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Auf der Suche nach Hitler – Alte und neue Spuren eines Untoten
Brachte sich der NS-Diktator wirklich 1945 im Führerbunker um – oder konnte er nach Südamerika entkommen? Letzteres geistert schon seit Jahrzehnten durch die Medienlandschaft – und erlebte unlängst ein überraschendes Revival.
Argentiniens Präsident Javier Milei hat angekündigt, alle Akten über NS-Täter, die ab 1945 in sein Land geflohen sind, demnächst freizugeben. Dabei soll es sich vor allem um Dokumente handeln, die sich auf die Finanzierung der sogenannten Rattenlinien (siehe Seite 45–47) beziehen. Die bevorstehende Deklassifizierung elektrisiert nicht nur Historiker, sondern beflügelt auch eine Theorie, die schon wenige Jahre nach Kriegsende aufkam: Was, wenn Adolf Hitler 1945 nach Südamerika entkommen wäre? Und was, wenn die Akten Informationen darüber enthielten?

Das dachte sich wohl auch Ex-Tennisprofi Boris Becker, der am 2. April auf der Plattform X einen Post teilte, der genau diese Behauptung aufstellte – inklusive Verweis auf eine CIA-Geheimakte. Der 57-jährige Wimbledon-Sieger kommentierte den Beitrag mit den Worten: «Wow… Was stimmt mit all den Filmen nicht, die behaupten, Hitler sei in Deutschland und Österreich {sic!} gestorben.» Historiker und Medien fielen über den ehemaligen Sportler her, der Post war nach wenigen Stunden wieder verschwunden, und Becker schickte seinen Anwalt Christian-Oliver Moser los, um die Wogen zu glätten. «Soweit sein Tweet missverstanden wurde, bedauert er dies und hat diesen deshalb sofort gelöscht», so der Jurist gegenüber der Bild-Zeitung. Sein Mandant habe nur seiner Verwunderung Ausdruck verliehen.
Angebliche Augenzeugen
In besagtem CIA-Dokument von 1955 (Freigabe: 2017) behauptet ein ehemaliger SS-Mann namens Phillip Citroen, dass er Hitler – der sich Adolf Schüttelmayer genannt habe – nach dem Zweiten Weltkrieg regelmäßig in Kolumbien getroffen haben will, bevor der Diktator nach Argentinien weitergezogen sei. «Er fühlte sich in Kolumbien nicht sicher genug», so der Informant, der damals in Tunja, einer abgelegenen Stadt in den kolumbianischen Anden, lebte. Citroen prahlte sogar mit einem grobkörnigen Foto, das angeblich ihn und Hitler zeigen soll. Die Gesichter sind allerdings unscharf, und es gibt keine klaren Merkmale, die eine Identifikation zweifelsfrei ermöglichen. «Es könnte jeder sein», so ein CIA-Analyst, der zu dem Schluss kam, dass die Behauptungen «ohne zusätzliche Beweise nicht ernst zu nehmen sind». Dementsprechend stufte man die Aussagen als «nicht verifizierbar» ein.
Dem US-Geheimdienst wurden in den Nachkriegsjahren hunderte ähnliche Berichte zugetragen. CIA-Direktor Allen Dulles meinte jedoch, dass «die Wahrscheinlichkeit, dass Hitler lebt, verschwindend gering» sei – eine Einschätzung, die auf sowjetischen Berichten basierte, nach denen die Leiche des NS-Führers bei der Eroberung Berlins gefunden und nach Moskau verbracht worden sei. 2009 kam allerdings durch eine DNA-Analyse eines Schädelfragments heraus, dass es von einer Frau stammte – ein Befund, der die Zweifel an Hitlers Tod im Führerbunker weiter nährte.
Im Jahr 2006 veröffentlichte der US-Autor Harry Cooper sein Buch Hitler in Argentina, das die Fluchtthese untermauern sollte. Cooper stützte sich auf Berichte von deutschen U-Boot-Besatzungen, die nach Kriegsende in Argentinien auftauchten, sowie auf angebliche Augenzeugen, die den Diktator in Patagonien gesehen haben wollten. 2010 legte der Amerikaner mit Escape from the Bunker nach: In dem Buch beschreibt er, wie Hitler mit Hilfe der deutschen Marine entkommen sei, und fokussiert sich dabei auf U-977 und U-530, die im Sommer 1945 – also erst Monate nach Ende der Kampfhandlungen – im Rio de la Plata einliefen, um zu kapitulierten. U-977 unter dem Kommando von Oberleutnant zur See Heinz Schäffer hatte eine 66-tägige Reise unter Wasser hinter sich, was technisch beeindruckend war und Gerüchte über eine geheime Mission aufkommen ließ. Schäffer selbst erklärte später, er habe lediglich versucht, der Gefangenschaft zu entgehen, doch Cooper sieht dies als Vorwand an. Er zitiert in seinem Buch einen argentinischen Fischer, der «einen Mann mit deutschem Akzent und Schnurrbart» an Bord gesehen haben will.

Eine weitere Variante kam 2011 hinzu. Damals erschienen das Buch und die Doku-Serie Grey Wolf: The Escape of Adolf Hitler von Gerrard Williams und Simon Dunstan, die behaupten, Hitler und seine Frau Eva Braun hätten 1945 den Führerbunker mit Hilfe von Doppelgängern verlassen, die an ihrer Stelle getötet und verbrannt worden seien – eine Täuschung, die die sowjetischen Truppen irregeführt habe. Die Flucht der Eheleute sei zunächst per Flugzeug nach Spanien oder Dänemark und dann mit einem U-Boot nach Argentinien erfolgt. «Wir haben Beweise von Einheimischen, die einen Mann mit Hitlers Merkmalen in den 1950er Jahren sahen», erklärt Williams in seiner Doku. Dazu zählen Fotos eines älteren Mannes mit Schnurrbart und Berichte über deutsche Siedlungen in Patagonien.
Tunnelsystem als «Nazi-Versteck«

Das größte Aufsehen erregte allerdings die Dokumentarserie Hunting Hitler (2015–2018) des History Channel. Die Macher behaupten, Hitler sei nach Kolumbien geflüchtet und habe dort ein «Viertes Reich» geplant. Dabei stützen sie sich auf 2014 freigegebene FBI-Dokumente, unter anderem ein Memo von FBI-Chef J. Edgar Hoover vom 21. September 1945, in dem es heißt: «Es gibt keine definitive Bestätigung, dass Hitler tot ist.» Die Akten dokumentieren zahlreiche unbestätigte Hinweise von Informanten, die den Diktator in Argentinien, Brasilien oder Kolumbien gesehen haben wollten. Ein Bericht beschreibt einen Mann mit «deutschem Akzent» in einer abgelegenen Gegend Kolumbiens, ein anderer erwähnt eine Sichtung in einem Café in Buenos Aires – doch keiner dieser Hinweise wurde verifiziert.
Das Film-Team fand unter anderem verlassene Bunkern in Patagonien, ein unterirdisches Versteck auf den Kanarischen Inseln und eine U-Boot-Anlegestelle in Argentinien. Besonders spektakulär war die Entdeckung eines Tunnelsystems in der Provinz Misiones, das als Nazi-Versteck deklariert wird. Allerdings konnte keine dieser Entdeckungen eindeutig mit Hitler verknüpft werden. Die Mannschaft von Hunting Hitler bestand aus namhaften Persönlichkeiten: CIA-Veteran Bob Baer nutzte Asset-Mapping, um Hitlers angebliches Netzwerk zu analysieren; Tim Kennedy, ein ehemaliger Special-Forces-Soldat, leitete physische Erkundungen, etwa Tauchgänge nach U-Boot-Wracks; Gerrard Williams brachte seine Grey-Wolf-Expertise ein. Zunächst beteiligt war auch der Historiker James Holland, der sich jedoch später von der Dokureihe distanzierte und sie 2016 gegenüber dem britischen Guardian als «Unsinn» bezeichnete. Zu einem ähnlichen Schluss kam der Geschichtswissenschaftler Norman Goda. «Die Serie ist Unterhaltung, keine Wissenschaft», schrieb er 2017 im Journal of Modern History.
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