Horst D. Deckert

Bern 1954: Wunder oder PsyOp?

Bern 1954: Wunder oder PsyOp?

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Bern 1954: Wunder oder PsyOp?

Wohl kaum ein Ereignis ist für die Identitätsfindung der alten, westdeutschen Bundesrepublik so dramatisch, so sensationell und letztlich so bedeutend wie der überraschende Gewinn der Fußballweltmeisterschaft am 4. Juli 1954 in Bern.

von Klaus Burghard

Über Generationen hinweg wird die Geschichte der “Helden von Bern” weitergetragen und medial durch Filme und Reportagen vervielfältigt. Schon das Ereignis selbst folgt einer Dramaturgie, die an Spannung, Symbolik sowie politischen und historischen Bezügen ihresgleichen sucht.

Hier finden wir den Kampf von David gegen Goliath, wenn die Fußball-Großmacht Ungarn, in 32 Spielen ungeschlagen, von der Westhälfte des kriegszerstörten Deutschlands besiegt wird. Wir erleben das Aufbäumen gegen die Naturgewalt des strömenden Regens im Wankdorf-Stadion ebenso wie das Aufholen eines Rückstands von immerhin zwei Toren. “Ich fürchte nicht die Schrecken der Natur, wenn ich des Herzens wilde Qualen zähme“, hört man Schiller rufen. Da ist auch die überlegene deutsche Technik. Panzerketten gleich geben auswechselbare Schraubstollen des Zeugwarts Adolf „Adi“ Dassler der deutschen Fußball-Infanterie den besseren Halt im schlammigen Grund. Bei der Siegesfeier ziehen in der Reihe hinter den Helden des Tages Männer mit Karabinern und Stahlhelm auf, wie wiederbelebte gefallene Helden der Wehrmacht.

Wiederkehr eines Führers

Auch ein Führer ist zurück: Sepp Herberger war schon zu Hitlers Zeiten Nationaltrainer. Er erschafft, mit dem “Geist von Spiez” als Verbündetem, jene einzigartige Kameradschaft, eine elfköpfige “Volksgemeinschaft“, mit der sich nach dem unbeschreiblichen Sieg die verbliebenen 53 Millionen Deutschen identifizieren.

Und dann hört man die Stimme eines Kommentators, eines Ritterkreuzträgers gar, die einem in ihrer Emotionalität, ihrem Aufbrausen und Schwingen erstaunlich bekannt vorkommt. Ein Jahrzehnt zuvor hatte eine solche Stimme aus dem Volksempfänger heraus die Deutschen noch zum “totalen Krieg” aufgerufen, nun geht es zum totalen Sieg in der Kesselschlacht von Bern. Wehrmachts-Hauptmann und Panzerkommandant Herbert Zimmermann und NS-Propagandaminister Josef Goebbels stammen aus der gleichen rheinischen Landschaft. Das Ritterkreuz bekommt Zimmermann im Februar 1945 für “schlachtentscheidendes Verhalten” überreicht.

Vitamin C, Traubenzucker oder Pervitin?

Kaum bekannt ist ein möglicherweise “schlachtentscheidendes Verhalten” der von Herberger geführten deutschen Mannschaft: Fast alle Spieler und auch Sepp Herberger selbst litten nach der Weltmeisterschaft an einer Hepatitis. Hierzu kann man im “Ärzteblatt” Folgendes nachlesen: “Im Oktober 1954 werden die ersten Fälle von Gelbsucht bei deutschen Spielern öffentlich. So berichtet das ‘Hamburger Abendblatt’ am 18. Oktober 1954, dass mit Fritz Walter, Helmut Rahn, Max Morlock und Ersatztorwart Bernd Kubsch nunmehr vier Nationalspieler an Gelbsucht erkrankt seien. Als wenige Tage darauf mit Otmar Walter ein weiterer Spieler erkrankt, ist das mediale Interesse endgültig geweckt. Am 22. Oktober 1954 werden auch Ärzte öffentlich zurate gezogen, darunter Prof. Dr. med. Dr. phil. Hans Harmsen, Direktor des Hygienischen Instituts der Hansestadt Hamburg.”

Nachdem die fadenscheinige Erklärung einer “Mundinfektion” durchfällt, ist bald auch offiziell von “Vitamin-C-Injektionen” die Rede, später auch von “Traubenzuckerspritzen“. Mannschaftsarzt Franz Loogen nutzt vermutlich eine einzige, nicht desinfizierte Spritze. Nicht alle Spieler durchlaufen die Erkrankung unbeschadet. Ersatzmann und Antialkoholiker Richard Franz Herrmann stirbt 1962 an einer Leberzirrhose. Sepp Herberger schenkt dessen Söhnen jedes Jahr Fußballschuhe und berücksichtigt sie sogar in seinem Testament. Karl Mai wird nur 64 Jahre, Werner Liebrich nur 68 Jahre alt. Bis heute umstritten ist die Frage, was denn da genau gespritzt wurde. Schon bald ist von der Wehrmachts-Droge Pervitin die Rede; beweisen oder gar nachweisen kann man das nach sieben Jahrzehnten selbstverständlich nicht mehr.

“Wir sind wieder wer!”

Bestens dokumentiert ist hingegen die triumphale Heimkehr der Helden im Sonderzug mit Feiern in Singen, Radolfszell, Konstanz, Lindau, Oberstaufen, Immenstadt, Kempten, Kaufbeuren, Landsberg und abschließend in München: “Wir sind wieder wer!” Ausgerechnet im dortigen Löwenbräukeller hält DFB-Präsident Peco Bauwens seine skandalträchtige Rede. “… da haben die Jungens es wirklich gezeigt, was ein gesunder Deutscher, der treu zu seinem Land steht, zu leisten vermag, sie haben in dem Land des Tells daran gedacht ‘ans Vaterland, ans Teure schliess Dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen und hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft‘“, ist zu hören, bevor der “Bayerische Rundfunk” die Übertragung hastig abbricht. Feiern fanden danach auch noch in Kaiserslautern, Köln, Düsseldorf und Essen statt. Am 18. Juli ging es dann für die Recken in die vormalige Reichshauptstadt Berlin.

All diese Festivitäten sind ohne die Billigung, wenn nicht gar die Unterstützung der Westalliierten undenkbar. In den fünfziger Jahren ist die Bundesrepublik von einer staatlichen Souveränität weit entfernt. Man kann darüber streiten, ob und wie sich das in den Jahrzehnten danach bis heute geändert hat. Als der US-Präsident im Februar 2022 in Anwesenheit des amtierenden Bundeskanzlers de facto die Zerstörung der lebenswichtigen NorthStream-Fernleitungen in Aussicht stellt, war von deutscher Souveränität jedenfalls nicht viel zu erkennen.

Kurzlebiger Pazifismus

Bliebe noch die Frage, warum die Westalliierten den aufbrausenden deutschen Nationalismus im Zuge der Fußballweltmeisterschaft dulden oder gar fördern. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass im Jahr 1954 die Verhandlungen über die Gründung der Bundeswehr und den Beitritt Deutschlands zu NATO in vollem Gange sind. Der NATO-Beitritt erfolgt schließlich am 5. Mai 1955 und die Gründung der Bundeswehr am 14. Dezember 1955. Die ausgeprägt pazifistische Grundhaltung vieler Deutscher nach zwei Weltkriegen, die in dem legendären Ausspruch von Franz Josef Strauss des Jahres 1949 zum Ausdruck kommt, “Wer noch einmal das Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen“, hat man innerhalb weniger Jahre gedreht.

Kaum ein Jahr nach der Gründung der Bundeswehr wird eben jener Franz Josef Strauss Verteidigungsminister – und treibt auch gleich die atomare Bewaffnung der Bundeswehr gegen weit verbreitete Widerstände voran. “Aus, aus, aus – aus! – Das Spiel ist aus!” Deutschland ist in der NATO.

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