Horst D. Deckert

Das ist amerikanischer Exzeptionalismus auf Steroiden – völlig losgelöst von der Realität.

Arnaud Bertrand

China wird – wie immer bei feindseligen Maßnahmen der USA – nicht viel reden, sondern politische Maßnahmen ergreifen, die mit der Zeit zeigen werden, wie kontraproduktiv diese Aktionen für die USA tatsächlich sind.

Das Hauptziel von Trump besteht insbesondere darin, die Industrieproduktion „zurück nach Hause“ zu holen. Und zufälligerweise kontrolliert China als einzige echte Produktions-Supermacht der Welt und als größter Verbrauchermarkt viele entscheidende Hebel, wenn es um industrielle Fertigung geht.

Nehmen wir nur die Pharmaindustrie als Beispiel:
Wie will man die Arzneimittelproduktion zurück in die USA holen, wenn China den weltweiten Markt für aktive pharmazeutische Wirkstoffe (APIs) und viele chemische Vorprodukte dominiert, die für die Herstellung von Medikamenten essenziell sind? Man ist schlichtweg auf sie angewiesen.

Natürlich könnte man auch versuchen, die Herstellung dieser Vorprodukte zurückzuholen – aber dafür braucht man spezielle Anlagen, die – Überraschung – ebenfalls größtenteils in China gefertigt werden.

Also könnte man auf die Idee kommen, auch die Produktion dieser Spezialmaschinen in die USA zu verlagern. Aber dafür bräuchte man wieder andere kritische Materialien, deren Verarbeitung China aktuell weltweit beherrscht.

Und so weiter und so fort. Dieses „Turtles all the way down“-Problem besteht praktisch in allen globalen Industriezweigen – was bedeutet: Wenn China es will, kontrolliert es de facto, ob Trump sein zentrales Ziel überhaupt erreichen kann.

Falls nicht, hat Trump im Grunde nur eins erreicht: Alles, was die USA importieren, wird für amerikanische Verbraucher teurer, und US-Unternehmen zahlen mit höheren Produktionskosten und dem Verlust wichtiger Absatzmärkte – ohne nennenswerte Gegenleistung.

Gleichzeitig ist Chinas Wirtschaft kaum auf Exporte in die USA angewiesen – diese machen weniger als 3 % seines BIP aus.

Zwar wird zu Recht darauf hingewiesen, dass viele chinesische Exporte über Länder wie Vietnam am Ende doch in den USA landen – aber selbst mit einem maximal angesetzten Anteil bleibt der Schaden überschaubar:
Chinas Gesamtexporte machen 18 % seines BIP aus, und die USA etwa 30 % des globalen Konsums. Selbst wenn man das hochrechnet, wären theoretisch 5,4 % des chinesischen BIP betroffen.

Aber wie viel davon ist wirklich verwundbar? Nur jener Teil, den die USA realistischerweise heimholen könnten – und genau dort hat China, wie bereits erläutert, zahlreiche Möglichkeiten, das zu behindern.
Im Worst-Case reden wir also über einen 1–2 %-Punkt-Effekt auf das BIP – bei einer Wachstumsrate von 5 % jährlich. Ein marginaler Effekt.

Im Gegenteil: Der Effekt könnte für China am Ende sogar positiv ausfallen.
Trumps Handelskrieg entfremdet die USA vom Rest der Welt und bringt Länder wirtschaftlich näher an China. Selbst Japan – Japan! – bewegt sich näher in Richtung China (siehe: ThinkChina.sg).

Was geschah bei Trumps erster Amtszeit, als er Zölle verhängte?
Die EU, Japan, Kanada und andere machten nicht mit – sie beschleunigten stattdessen ihre eigenen Handelsabkommen mit China. Die RCEP wurde zum größten Handelsabkommen der Welt. Die Neue Seidenstraße wuchs. Der Yuan gewann an Bedeutung im internationalen Handel. Chinas Rolle als zentrales Drehkreuz asiatischer Produktion wurde gestärkt, nicht geschwächt.

Und das war damals – als China noch überrascht wurde. Heute sind sie vorbereitet.

Am Ende stellt sich die Frage: Wer wird diesen Wirtschaftskrieg verlieren?

  1. Die USA, die versuchen müssen, innerhalb kürzester Zeit ganze Produktionsökosysteme neu aufzubauen, die China über Jahrzehnte hinweg etabliert hat – dabei mit steigender Inflation, Produktionskosten und dem Verlust des größten Konsumentenmarkts der Zukunft kämpfen?
  2. Oder China, das sich seit Jahren systematisch von der Abhängigkeit von den USA löst, längst Zentrum der Weltproduktion ist und seine Exporte auf einen riesigen Binnenmarkt und alternative Partner umlenken kann?

Der fundamentale Denkfehler besteht darin, den Welthandel als Nullsummenspiel zu betrachten, in dem Amerika einfach per Druck diktieren kann – statt die komplexen globalen Abhängigkeiten zu erkennen.

Das ist nicht nur amerikanischer Exzeptionalismus – das ist amerikanischer Selbstbetrug.

This is American exceptionalism on steroids, completely disconnected from reality.

China will do what it always does when faced with U.S. hostile actions: they won’t talk much but trigger policies that will demonstrate in due time that these actions were utterly… https://t.co/t4F0ryhDrm

— Arnaud Bertrand (@RnaudBertrand) April 5, 2025

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