Propaganda statt Debatte: Chinesische Zensur überdeckt wirtschaftliche Sorgen nach US-Zöllen
Von Will Henney
Während sich die wirtschaftlichen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China weiter zuspitzen – ausgelöst durch neue US-Zölle von bis zu 104 % auf chinesische Importe – reagieren Pekings Behörden mit gezielter Zensur: Kritische Stimmen und wirtschaftliche Sorgen werden aus dem digitalen Raum getilgt, Spott über den Westen dagegen gezielt verbreitet.
Bereits wenige Stunden nach Bekanntwerden der neuen US-Maßnahmen meldeten Nutzer der Plattform Weibo, dass Suchanfragen nach Begriffen wie „Zoll“ oder „104“ zu Fehlermeldungen führten. Laut Reuters wurden tiefere Diskussionen über die wirtschaftlichen Folgen der Zölle systematisch unterdrückt – im Gegenzug blieben Beiträge stehen, die sich über die USA lustig machen.
Statt Debatte: staatlich orchestrierter Spott
Staatliche Medien wie der Sender CCTV versuchten, das Narrativ zu kontrollieren – mit ironischen Hashtags wie „#UShastradewarandaneggshortage“ (Die USA führen Handelskrieg und haben gleichzeitig Eiermangel). In Beiträgen wurde Washington als heuchlerisch dargestellt: Einerseits würden Zölle auf europäische Produkte wie Stahl und Aluminium erhoben, andererseits gehe man mit „leiser Stimme“ auf Europas Staaten zu, um dringend benötigte Eier zu erbitten.
Wirtschaftskritik wird gelöscht
Weitaus weniger öffentlich sichtbar waren Beiträge chinesischer Unternehmen, die über die realen Folgen der neuen Zölle berichteten – etwa Exportverluste, Produktionsrückgänge oder Lieferkettenprobleme. Auf Plattformen wie WeChat wurden zahlreiche solcher Beiträge entfernt, meist mit dem Hinweis auf Verstöße gegen „einschlägige Gesetze, Vorschriften und Richtlinien“. Analytische oder abweichende Stimmen verschwanden stillschweigend aus der öffentlichen Wahrnehmung.
Zensur als Teil der Strategie
Diese systematische Kontrolle ist kein Einzelfall, sondern fester Bestandteil der chinesischen Kommunikationsstrategie. Mit Hilfe der sogenannten „Großen Firewall“ wird der Zugang zu ausländischen Plattformen wie Instagram oder X blockiert, während inländische Dienste strengen Auflagen unterliegen. Der so geschaffene Medienraum lässt kaum Platz für offene Diskussionen – weder über außenpolitische Entscheidungen noch über Chinas wirtschaftliche Verwundbarkeit.
Narrativ der Stärke – Realität der Unsicherheit
Offiziell kündigte Peking Gegenmaßnahmen an und bezeichnete die Zölle als „Test der nationalen Widerstandsfähigkeit“. Doch während nach außen Stärke demonstriert wird, fehlt im Innern der Raum für eine ernsthafte Debatte über die langfristigen Folgen. Das staatlich konstruierte Narrativ lässt keine Kritik an der eigenen Strategie zu – und verschweigt, dass die eigentlichen Verlierer des Handelskonflikts auch im eigenen Land sitzen könnten.
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