
Ein bizarres Ereignis liefert Szenen des Grauens: Gerade tagte in Mannheim die Südwest-CDU, die einst zu den starken Säulen des konservativen Lagers in Deutschland gehörte. Es erinnerte an die Nacht der reitenden Leichen. Irgendeine Frau soll sich für den Vorstand beworben haben – und dies mit dem Hinweis, dass sie jetzt Friedrich Merz bei dessen Kandidatur für den Vorsitz der Bundespartei unterstützen würde. Atmosphärisch hat dieser trostlose Haufen wohl in einem abgedunkelten Saal mit abgeschalteter Klimanlage getagt. Beim Merz-Wort hat nur ein einziges (!) CDU-Mitglied kurz gewagt zu klatschen – und ist dann, mangels anderer „mutiger“ Hände und aufgrund wohl zahlreicher bitterböser Blicke, sofort wieder zurückgeschreckt. Friedhofsruhe. Schweigen. Stille. Sowas liest man in der lokalen Presse des Ländles.
Was die CDU in ihrem früherer Stammland Baden-Württemberg zeigt, und längst nicht nur dort, ist mehr als ein Trauerspiel. Es lässt einen am Verstand der Mitmenschen verzweifeln. Was hier von Angela Merkel angerichtet und in 16 Jahren gnadenlos vollstreckt wurde, hat etwas Einmaliges, Entrücktes, zutiefst Absurdes. Dieser Landesparteitag fand im Vorhof der Hölle statt: Die Partei hat fertig. Aber gründlich. Geradezu entsetzt zeigt sich – überraschenderweise – auch die „Süddeutsche Zeitung“ nach diesem Totentanz: Die erinnert schonungslos an die verkrachte Bilanz von CDU-Landeschef Thomas Strobl im Schatten der Merkeljahre und zeigt sich ebenso irritiert darüber, dass dieser verelendete Haufen Schäuble-Schwiegersohn Strobl für weitere zwei Jahre zum Vorsitzenden gewählt hat – wenn auch nur mit schlappen 66,5 Prozent. Der Mann, der mangels Erfolgsaussicht wohl von keiner Rhetorikschule je aufgenommen würde, darf als oberster Langweiler nun weitermachen. Gähn!
Strobls Kungeltruppe
Strobl ist seit 16 Jahren, seit dem denkwürdigen Jahr von Merkels Amtsantritt, Vorsitzender der CDU Baden-Württemberg; aber weiß das eigentlich überhaupt jemand jenseits von Schwarzwald und Stuttgart? Kein Mensch kennt diesen umcharismatischen Union-Landesfürsten außerhalb, im Bund spielt er fast keine Rolle. Dafür dilettiert er vorbildlich im Lände: 2011 krachte seine allzu selbstgefällig gewordene Kungeltruppe selbstverschuldet gegen die Wand – und machte, ungewollt, den Weg frei für Winfried Kretschmann als ersten grünen Ministerpräsident. Ein Dammbruch – und das in Baden-Württemberg, zuvor wie auch Bayern über Jahrzehnte hinweg eine Bastion des bürgerlichen Konservatismus und der Schwarzen (solange sie noch schwarz waren), zudem Heimat der Automobilindustrie und hocheffizienter Wirtschaftsmotor der Republik. Hier standen nicht nur Porsche und Daimler jahrzehntelang für Vollbeschäftigung.
Und ausgerechnet hier brachte ein machtsüchtiger, auf innerparteiliche Ränke und Seilschaften fixierter CDU-Grande seine eigene Partei an den Rand der politischen Bedeutungslosigkeit und dafür die Grünen an die Macht – mit sich selbst als Juniorpartner; eine Entwicklung, die sich auch entzündet hatte an einem irren Bahnhofsbau-Konflikt, besser bekannt als „Stuttgart 21“; eigentlich ein rein landespolitisches Streitthema, welches aber geeignet ist, ganz Deutschland als akuten Sanierungsfall vorzuführen. Aus „Stuttgart 21“ wird derzeit übrigens gerade „Stuttgart 27“. Eine Bahn-Städtepartnerschaft Berlin-Stuttgart bietet sich an: Aus echten Versagern werden Freunde.
Aber zurück zum Landesparteitag der toten CDU am Wochenende: Die staunende „SZ“ kann sich schon in der Artikelüberschrift ihre Häme über Strobl und seine Partei kaum verkneifen: „Der passende Vorsitzende“. Und dann rechnet sie dem farblosen Merkelmitläufer gnadenlos vor, was ihm diese Anpasserei an die falsche Politik der Kanzlerin eingebracht hat: Vor 16 Jahren hatte sich die Landes-CDU bereits selbst in Trümmer gelegt gehabt, da kam Merkel gerade erst an die Macht. Was einmal mehr verdeutlicht, dass es für die Strategin aus dem DDR-FDJ-Osten ein leichtes Spiel gewesen sein muß, den maroden Laden mit seinem oftmals rückgratlosen, verbrauchten, in den Kohl-Jahren verschlissenen Jahren zu übernehmen, nach ihren Wünschen umzukrempeln und mit seinen Funktionären Spiele zu spielen. Grausame Spiele. Strobl jedenfalls wurde zum Koalitions-Wurmfortsatz der Gender-Grünen in ihren bürgerlichen Tarnanzügen und damit zum idealen Mann für Merkel, der bereits genau dem programmatischen Bündnis den Weg wie, das ihr vorschwebte.
Peinlicher Opportunismus
Der völlig falsche Kurs, die Anbiederung an grüne Ideologen unter Kretschmann bei gleichzeitigen Verrat der einstigen Stammwähler, führte die Landes-CDU im Ländle immer tiefer in die Belanglosigkeit. Genüßlich erinnert die „SZ“ daran, dass vor allem dieser im Südwesten früh vorweggenommene Merkel-Kurs (den natürlich keiner so nennt) war, der das bürgerlich-liberale Spektrum im Südwesten nahezu zertrümmerte: „Hernach hat Strobl die Partei zwar als Juniorpartner zurück in die Regierung, aber auch zu immer übleren Wahlergebnissen geführt. Im Frühjahr kam die Partei, die früher absolute Mehrheiten eingefahren hatte, nicht mal mehr auf 25 Prozent. Trotzdem hat der Landesparteitag diesen Vorsitzenden am Samstag für weitere zwei Jahre wiedergewählt. Das ist nur auf den ersten Blick erstaunlich.”
All den Merkel-Nachläufern in der CDU sei bei dieser Gelegenheit nochmals in Stammbuch geschrieben, dass ihnen ihr peinlicher Opportunismus, ihre Prinzipienlosigkeit der letzten Jahre nichts, aber auch gar wirklich nichts eingebracht hat. Die „SZ“ bringt diese Erkenntnis quasi auf den toten Punkt: „Trotzdem hat der Landesparteitag diesen Vorsitzenden am Samstag für weitere zwei Jahre wiedergewählt. Das ist nur auf den ersten Blick erstaunlich.“ Ein Landesverband, der nach NRW der zweitgrößte der CDU ist, spiele nun „bundesweit keine Rolle mehr”. Wohl wahr!
Strobls Wiederwahl erinnerte an ein nächtliches Schaulaufen unter einer unbeleuchteten Brücke, zwischen herrenlosen Hunden, Mülltüten und ein paar Obdachlosen in alten Schlafsäcken. Von diesem „Polit-Clochard” und seiner gleichsam heruntergekommenen Partei geht absolut nichts mehr aus. Beide stehen in Tateinheit für das große Nichts. Oder, wie es die „SZ“ in ihrem erstaunlich langen Beitrag zum Thema formuliert: „Thomas Strobl passt zu einer CDU, die nach ihrer Identität sucht … doch sieht sich die CDU Baden-Württemberg weiterhin mit einer inhaltlichen Leere konfrontiert.“
Erschreckendes Fazit
Daran schließt sich ein wahrhaft erschreckendes Fazit, immerhin geht es um eine offenbar im Sterben liegende Volkspartei, die wirklich absolut verdienstvoll die alte Bundesrepublik in schwerer Nachkriegszeit zu Wohlstand, neuem internationalen Ansehen und erfolgreich gegen die Attacken aus dem kommunistischen Osten lotste und führte: „Als am Samstag eine Aussprache über Strobls Arbeit auf der Tagesordnung stand, meldete sich niemand zu Wort. Eine Partei, in der ein Drittel der Delegierten dem Vorsitzenden ihre Stimme verweigert, aber nur im Geheimen gegen ihn opponiert, hat genau diesen Vorsitzenden verdient.“
Es ist schon seltsam. In anderen Medien, wie etwa der „FAZ“ oder den „Stuttgarter Nachrichten“, wird dieser Landesparteiuntergangstag als völlig normal verlaufend dargestellt. Diese allseits grassierende bewußte Desinformation soll offenbar die Fortsetzung der Ära des Merkelismus fortführen helfen. Es soll und darf nichts aufgearbeitet werden, möglichst hinein in möglichst erneut viel Merkel in dieser vermerkelten Republik. Zur Wahrheit gehört, und diese Erkenntnis reicht weit über die baden-württembergischen Landesgrenzen hinaus, dass die CDU eigentlich nicht mehr benötigt wird. Ihr einziger Zweck bestand in der Machtsicherung und gelegentlichen Wiederwahl der großen Volkszerstörerin aus der Uckermark, die einem linksgrünen Deutschland die Bahn ebnete.
Diese Schuldigkeit hat die Union getan, nun wird sie nicht mehr gebraucht (noch nicht einmal mehr dafür). Sie ist ein toter schwarzer Larvenkörper; die in ihm herangereifte Puppe hat sich in einen giftgrünen Schmetterling verwandelt, der die verwesende Hülle hinter sich lässt. Sie kann weg. Nicht einmal Friedrich Merz wird ihr wieder Leben einhauchen können, zumal er – wie in Mannheim überdeutlich wurde – bei weiten Teilen der von Merkel abgerichteten Basis nach wie vor keinen Stich landen kann, jedenfalls nicht im verstrobelten Südwesten. Also auf zum kommenden Begräbnis – auf einem dunklen, kalten und abgelegenen Friedhof, bzw. auf dem Komposthaufen der Geschichte.