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Der Davos-Komplex
Alljährlich findet das Weltwirtschaftsforum in der Schweizer Kleinstadt Davos statt. Staatslenker und Wirtschaftsgrößen aus der ganzen Welt kommen zusammen. Tatsächlich geht es um Größenwahn und darum, sich rhetorisch endlich wieder über die Normalbevölkerung zu erhöhen – Vehikel sind Klimawandel und „Desinformation“.
von Jonas Aston
Einmal im Jahr schaut die Welt auf das beschauliche 10.000 Einwohner Städtchen Davos in der Schweiz. Grund ist das Annual Meeting des World Economic Forum (WEF). 1971 gründete Klaus Schwab die Organisation. Gemeinsam mit seiner Frau Hildegard baute er die Treffen zum Mega-Event und zu einer der wichtigsten globalen Konferenzen aus. Dieser Tage ist es wieder so weit und 2800 Personen der selbsternannten „globalen Elite“ treffen in den Schweizer Alpen aufeinander – zahllose Spitzenpolitiker aus aller Welt, CEOs, Diplomaten, Journalisten. Um das ominöse Treffen ranken sich viele Mythen, die gerne wiederum als bösartige Verschwörungstheorien gebrandmarkt werden.
Dabei gehört zur Wahrheit zu aller erst: Diese Gerüchte und Mythen hat das WEF ganz selbst erzeugt, denn es präsentiert sich ja selbst bei jeder Gelegenheit als Quasi-Weltregierung, Schwab sich als der große Lenker. Das ist eben Teil seines Geschäftsmodells: Er befriedigt den Größenwahn der politischen Elite mit einer großspurigen Veranstaltung, die am Ende nichts bewirkt, aber eben toll klingt. Man liebt es, mit Begriffen wie „Neue Weltordnung“ um sich zu werfen, dann klingt man so schön wichtig. Kein Wunder, dass es Menschen glauben.
Selbsternannte „Global Leader“
Seit 1993 bietet das Weltwirtschaftsforum (WEF) Ausbildungsklassen für die künftige globale Elite an. Teilnehmer werden als „Young Global Leaders“ bezeichnet. Um Teil des „Young Global Leaders“-Netzwerks zu werden, muss man sich selbst bewerben, sich verpflichten an Kursen und Programmen teilzunehmen, sowie unter 40 Jahre alt sein. Unter den Alumnis versammelt sich das Who’s who der globalen Elite. Angela Merkel war Teil des Ausbildungsprogramms, ebenso wie Bill Gates, Nicolas Sarkozy oder Tony Blair. Auch Emmanuel Macron oder Annalena Baerbock zählen dazu.
Die WEF-Teilnehmer spielen sich als „global Leader“ auf. Man präsentiert sich als elitäre Gruppe, der tieferen Einsichten in die Zusammenhänge der Welt gegeben sind. Den Presserummel, und all die Theorien, die sich um das WEF ranken, genießt man ja in Wahrheit.
Der Gründer Klaus Schwab hat dank des WEF nicht nur Porträts mit Staatslenkern aus der ganzen Welt im Wohnzimmer hängen. Er kann sich als der große Strippenzieher im Untergrund aufspielen. Zudem ist das World Economic Forum für Schwab ein Riesengeschäft. Von den 1.000 größten Unternehmen der Welt sind fast alle Mitglieder des WEF. Mitglieder des WEF zahlen jährlich Beiträge zwischen 60.000 und als „strategische Partner“ bis zu 500.000 Schweizer Franken. Um an der Veranstaltung in Davos teilzunehmen, kann ein Einzelticket zum Preis von 25.000 Schweizer Franken erworben werden.
Ein Milliardenbetrieb auf Hybris gebaut
All das führt zu einem Gesamtumsatz von weit über 300 Millionen Schweizer Franken pro Jahr und reicht aus, um rund 600 Mitarbeiter zu finanzieren. Von Steuerzahlungen ist der WEF im Übrigen befreit. Die Organisation ist in der Schweiz als gemeinnützig anerkannt. Die Schweiz bringt jährlich Millionensummen auf, um das Treffen zu sichern und die Teilnehmer zu schützen. 2019 kostete die Aufwendung von Polizei und Militär rund 11 Millionen Euro. Das WEF beteiligt sich an den Kosten zu einem Viertel, die restlichen Kosten muss der Schweizer Steuerzahler tragen.
Auch Christian Lindner, Annalena Baerbock und Robert Habeck sind in Davos und wollen sich daran beteiligen, die ganz großen Pläne für die globale Zukunft der Menschheit zu schmieden. Der WEF ist eine Symbiose aus Konzernen, führenden Politikern und NGOs. Auf der offiziellen Website des WEF heißt es: „Das Forum bringt die führenden Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und anderen Bereichen der Gesellschaft zusammen, um globale, regionale und industrielle Agenden zu gestalten.“ Hierbei geht es nicht nur um „Networking“ oder einen rein ideellen Gedankenaustausch.
Kampf gegen „Desinformation“ als die ultimative Erhöhung
Es geht dabei natürlich nur um die ganz großen Herausforderungen, Probleme globalen Ausmaßes. Es geht um Themenkomplexe, die von so großer Tragweite sind, dass nur eine Elite imstande ist, sie zu lösen. So das Selbstbild.
Und hier entstehen durchaus gefährliche Gedanken. Unter einem merkwürdigen Gerede über Klimaschutz und Pandemien kommen plötzlich chinesische Funktionäre und westliche Linke zusammen und wirken erschreckend einig. Klaus Schwab bietet eine Plattform bei der sich die selbsternannte Elite berauscht Allmachtsphantasien hingeben kann. Im Interview mit der CGTN-Journalistin Tian Wei, die nach Eigenaussage danach strebt „Bindeglied zwischen China und der Welt zu sein“, erklärte Schwab etwa China zum „Vorbild“. Das Gesellschaftsmodell der Volksrepublik sei für viele Staaten „sehr attraktiv“. Weiterhin erklärte er, dass man „die Bevölkerung betreuen“ müsse.
Führende europäische Funktionäre stimmen in diesen Chor des Machtrausches ein. Ursula von der Leyen präsentierte etwa die aus ihrer Sicht wichtigsten Faktoren für die nächsten Jahre und zitiert praktisch wörtlich den Jahresbericht des WEF. Das ausschlaggebendste Themen der nächsten Jahre, so von der Leyen, seien „nicht Konflikte oder das Klima“ – sie vermeidet den Begriff „Wandel“ an dieser Stelle, mittlerweile sollte ja auch jeder wissen, worauf „Klima“ abzielt –, sondern „Desinformation und Falschinformation“.
Der Klimawandel dient nach der Corona-Pandemie jetzt als perfektes Vehikel, um Größenwahn und Allmachtsphantasien auszuleben. Ganz nach dem Motto: Die breite Bevölkerung ist zu blöd, also müssen wir es als Elite richten. Dafür greift man dann genüsslich auf neue Wege gegen „Desinformation“ zurück, natürlich nur um die Demokratie zu schützen. Angeblich. Aber eigentlich, weil man endlich neue Formulierungen gefunden hat, sich über den Pöbel zu erhöhen.
Im Ergebnis ist der faktische Einfluss der Organisation des WEF nicht besonders groß, aber sie fördert bei den Teilnehmern ein linkes, globales Elitedenken. Klaus Schwab greift viel als genialer Hybris-Unternehmer politischen Trends voraus und bietet der globalen Politik eine Spielwiese.
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