Horst D. Deckert

Auf Schmusekurs mit den Mächtigen

«Die vierte Macht im Land sind die Medien. Sie sorgen für Checks und Ausgleich. Besonders die Boulevard-Zeitungen: Wenn diese auf den Putz hauen, zittert die Elite.» So bringt es das Online-Portal In$ide Paradeplatz in einem Artikel auf den Punkt. Und schränkt gleich ein: «Theoretisch. In der Schweiz steht die Nummer 1 der Yellowpress, der Blick, unter dem Kommando von Marc Walder. Der CEO und Miteigentümer des Ringier-Konzerns dominiert weitgehend.»

Dies führe zu bemerkenswerten Entwicklungen. So gälten Blick und SonntagsBlick «als Frontrunner im Lager jener Stimmen, die Covid besonders gefährlich und die Impfung für alle unerlässlich finden», schreibt Journalist Lukas Hässig. Zu nah dran an den Mächtigen aus Regierung und Wirtschaft? Die Ringier-Postillen als Sprachrohr von Berset und Co? Zweifellos. Nicht von ungefähr schwor Walder die Ringier-Redaktionsleitungen vor knapp zwei Jahren auf Regierungskurs ein.

Walders geradezu krankhafter Hang nach Nähe zu Persönlichkeiten mit Macht und Einfluss wird offenkundig bei dessen Schmusekurs mit Alain Berset. In der Erstausgabe des von Walder neugegründeten Hefts «Interview by Ringier», geleitet unter anderem von seiner Ehefrau Susanne, ist der Gesundheitsminister ganz prominent mit drin, mit Hut und sorgenvollem Blick, in inszenierten Bildern und langem Gespräch. Die Regierung wird Walders Schosshündchen-Kurs hoffentlich wohl vergelten mit opulenten Ausschüttungen aus der Staatskasse für die Medien, neues Mediengesetz sei Dank.

Allerdings hat darüber am 13. Februar das Schweizer Stimmvolk das letzte Wort. Ob dieses Verbandelungen wie die von Walder und Co. gouttiert, ist allerdings mehr als fragwürdig. Kommt dazu, dass Marc Walder auch eine grosse Nähe zu Pierin Vincenz pflegte. «Der Verlags-Manager und der Spitzen-Banker waren ein Herz und eine Seele», schreibt Lukas Hässig in einem weiteren Artikel auf In$ide Paradeplatz. Was Walder dank dem mittlerweile tief gefallen Big Banker damals flotte Deals ermöglichte.

Mittlerweile ist eine solche Verbindung natürlich nicht mehr opportun. So scheute sich der Sonntagsblick sich am vergangenen Wochenende nicht mehr, gegen den ehemals gehätschelten Schützling Vicenz nun kräftig Tritte auszuteilen. Der Janus-köpfige Trickser Pierin Vincenz muss mit einer schweren Verurteilung rechnen. Sein Prozess hat die vergangenen Tage begonnen, es gilt die Unschuldsvermutung. Einmal mehr ist fraglich, ob Walders obskure Verbandelungen hüben und drüben einer Stimmung zugunsten des Mediengesetzes vor der Abstimmung am 13. Februar förderlich sind.

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