Horst D. Deckert

Aus der Traum: Energiewende-Szenarien 2040!

Aus der Traum: Energiewende-Szenarien 2040!

Deutschland marschierte wieder einmal ein, diesmal ins Land der Träume. War auch besser so. Da das Land der Träume nicht verteidigt wurde, brauchte Deutschland auch keine funktionierende Armee, keine Panzer, die rollten, keine Flugzeuge die flogen und keine Munition, mit der man schießen konnte. 

von Manfred Haferburg

Man brauchte nur einen Wirtschaftsminister und dessen nachgeordnetes Ministerium, die konsequent die Realität, die Physik und die Ökonomie ausblendeten, um sich auf dem Weg zum Endsieg der Energiewende auf der Zielgeraden zu sehen. Bis 2045, also in 21 Jahren, soll Deutschland nach Habeck „klimaneutral“ sein, das heißt, keinerlei Energiequellen nutzen, bei deren Umwandlung Kohlendioxid ausgestoßen wird. Kein Strom aus Kohle, Gas und Öl, keine Kernenergie, kein Diesel, Kerosin oder Benzin für den Verkehr, Heizen nur mit Strom und Wärmepumpen, Grundstoff und andere Industrie nur noch elektrisch oder mit Wasserstoff.

Wenn es nicht wieder ein „Test“ ist, wie weit Herr Habeck mit seinen Energiewendemärchen gehen kann, ist das ziemlich ambitioniert. Da würde es sich doch lohnen, mal durchzurechnen, ob das überhaupt physikalisch und ökonomisch möglich ist. Dafür hat das Wirtschaftsministerium ja ein paar tausend hochbezahlte Beamte, die der Wirtschaftsminister beauftragen könnte, vorher zu prüfen, ob er bei der Siegesankündigung den Mund nicht ein bisschen zu voll genommen hat.

Da er aber lieber ins Land der Träume vordringen will, lässt er solche Anfragen an seine Fachleute lieber und die trauen sich auch nicht, da sie weiter hoch bezahlt werden möchten, von sich aus nachzuprüfen, ob das Ziel überhaupt erreichbar ist. Das Ergebnis könnte ja zeigen, dass der Bundeswirtschaftsminister „von der Wirklichkeit umzingelt“ ist und es nichts wird mit der Klimaneutralität und den somit umsonst ausgegebenen Billionen. Was soll denn da der grüne Parteivorstand denken?

„Energiewende-Szenarien in Deutschland um 2040“

Was also das Ministerium nicht machen kann oder nicht machen darf oder nicht machen will, haben nun zwei fleißige Ingenieure gemacht. Klaus Maier und Dr. Andreas Geisenheiner haben die Zukunft der Energiewende in sechs verschiedenen Szenarien betrachtet, in denen verschiedene Techniken zur Bereitstellung und Wandlung von Energie für Gebäudeheizung, Prozesswärme und Verkehr eingesetzt werden. Daraus ergeben sich quantitative Aussagen u.a. zur Menge der jeweiligen Energieträger, zum Umfang der volatilen Energien, zur Anzahl der nötigen Kraftwerke und zu den resultierenden Emissionen an CO2. Die Aussagen werden durch Kostenabschätzungen wirksam ergänzt. Die Studie heißt: „Energiewende-Szenarien in Deutschland um 2040“ und wurde in dieser Woche veröffentlicht, das heißt online gestellt. Hier der Link zum Download. Die Studie ist 86 Seiten lang, die Rechenwege und die Bewertungskriterien sind nachvollziehbar und erscheinen durchaus sinnvoll – für Leute, deren Aufgabe es nicht ist und die nicht dafür bezahlt werden, ist dies eine bemerkenswerte Leistung. Die Arbeit ist öffentlich und darf, nein – sollte, geteilt werden.

Wer sind diese Menschen, die Monate ihrer Zeit opfern, um die Arbeit zu machen, die von denen verweigert wird, die dafür zuständig sind?

Scenario 1 bis 6 Energie

 

Dipl.-Ing. Klaus Maier: Geb. 1951, Studium der Nachrichtentechnik (Elektrotechnik plus Informatik), beruflich 35 Jahre in Forschung und Entwicklung tätig, u.a. internationale Forschungsprojekte, nach Pensionierung seit 2014: 10 Studien, einige Artikel und ein Buch zur Energiewende geschrieben, Gutachter zur Wasserstoffwirtschaft im Landtag, Mitorganisator der Energiewendetagung 2022 in Stuttgart.

Dr.-Ing. Andreas Geisenheiner: Geb. 1947, Studium der chem. Verfahrenstechnik und Promotion an TU „Otto v. Guericke“ Magdeburg, beruflich in mehreren Werken der internationalen Zellstoff- und Papierindustrie als leitender technischer Angestellter tätig, nach Pensionierung 2012: Fachvorträge und Artikel zu Klima- und Energiefragen, Mitorganisator der Energiewendetagung 2022 in Stuttgart

Was beinhaltet die Studie und zu welchen Ergebnissen sind die Autoren gekommen?

In sechs verschiedenen Szenarien werden Kombinationen von verschiedenen Energiequellen mit den jeweiligen Energiewandlungstechniken anhand einheitlicher Bewertungskriterien verglichen, wie man sich im Jahre 2040 die deutsche Energieversorgung vorstellen könnte. Die Szenarien reichen von der grünen Idealvorstellung einer autarken Energieversorgung, allein auf Basis Erneuerbarer Energien (EE), bis zur vorwiegend konventionellen Versorgung aus fossilen Energieträgern. Weiter wird zwischen heimischer Energieerzeugung bis zu weitgehendem Import variiert. So wird versucht, die Bandbreite der Möglichkeiten aufzuzeigen und zu vergleichen.

Das Papier verfolgt nicht das Ziel, eine alternative Energiewende (inkl. dem technischen Transformationsprozess) zu erfinden, sondern es galt, die Frage zu klären, welche prinzipiellen Energieversorgungskonzepte es gibt und welche Implikationen diese haben würden. Die Autoren sind im Gegensatz zum Bundeswirtschaftsministerium nicht ins Land der Träume eingeritten. Sie unterstellen zur Erhaltung des Wohlstandes eine gleichbleibende Nutzenergie für 2040, die in der Rechnung die energetischen Vorteile neuer Techniken (Wärmepumpe, E-Mobilität) nicht ignoriert und durchaus auch Endenergie einspart. Aber das rettet die Energiewende auch nicht.

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Dies sind die betrachteten Szenarien, welche eine mögliche deutsche Energiewirtschaft im Jahre 2040 beschreiben:

Szenario 1: alleinige Energiequelle sind Erneuerbare Energien und eine autarke Wasserstoffwirtschaft. Es skizziert die dekarbonisierte und autarke „all electric society“ auf alleiniger Basis der Erneuerbaren Energien (EE), gewissermaßen der grüne Zielzustand der Energiewende.

Szenario 2: Energiequellen sind Erneuerbare Energie, Kernenergie und Wasserstoff. Das Konzept wählt dazu einen vollständigen Import von grünem Wasserstoff und die Wiedereinführung der Kernkraft.

Szenario 3: Energiequellen sind erneuerbare Energie, Gas, Kohle, Öl, und Wasserstoff. Die Dekarbonisierung stößt offenbar auf erhebliche Schwierigkeiten, sodass dieses Szenario wieder einen Energieträger-Mix einsetzt und damit nur begrenzt CO2 einspart.

Szenario 4: Energiequellen sind Erneuerbare Energie, Gas, Öl, eigene Wasserstoffproduktion und Kernenergie. Dieses Szenario betrachtet, wieviel CO2-Einsparung erreicht wird, wenn man den Kohlestrom vermeidet und den Wasserstoff-Import wegen der vermuteten Beschaffungsprobleme gering hält.

Szenario 5: Energiequellen sind Erneuerbare Energie, Gas, Öl und Kernenergie. Dieses Konzept will eine Deindustrialisierung verhindern und benutzt bewährte Technik, ohne bestehende CO2-Emissionen absenken zu wollen. Weitere Ziele waren, den zügellosen Ausbau der Erneuerbaren zu begrenzen und durch den Erhalt des Industrielandes den langfristigen Wiedereinstieg in die Kernkraft zu ermöglichen.

Szenario 6: Energiequellen sind Erneuerbare Energie, Kernenergie, Öl, Gas und Wasserstoff mit dem Ziel, 80 Prozent CO2 gegenüber 1990 einzusparen, so wie die ursprüngliche Zielvorgabe für 2050 lautete, als man noch nicht die vollständige Dekarbonisierung verfolgte.

Und was ist bei den Berechnungen herausgekommen?

Nur das Szenario 5 ist als einziges technisch realisierbar.

Alle anderen Szenarien überschreiten die Grenzen der technischen Realisierbarkeit. Hinsichtlich Materialbedarf, Hersteller-Fachkräftebedarf und Akzeptanz in der Bevölkerung bei einem erforderlichen Ausbau der volatilen Energien vom z.T. weit mehr als dem 5-fachen von heute. Hinzu kommt, dass der nötige Ausbau der volatilen Energie (Wind-, PV-Anlagen) die angekündigte 2 Prozent Flächennutzung weit überschreitet. Die 2 Prozent Flächennutzung sind nämlich vergleichbar mit der Trittinschen Eiskugelprognose.

Die volkswirtschaftlichen Mehrkosten gegenüber 2019 steigen bei wachsender CO2-Einsparung überproportional an. Sie erfordern bei 50 Prozent CO2-Einsparung (Szenario 3 und 4) Mehrkosten vom 0,5-fachen, bei 80 Prozent (Szenario 6) Mehrkosten vom 1,5-Fachen und bei 100 Prozent CO2-Einsparung (Szenario 1 und 2) Mehrkosten vom 2- bis 4-fachen des Bundeshaushalts von 2019. Das heißt, dass die CO2-Vermeidungskosten für Deutschland auf 500 bis 1.200 Mrd. € pro Jahr wachsen würden, wenn man eine völlige CO2-Vermeidung im Energiesektor erreichen will. Das entspräche weit mehr als eine Verzehnfachung des heutigen CO2-Preises von 45 € pro Tonne. Mehrkosten in diesen Größenordnungen sind volkswirtschaftlich nicht vertretbar. Sie würden die Konkurrenzfähigkeit deutscher Produkte auf den Weltmärkten so weit schwächen, dass durch steigende Arbeitslosigkeit, verbunden mit fallenden Steuereinnahmen und bei gleichzeitig steigenden Sozialausgaben eine gesellschaftliche Verarmung eintreten würde. Es wäre eine Wohlstandsspirale, die sich beschleunigt nach unten dreht.

Die Wirklichkeit wird die Tür eintreten

In diesem Beitrag soll und kann nicht der gesamte Inhalt der Studie wiedergegeben werden, ein bisschen neugierig soll der Leser schon werden, um sich die oft frappierenden Tatsachen zu erlesen, die in der Studie zu finden sind. Zum Beispiel, wenn Habeck sagt, dass in Deutschland ja bereits 50 Prozent des Stroms aus Erneuerbarer Energie stammen und wir deshalb den Weg der Energiewende bereits zur Hälfte beschritten haben, unterschlägt er, dass dies vom Endenergieverbrauch aus gesehen, gerade mal ein Fünfzehntel des immer steiniger werdenden Weges sind.

Es geht aber bei der Dekarbonisierung auch und vor allem um den Energieverbrauch für Wärme und Mobilität und nicht nur um den Strom. Also, liebe Leser, lesen Sie die Studie und staunen Sie.

Machen Sie sich aber wenig Hoffnungen, dass die Hauptstrommedien und das Wirtschaftsministerium diese schlechten Nachrichte überhaupt zur Kenntnis nehmen wollen. Die hoffen lieber darauf, dass die Wirklichkeit die Tür zum Land der Träume nicht eintritt und sie mit kräftigen Tritten in den Allerwertesten hinaus in die erbarmungslose Realität der Physik und der Ökonomie jagt.

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier und wurde von EIKE mit den Bildern aus dem Report ergänzt

 

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