Horst D. Deckert

Der Aufstieg des Öko-Kults

Extreme Umweltschützer haben im Jahr 2022 neue Dimensionen des Wahnsinns erschlossen.

Patrick West

Es wird oft gesagt, dass wir in einer Zeit des moralischen Puritanismus und des politischen Extremismus leben. In diesem Jahr haben wir erlebt, wie die Transgender-Ideologie immer ausgefallener, die Politik der rassischen Identität immer militanter und vor allem die Umweltbewegung immer hysterischer wurde.

Dieser Geist angriffslustiger Selbstgerechtigkeit ist in der grünen Bewegung seit Mitte des letzten Jahrzehnts zu beobachten. Aber im Jahr 2020 wurde er noch verstärkt, als die ersten Abriegelungen Millionen Menschen in die Häuser trieben. Eine Mischung aus Empörung, Frustration, Langeweile und zunehmender Wokery im Internet führte zu einem Sommer des randalierenden Wahnsinns. In diesem Jahr hat der Schock des wirtschaftlichen Umbruchs sowohl einen schwelenden Geist der Revolution als auch eine Stimmung des drohenden Untergangs hervorgerufen.

Diese Verschiebung hin zum Extremismus konnte man an den immer exzentrischeren Taktiken der grünen Bewegung erkennen. 2022 war das Jahr, in dem Aktivisten Kunstwerke mit Suppe bewarfen, sich an Straßen klebten und auf Autobahnbrücken kletterten. Es war das Jahr, in dem ein Mädchen Exkremente auf eine Captain-Tom-Statue schüttete und ihren Arm in Brand setzte. All diese Aktionen wurden durchgeführt, wie die Aktivisten unter Tränen erklärten, weil die Welt untergehen wird, wenn wir jetzt nicht handeln. Buchstäblich.

Die Umweltbewegung war schon immer dazu geneigt, in einen sektenähnlichen Fanatismus abzudriften, denn die Weltanschauung der Öko-Aktivisten ist selbst apokalyptisch. Die Organisation Just Stop Oil, die in diesem Jahr als Ableger der Extinction Rebellion entstanden ist, bezeichnet die Vergabe neuer Öl- und Gaslizenzen als „genozidales Todesprojekt“.

In der Umweltbewegung gibt es seit langem Elemente, die im Grunde genommen der Zivilisation selbst feindlich gesinnt sind. Dies wurde im Oktober deutlich, als Just Stop Oil die Welt schockierte, indem sie eine Ikone der westlichen Kultur angriffen – die Sonnenblumen von Vincent van Gogh in der Londoner National Gallery. Viele gingen davon aus, dass es sich um eine einmalige Aktion handelte. Doch wie beim Statuensturz im Sommer 2020 breitete sich der Ikonoklasmus auf andere Kunstgalerien in ganz Europa aus. Diese Angriffe auf das künstlerische Erbe der Menschheit spiegeln die Art und Weise wider, wie Umweltschützer die Zivilisation mit Misstrauen und die Moderne mit offener Bosheit betrachten.

So war es vielleicht auch nicht überraschend, dass der Altmeister des Umweltschutzes, George Monbiot, 2022 in seinem Buch „Regenesis“ behauptete, dass „die Landwirtschaft die zerstörerischste menschliche Tätigkeit aller Zeiten“ sei. Das stimmt: Für die grünen Schwarzmaler ist sogar die Landwirtschaft – die Grundlage der Zivilisation selbst, das, wovon wir abhängen, um Milliarden von Menschen am Leben zu erhalten – jetzt eine Verschandelung der Natur.

In diesem Jahr ähnelte Just Stop Oil zeitweise einer seltsamen religiösen Sekte. Die Aufnahmen der gefühlsbetonten und wahnsinnigen Demonstranten mit ihren weit aufgerissenen Augen, ihren leisen Tränen und ihrer eisernen Gewissheit waren wahrhaftig abschreckend. Einer der aussagekräftigsten Videoclips des Jahres 2022 war der des verwirrten Mädchens auf der Brücke an der [Autobahn] M25, das heulend und schluchzend erklärte, dass es „keine Zukunft hat“.

Derartige apokalyptische Rhetorik ist heute alltäglich. Sie entstammt der Endzeit-Rhetorik des Gurus von Just Stop Oil, Roger Hallam, der letztes Jahr ein YouTube-Video veröffentlichte, in dem er „jungen Menschen Ratschläge gibt, während sie der Vernichtung entgegensehen“. Als Mitbegründer von Extinction Rebellion glaubt er tatsächlich, dass wir „auf die Auslöschung zusteuern“. Angeblich soll Hallams Kreuzzug uns vor diesem Schicksal bewahren – aber Hallams frühere Äußerungen verraten seine menschenfeindlichen Tendenzen. Im Jahr 2019 sagte er, der Holocaust sei „fast ein normales Ereignis… nur eine weitere Schießerei in der menschlichen Geschichte“.

Im Vergleich zu der unverhohlenen Menschenfeindlichkeit von Hallam mag das antisoziale Verhalten junger, unbedarfter Just Stop Oil-Aktivisten lediglich naiv oder fehlgeleitet erscheinen. Aber genau deshalb ist es so besorgniserregend. Seltsame Bewegungen nehmen den Geist der leicht zu beeindruckenden und verletzlichen Menschen gefangen.

Im Jahr 2022 haben die Ökoradikalen bewiesen, dass ihre Ideologie jenseits des zivilisierten Diskurses und der Vernunft liegt. Sie missachten mutwillig das Leben und die Lebensgrundlagen ihrer Mitmenschen. Ihre Taktik der Straßenblockaden, durch die Menschen daran gehindert werden, zur Arbeit und sogar ins Krankenhaus zu gelangen, zeugt von ihrer abgehobenen Denkweise.

Den Anhängern extremer Ideologien geht es immer zuerst um „die Sache“ und zuletzt um andere Menschen. Umweltschützer scheinen sich nicht sonderlich an der wachsenden Wut der Öffentlichkeit über sie zu stören. In diesem Jahr zeigten viele Briten ihre gerechte Missbilligung, indem sie die Aktivisten, die die Straßen blockierten, beschimpften und sie auf den Bürgersteig zerrten. Die Tatsache, dass die Demonstranten von „Just Stop Oil“ kürzlich in Islington im Norden Londons, normalerweise eine Bastion des linksliberalen Progressivismus, ausgepfiffen wurden, zeigt, wie sehr sie die Menschen entfremdet haben. Doch für Ideologen heiligt der Zweck immer die Mittel. Andere Menschen sind nur „Schäfchen“.

Die menschenverachtende, bittere, alttestamentarische Hetze von Just Stop Oil wäre zu jeder Zeit ärgerlich. In dieser globalen Energiekrise, in der Energieknappheit zu Stromausfällen zu führen droht, ist sie geradezu empörend. Es scheint, als wollten uns die Schwarzseher aus dem Licht zurück ins finstere Mittelalter führen.

Wir sollten uns nicht in neurotischer Weise mit der Umwelt beschäftigen und dieses Thema in ein morbides Melodrama oder ein düsteres Moralstück verwandeln. Wir sollten stattdessen versuchen, uns selbst zu verbessern und nach humanistischen Lösungen für Umweltprobleme zu suchen – schließlich sind die Menschen die besten Problemlöser der Natur. Wir sollten nach Möglichkeiten suchen, die Technologie zur Abscheidung von Kohlenstoff weiter voranzutreiben und Energie effizienter zu ernten, zu gewinnen und zu nutzen – sie besser zu nutzen, anstatt sie weniger zu nutzen.

In der Tat war es aufregend, Anfang dieses Monats zu erfahren, dass Wissenschaftlern in Kalifornien ein großer Durchbruch bei der Kernfusion gelungen ist. Zum ersten Mal haben sie aus einem Fusionsexperiment mehr Energie gewonnen, als sie zum Starten der Reaktion eingesetzt haben. Dies könnte uns auf den Weg zu unbegrenzter sauberer Energie bringen.

Durchbrüche wie diese geben uns Grund, uns auf die Zukunft zu freuen, anstatt sie zu fürchten. Sie erinnern uns daran, dass unsere Menschlichkeit etwas ist, das wir feiern sollten – und nicht etwas, auf das wir mit Misstrauen und Selbstverachtung herabblicken sollten.

Patrick West is a spiked columnist. His latest book, Get Over Yourself: Nietzsche For Our Times, is published by Societas.

Link: https://www.spiked-online.com/2022/12/30/the-rise-of-the-eco-cult/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

 

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