wie sich die SST tatsächlich verhält:

Abbildung 2. OISST-Meerestemperaturen (SST) für den globalen Ozean.

In Abbildung 2 sind einige Dinge erwähnenswert:

● Man erkennt die Spitzen der vorangegangenen El Ninos 1998-99, 2010-11, 2016-17 und des sich derzeit entwickelnden El Nino.

● Wie bei natürlichen Datensätzen üblich, ändert sich das Bild in Schüben: eine Zeit lang wird es wärmer, dann kühlt es ab, dann wird es etwas wärmer, dann kühlt es wieder ab …

● Sie können die jüngsten kühlen La-Nina-Jahre kurz vor dem Höchststand von 2023 sehen

● Der Temperaturhöchststand wurde am 2. April 2023 erreicht, und die Temperatur ist seither um etwa ein Viertel Grad gesunken.

Und schließlich, liegt dies „weit über dem Rekordniveau“, wie die Leute behaupten?

Nun … mit einem Wort: nein. Die Temperatur vom 2. April ist 0,04 °C höher als der bisherige Rekord aus dem Jahr 2016.

Vier Hundertstel eines Grades

(Und wenn wir nur den ausgewählten Ozean von 60°N bis 60° Süd betrachten [nicht gezeigt], sind es satte 0,06°C …)

Zum Vergleich: Jeder, der schon einmal einen Berg bestiegen hat weiß, dass es mit zunehmender Höhe kühler wird. Diese Abkühlung wird als „adiabatisches Temperaturgefälle“ bezeichnet. Im Allgemeinen kühlt [sich trockene] Luft pro 100 Höhenmeter um etwa 1 °C ab.

In menschlichen Maßstäben sind 0,04 °C etwa so viel Erwärmung, wie wenn man in einem Gebäude vom zweiten in den ersten Stock geht … mit anderen Worten, ohne ein sehr teures Thermometer ist dies nicht einmal feststellbar.

Es stellt sich natürlich die Frage: Warum gibt es einen solchen Unterschied zwischen den Abbildungen 1 und 2?

Der Grund ist einfach. Die Erwärmung im Jahr 2023 findet früher im Jahr statt. Die Temperatur ist nicht ungewöhnlich hoch. Es ist ungewöhnlich früh, was nicht überraschend ist, da wir gerade einige Jahre mit La Nina (niedrigen) Temperaturen hinter uns haben.

Und das ist der Grund, warum die Verwendung von Anomalien anstelle von tatsächlichen Werten zwar in einigen Situationen nützlich ist, in anderen Situationen aber in die Irre führen kann.

Weiter geht es mit der Hyperventilation im Nordatlantik. Hier sind die SST-Anomalien für diesen Teil des Ozeans:

Abbildung 3. Wie in Abbildung 1, aber nur für den Nordatlantik.

Auch hier sieht es nach einem drohenden Thermageddon aus … aber hier sind die tatsächlichen Temperaturen des Nordatlantiks:

Abbildung 4. OISST-Meerestemperaturen (SST) für den Nordatlantik.

Im Gegensatz zum globalen Ozean gibt es hier, da es sich nur um die nördliche Hemisphäre handelt, ein starkes jährliches Signal.

Und auch bei den Höchsttemperaturen gibt es nichts Außergewöhnliches. Tatsächlich sind die Höchsttemperaturen im Nordatlantik seit 2010 ziemlich konstant geblieben. Das Einzige, was passiert ist, dass sich der Nordatlantik, wie auch der globale Ozean, in diesem Jahr früher erwärmt als üblich.

TL;DR-Version?

Das Thermageddon-Festival 2023 wird abgesagt, und die Eintrittskarten werden nicht zurückerstattet.

Link: https://wattsupwiththat.com/2023/06/14/anomalous-anomalies/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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