
Die Rückkehr der berüchtigten „Staatsbürgerkunde“ als Unterrichtsfach – diesmal getarnt als „Demokratie-“ bzw. „Medienerziehung“ -ist wohl nur noch eine Frage der Zeit: Im Wahn, alle Gegner der Regierungspolitik als rechte Abtrünnige, Umstürzler und Gefährder zu stigmatisieren (wobei es letztlich egal ist, ob diese sich gegen destruktive Zuwanderungspolitik, Energiewende oder aktuell natürlich den Corona-Staatsterror werden), werden nun erste Rufe laut, betreutes Denken und Volkserziehung bereits im Kindesalter in die Hände des Staates zu legen – indem die richtige Gesinnung gleich in der Schule vermittelt wird.
So fordert der Tübinger Medienforscher Bernhard Pörksen „unter dem Eindruck der gegenwärtigen Corona-Proteste”, die Deutschen brauchten „mehr politische Bildung”, und das Land benötige dringend ein eigenes Schulfach für „Medienkunde”. Gegenüber Medien des „Redaktionsnetzwerkes Deutschland“ sagte Pörksen, die „Angriffe auf Journalisten bei sogenannten Querdenker-Demonstrationen” habe diese Dringlichkeit nochmals verdeutlicht.
Das hier zugrunde gelegte Verständnis von „Bildung“ steht für eine perfide Ver- und Missachtung von abweichenden Meinungen jeder Art – und damit eine Intoleranz, die so ganz einem dogmatischen Unfehlbarkeitsanspruch der Eliten passt, der sich auf „Mehrheiten“ in Gesellschaft, Forschung und Wissenschaft beruft und Kritiker als „Leugner“ – im Sinne von Häretikern – schmäht. Pörksen ist hier sogar noch radikaler: Er sieht die Feinde des Corona-Linksstaats schon gar nicht mehr als Leugner, sondern anscheinend als Ungebildete und geistig Minderbemittelte, denen der notwendige Aufklärungshintergrund fehle. Die arrogante Hybris dieser Unterstellung wird nur noch von der moralischen Überheblichkeit derer übertroffen, die solche Anmaßungen gutheißen.
„Angewandte Irrtumswissenschaft“
Von diesem hohen Ross herab doziert Medienforscher Pörksen dann munter drauflos: Es gehe darum, „drei Qualitäten” zu „trainieren”: Wichtig seien neben der „Medien- und Machtanalyse” auch Wissen über die Medienpraxis und den Wert des seriösen Arguments – sowie eine Disziplin namens „angewandte Irrtumswissenschaft”. Bei letzterer gehe es darum, sich mit der „ungeheuren Irrtumsanfälligkeit des Menschen” zu befassen, um sich der „Verführbarkeit durch Gerüchte, Falschnachrichten und Desinformation bewusst zu werden”.
Alles richtig! Doch Pörksen meint damit natürlich nicht die Konsumenten der öffentlich-rechtlich verbreiteten Halb- und Unwahrheiten, propagandischen Fakenews oder die mit steter Zuverlässigkeit und nach immer kürzer Halbwertszeit widerlegten Erkenntnisse, Prognosen und Versprechen der „seriösen“ Wissenschaft und Politiker; sondern er hat dabei jene „Uneinsichtigen“ im Sinn, die sich aus unabhängigen (und vielfältigen) Quellen frei und selbst informieren. Aus „Die Partei hat immer recht!” ist heute offenbar „Trust the Science” geworden, bzw. „Vertrauen Sie den demokratischen Institutionen!”. Der Schmu dahinter ist derselbe wie zu Margot Honeckers Zeiten.
Pörksen ist immerhin so realistisch, Zweifel zu konzedieren, dass ein doktrinärer Schulunterricht in absehbarer Zeit einführbar sei. Dies scheitere „einfach deshalb, weil die Bildungsaufgabe, die sich in der laufenden Medienrevolution verbirgt, gesellschaftspolitisch einfach noch nicht verstanden ist.” Will sagen: Es haben einfach noch nicht genug Menschen die kulturmarxistische neosozialistsiche Suppe ausgelöffelt, die ihnen das System mit zunehmender Penetranz auftischt. In einem ersten Schritt geht es deshalb darum, das, was er von Hofberichterstattern des moralischen Nannystaats offenbar erwartet, in die Köpfe zu hämmern: Pörksen schwadroniert von einer „redaktionellen Gesellschaft” die im Kern besagte: „Die Maximen des guten Journalismus müssen zu einem Element der Allgemeinbildung werden”. Guter Journalismus – was ist das? Ganz einfach: Was immer dem Staat und seinen Wahrheitsexegeten genehm ist. Pörksens These laute, dass in diesen Maximen und Prinzipien des seriösen Journalismus heute „ein Wertegerüst für alle liegt, die senden, posten, kommentieren. Und wer ist das nicht?“ Diese Definition hätte auch von der Reichsschrifttumkammer oder der DDR-Agitpropbehörde kommen können.
Staunenswerte Differenzierungslosigkeit
Dass Attacken auf Journalisten inakzeptabel sind: Zu dieser Erhellung braucht man keinen Tübinger Medienprofessor. Allerdings stehen diese Übergriffe eben nicht für eine angebliche „Neigung zur gepflegten Medienverachtung”, die Pörksen bei „Querdenkern“ und Montagsspaziergängern in staunenswerter Differenzierungslosigkeit auszumachen glaubt (wie sieht es umgekehrt eigentlich mit der gepflegten Zuschauer- und Leserverachtung der Haltungsmedien aus?). Denn es handelt sich bei ihnen um absolute Nebenphänomene und eskalative Ausnahmeexzesse am Rande überwiegend friedfertiger ziviler Massenproteste, unter die sich mit steigendem Zulauf eben auch Störenfriede oder unbeherrschte Elemente mischen, auf die sich Mainstreammedien und Nazijäger mit der Lupe stürzen.
Das Problem der „protestbegleitenden Gewalt“ störte bei staatlicherseits wohlgelittenen linken Demonstrationen der Vergangenheit von G20-Krawallen, „Fridays for Future“, „Wirsindmehr“ bis „Black Lives Matter“ (wo es viel eher und massiver auftrat) niemanden; auch Pörksen nicht, den nicht etwa Brandanschläge der Antifa auf Berliner Journalisten, eingeschmissene Büros und Geschäfte, Plünderorgien der Migrantifa-Eventszene, auch keine von Linksradikalen in Berlin, Hamburg und Leipzig halbtot geprügelte Oppositionspolitiker oder Polizisten zu seiner Forderung nach Medienerziehung und politischer Bildung inspirierten, sondern natürlich erst die solitären Auswüchse bei den derzeitigen Grundrechtsdemonstrationen der gesellschaftlichen Mitte, die zum Demokratieversagen hochstilisiert werden.
In bestimmten bürgerlichen Kreisen, so Pörksen, sei „eine Art Lügenpresse-light-Milieu entstanden, das ein eigenes Fertigvokabular des Verdachts und der Verdächtigung bereithält”. Drohungen, Einschüchterungsversuche, rassistische, antisemitische, den Holocaust relativierende Einlassungen, körperliche Gewalt – das seien „die roten Linien im Konkreten. Wer dergleichen betreibt, mit dem sollte man nicht reden”. Vielleicht sollte sich dieser veritable Schwubler einmal nach außerhalb seiner akademischen Blase begeben, eine der zahlreichen Kundgebungen und Spaziergänge aufsuchen und dort mit Kritikern das Gespräch suchen; er dürfte überrascht sein und könnte vielleicht sogar noch etwas lernen von denen, denen er Bildungsferne unterstellt.