Horst D. Deckert

Australiens Militär erklärt das kommunistische China zum Feind

In der Politik geschehen selten Zufälle. Unter diesem Gesichtspunkt muss man eine an die Öffentlichkeit durchgestochene vertrauliche Rede eines australischen Generals sehen, der seine Offiziere auf China als dem neuen großen Feind des Landes einschwor. Auf Australien wartet die Mammutaufgabe, Chinas heimlichen Krieg zu begegnen und gleichzeitig seine überlange und weitgehend unbewohnte Küste vor einer echten Invasion des Riesenlandes zu beschützen. Man kann davon ausgehen, dass die Rede nicht von irgendwem an die Öffentlichkeit lanciert wurde, sondern eventuell sogar von dem General höchstselbst.

 

The Sidney Morning Herald: Konflikt mit China laut einem australischen General „sehr wahrscheinlich“

 

Ein Spitzengeneral des australischen Militärs sagte bei einer vertraulichen Rede vor seinen Truppen, dass Peking bereits einen „Grauzonen“-Krieg gegen Australien führe und das Land für die hohe Wahrscheinlichkeit vorsorgen müsse, dass der Konflikt in einen vollumfänglichen Krieg ausarten könnte.

Die offenen Worte wurden von Generalmajor Adam Findlay ausgesprochen, als er im letzten Jahr Mitgliedern von Spezialeinheiten einen detailliertesten Einblick gab, in welcher Weise genau die obersten militärischen Planer Australiens die Bedrohung durch China wahrnehmen.

Findlay, der damals Spezialeinheiten kommandierte und heute das australische Militär berät, zeigte in seiner Rede die Maßnahmen auf, die das australische Militär zur Verhinderung eines heißen Krieges mit China unternimmt. Gleichzeitig aber verwies er auch auf eine „hohe Wahrscheinlichkeit“, dass infolge der unvorhersehbaren Natur der Außenpolitik auch ein offener Krieg mit dem Land ausbrechen könnte.

„Von welchem Land glauben Sie, geht die größte Bedrohung [für die Region] aus?“ fragte General Findlay die anwesenden Soldaten und antwortete selbst mit: „China.“

„Wir haben nun festgestellt, dass China eine Bedrohung für uns ist. Die nächste Frage wäre dann, über wie viele Spezialeinheiten China verfügt? Dem Land stehen dafür 26.000 Soldaten zur Verfügung.“

Mehrere Quellen bestätigten dem Sydney Morning Herald die Echtheit der Rede und der darin besprochenen Sachverhalte, allerdings können diese nicht öffentlich darüber sprechen. Laut ihnen sprach General Finday in seiner Rede auch über die Notwendigkeit, neben den traditionellen Luft-, Land- und Seestreitkräften, Cyber- und Weltraumkriegsführung einzusetzen.

Er betonte auch die Notwendigkeit für Australiens Militär, seine Präsenz in Südostasien und im südwestlichen Pazifik in selbstbewusster Manier zu unterstreichen. Laut ihm liegen geheimdienstliche Informationen vor, dass China versuchen würde, „unsere [Australiens] Abwesenheit“ in der Region auszunutzen.

„Wir müssen sicherstellen, dass wir den Schwung nicht verlieren… wir müssen uns in der Region zurück melden“, sagte General Findlay und verwies dabei insbesondere auf Australiens enge Beziehungen zu Indonesien.

 

Die Regierung beginnt die Kriegstrommel zu schlagen

 

In der vergangenen Woche erst haben sich die diplomatischen Beziehungen zwischen Australien und China weiter verhärtet. Verteidigungsminister Peter Dutton sagte, dass ein Krieg um Taiwan nicht ausgeschlossen werden könne, dass Australien im Cyber-Bereich bereits „angegriffen“ werde, und dass die Regierung plant, „in der Öffentlichkeit deutlicher“ über Chinas Absichten sprechen wolle. Für Dutton sei die erste Priorität der australischen Regierung ein „anhaltender Frieden in unserer Region“, warnte aber auch, dass die Verteidigung des Seegebiets im Norden und Westen um Australien herum ebenso eine Priorität haben müsse.

Michael Pezzullo, ein einflussreicher Spitzenbeamter des Innenministeriums unterstrich die Haltung, indem er sagte, die „Kriegstrommeln“ würden bereits geschlagen.

Der ehemalige Premierminister Kevin Rudd wandte ein, die eskalierende Rhetorik diene „in keinster Weise dem Zweck der nationalen Sicherheit“. Vielmehr würde dadurch riskiert, dass die Spannungen mit Peking weiter zunehmen. Der ehemalige Außenminister Bob Carr wiederum schrieb, dass „die australische Diplomatie die Auswege finden muss, damit der Alptraum“ eines Krieges um Taiwan umgangen wird.

 

China versucht sich in einem heimlichen Krieg

 

General Findlays Rede war nie für ein öffentliches oder politisches Publikum gedacht. Sein Publikum bestand aus mehreren Dutzend hochrangiger Offiziere, sowie Soldaten aus Spezialeinheiten, denen er von Fachmann an die Fachleute über das „von China angedachte Spiel“ berichtete, bei dem das Land versucht, die Überschreitung traditioneller militärischer roter Linien zu vermeiden, und sich stattdessen auf subtilere Angriffsform konzentriert.

„Sie wissen, dass westliche Demokratien zwar langmütig und friedlich sein könnten, sie aber auch zur Furie werden können, wenn bestimmte Grenzen überschritten werden. Dann ziehen auch wir in den Krieg“, so Findlay über Chinas Einschätzung.

„China will schlauer sein. Sie wollen unterhalb der Schwelle bleiben, ab der sie einen offenen Krieg provozieren. Der Weltmachtstatus soll strategisch erreicht werden, ganz ohne Krieg führen zu müssen. Es handelt sich dabei um eine neue Dimension des Machtstreits.“

Auf der einen Seite spricht China von „Kooperation, bei der wir alle eine große glückliche Familie sind“. In einem Bereich der „Grauzone“ konkurriere Peking laut dem General jedoch mit Australien, wie es nur kann und zwar gemeinsam mit „Russland, Nordkorea, dem Iran und all den anderen verbündeten Staaten“.

China betreibt eine „politische Kriegsführung“, die es dem Land ermögliche, „ohne kinetische Mitte strategische Auswirkungen zu erzielen“, sagte er. Politische Kriegsführung bedeutet, dass ein Land seine Interessen ohne eigentlichen Krieg, aber genauso zielstrebig mit einer Reihe von verdeckten und offenen Mitteln durchzusetzen versucht. Dazu gehören der Bereich des Handels, Geheimdienstoperationen, Einmischung in die Politik anderer Länder, die klassische Diplomatie, aber auch Cyberoperationen. „Kinetische“ Kriegsführung dagegen wird im Militär für Konflikte verwendet, bei denen tödliche Gewalt zum Einsatz kommt.

Im vergangenen Jahr verhängte China Zölle in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar gegen Australien, nachdem sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern verschlechterten, während gleichzeitig auf alle Regierungsebenen eine Welle mit Cyberangriffen registriert wurde, bei der kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser und staatliche Versorgungsbetriebe ins Visier genommen wurden.

 

China ein Gegner auf Augenhöhe

 

„Um den Ausbruch eines Krieges zu verhindern“, so Findlay, müsse Australiens Militär lernen, sich gegen die von China ausgeübten „Zwangsbedingungen“ zur Wehr setzen zu können. Australien müsse eine eigene Strategie für ein Agieren in der Grauzone entwickeln, die „dem Gegner Nachteile bringt und uns gleichzeitig einen Vorteil verschafft“. Nur so kann laut Findlay ein offener Krieg vermieden werden.

Die Dringlichkeit dieses Anliegens unterstrich der General mit der Einschätzung, das Australien mit China das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein „gleichwertiger Feind“ gegenüberstehe. Er sagte, die australischen Spezialeinheiten müssten sich dieser Herausforderung stellen. Hierzu gehören umfassende Reformen, die jüngst der Generalinspekteur des Militärs angemahnt hat, und bei denen zu Tage gefördert wurde, dass australische Soldaten in Afghanistan Kriegsverbrechen begangen haben sollen.

In Bezug auf die starke Doppelbelastung mit China als neuer großer Bedrohung und den umfassenden Reformen berief sich Findlay auf Winston Churchill, um den Soldaten Mut zu machen. Sich auf Churchill berufend sagte er dramatisierend: „Wer durch die Hölle geht, der darf nicht stehen bleiben, sondern muss immer weitergehen.“

„Uns steht eine kulturelle und professionelle Transformation bevor, die alles andere innerhalb des Militärs an Bedeutung übertreffen wird“, sagte er. „Gleichzeitig müssen wir uns auf einen einen neuen Gegner einstellen. Dieser wird dann am Ende des Marsches durch die Hölle auf uns warten.“

Quelle Titelbild

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