Horst D. Deckert

Der „Kill Switch“ in Fahrzeugen

Der Verzicht auf Kontrolle.

Wir leben in einer Welt, in der die Technologie nahtlos in jeden Aspekt des Lebens integriert ist. Jeden Morgen steigen Sie in Ihr Auto und genießen den Komfort, dass Ihr Smartphone automatisch verbunden wird. Das Fahrzeugsystem bietet alles von der Navigation bis zum Streaming Ihrer bevorzugten Spotify-Playlists und verwandelt Ihr Fahrzeug sogar in einen Wi-Fi-Hotspot. Diese Integration ist der Gipfel des modernen Komforts, birgt aber auch unbemerkte Risiken für Ihre Privatsphäre.

Während der Fahrt sammelt Ihr Auto umfangreiche Daten: Ihre Geschwindigkeit, Ihre Route, sogar Ihre Musikauswahl. Diese Daten, die durch das System des Autos fließen, werfen eine kritische Frage auf: Wem gehören diese Daten? Die Autohersteller behaupten oft, sie seien ihr Eigentum, aber diese Daten sind sehr persönlich und spiegeln Ihre Gewohnheiten und Vorlieben wider.

Vielleicht ist Ihnen gar nicht bewusst, wie wertvoll diese Informationen vorwiegend für Werbetreibende sind. Die Standortdaten Ihres Autos zeichnen ein klares Bild Ihres Lebens und verraten, wo Sie wohnen, arbeiten und einkaufen. Diese scheinbar harmlosen Informationen sind eine Goldgrube für die Erstellung gezielter Werbeprofile. Der Gedanke, dass diese Daten ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung genutzt werden könnten, mag beunruhigen.

Wie groß das Potenzial des Autos ist, allen möglichen Interessen des Überwachungsstaates zu dienen, zeigt ein einziges US-Bundesgesetz.

Überwachung ist natürlich keine Kunst um der Kunst willen – ihr oberstes Ziel ist die strikte Kontrolle der Bevölkerung, und nur wenige Dinge illustrieren den Begriff „Kontrolle“ deutlicher als ein Gesetz, das vorschreibt, dass neue Autos mit einer Technologie ausgestattet sein müssen, die sie (ohne Zustimmung des Fahrers) außer Betrieb setzen kann.

Auf diese „Kill Switch“-Bestimmung machte zuerst der ehemalige Kongressabgeordnete Bob Barr aufmerksam, der in einer Kolumne Ende 2021 schrieb, dass das damalige Infrastrukturgesetz von Präsident Biden (Public Law 117-58) – das eine Billion Dollar vorsah – eine alles andere als harmlose Maßnahme enthielt, die erst in fünf Jahren in Kraft treten sollte.

Wie die meisten dieser gefährlichen, tief in die Privatsphäre eingreifenden und umstrittenen Maßnahmen (z.B. die Einführung von Hintertüren in die Verschlüsselung) wurde auch diese Maßnahme als einfache Möglichkeit angepriesen, die Welt zu verbessern – nämlich dafür zu sorgen, dass betrunkene Autofahrer – im wahrsten Sinne des Wortes – auf der Stelle gestoppt werden können.

Barr interpretierte damals die Vorschrift, die Leistung des Fahrers passiv zu überwachen, so, dass das System ständig in Betrieb sein müsse und es, um überhaupt zu funktionieren, mit den Bedienelementen des Autos verbunden sein müsse. Dies bedeute, dass es viele Möglichkeiten für Missbrauch gebe.

Barr warnte auch davor, dass die Bezeichnung „offenes“ System eine Hintertür bedeuten könnte, durch die jeder – einschließlich unbefugter und böswilliger Dritter – darauf zugreifen könnte, was eine mindestens ebenso große Gefahr darstellen würde wie Trunkenheit am Steuer.

Der jüngste Vorstoß zur Einführung von Alkoholerkennungssystemen in Kraftfahrzeugen, umgangssprachlich als „Kill Switches“ bezeichnet, markiert einen wichtigen Punkt im laufenden Dialog zwischen technischem Fortschritt und bürgerlichen Freiheiten. Vordergründig versprechen diese Systeme eine Reduzierung alkoholbedingter Verkehrsunfälle – ein hehres und notwendiges Ziel. Die Auswirkungen dieser Technologie gehen jedoch weit über den unmittelbaren Bereich der Verkehrssicherheit hinaus und wecken Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre, der Autonomie und der Möglichkeit staatlicher Übergriffe.

Im Zentrum der Debatte steht die Technologie selbst: hoch entwickelte Sensoren und Algorithmen, die eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Alkohol erkennen und das Fahrzeug in diesem Fall abschalten. Diese präventive Sicherheitsmaßnahme wird wegen ihres lebensrettenden Potenzials gelobt, da sie das Fahren unter Alkoholeinfluss eindämmt, der immer wieder zu tödlichen Verkehrsunfällen führt. Die Einführung einer solchen Technologie erfordert jedoch eine ständige Überwachung der Fahrer, ein Eingriff in die Privatsphäre, der erhebliche Bedenken aufwirft. Es gibt viele Fragen bezüglich der Speicherung und Verwendung der gesammelten Daten, und es besteht die Befürchtung, dass der Anwendungsbereich über die ursprüngliche Absicht hinausgehen könnte.

Das Konzept eines Fahrzeugs, das in der Lage ist, menschliche Befehle zu ignorieren, überschneidet sich mit tieferen philosophischen und ethischen Überlegungen. Diese Überschneidung stellt den Begriff der Autonomie und des Einverständnisses im Kontext der persönlichen Mobilität infrage. Die Vorstellung, dass eine Maschine, so gut sie auch gemeint sein mag, eine derartige Kontrolle über die Entscheidungsfreiheit eines Menschen ausüben kann, ist umstritten. Sie eröffnet die Aussicht auf eine Zukunft, in der die persönliche Entscheidungsfreiheit immer mehr an automatisierte Systeme abgegeben wird, angeblich aus Sicherheitsgründen, aber zu welchem Preis für die individuelle Freiheit?

Die Zuverlässigkeit solcher Systeme ist nicht absolut. Die Möglichkeit von Fehlalarmen, bei denen unbeteiligte Fahrer fälschlicherweise als alkoholisiert eingestuft werden, führt eine Ebene der Unvorhersehbarkeit und potenziellen Ungerechtigkeit in die alltägliche Interaktion mit privaten Fahrzeugen ein. Diese Unzuverlässigkeit in Verbindung mit der Möglichkeit des Missbrauchs durch die Behörden – z. B. durch den Einsatz von Wegfahrsperren, um Fahrzeuge aus Gründen stillzulegen, die nichts mit der Beeinträchtigung des Fahrers zu tun haben, wie z. B. bei Unruhen oder aus politischen Gründen – wirft einen langen Schatten auf den Nutzen der Technologie.

Kürzlich wurde im Kongress eine Initiative zur Abschaffung dieses speziellen Mandats eingebracht. Sie geht auf den Kongressabgeordneten Thomas Massie zurück, der erklärt, dass der Notausschalter, der ab 2027 in alle Neuwagen eingebaut werden soll, auf der Grundlage von Daten funktioniert, die von diesen Autos gesammelt werden.

Konkret handelt es sich dabei um Informationen über die Leistung des Fahrers, der von der Technologie im Auto „überwacht“ wird.

Massie – ein Republikaner mit „libertären Tendenzen“, ähnlich dem ideologischen Profil von Barr – versuchte, seinen Änderungsantrag zu verteidigen, indem er sagte, dass „das Recht zu reisen von grundlegender Bedeutung ist“ – aber er stieß auf taube Ohren.

Alle demokratischen Abgeordneten bis auf einen, aber auch 19 Republikaner stimmten dagegen und brachten den Änderungsantrag zu Fall.

Aber die Geschichte der Einführung dieser Funktion in neu verkauften Autos in Amerika geht über die Politik hinaus. Auch die Grundrechte – so ein Bericht der inzwischen berüchtigten „Fact-Checking“-Industrie – spielen eine „Nebenrolle“.

Der Artikel erklärt, dass diejenigen, die sich nicht sicher sind, was dieses Kill-Switch-Mandat eigentlich ist und ob es wirklich bedeutet, dass Autos gegen den Willen des Fahrers angehalten werden können, beruhigt werden, dass dies nicht der Fall ist – wenn sie mit Google danach suchen.

Ist das Kill-Switch-Mandat also wahr? Die „Faktenchecker“ von USA Today und Associated Press kamen zu einem eindeutigen Urteil: „Falsch“. PolitiFact war in seiner Bewertung etwas zurückhaltender und bezeichnete die Behauptung als „größtenteils falsch“. Snopes schlug in die gleiche Kerbe und erklärte, es handele sich um eine „Mischung“ aus wahr und falsch. (Danke, das klärt nichts.)

Wenn man sich jedoch den Gesetzesabschnitt 24220 ansieht, fragt man sich, welcher Teil des Textes die „Faktenprüfer“ so verwirrt hat, dass sie behaupten, die Behauptung, ein Auto könne (von jemand anderem als seinem Fahrer) außer Betrieb gesetzt werden, sei entweder falsch oder „teilweise“ falsch.

In dem Abschnitt heißt es, dass das Ziel darin besteht, Unfälle durch betrunkene Fahrer zu verhindern, und zwar durch „fortgeschrittene“ Präventionstechnologie, die (d. h. die Vorschrift ist obligatorisch) zur „Standardausrüstung aller neuen Personenkraftwagen“ werden soll.

Woher soll das Auto – oder genauer gesagt, die Menschen, die es fahren – wissen, was vorgefallen ist? Wie Barr schon vor zwei Jahren schrieb: durch passive Leistungsüberwachung.

Und wenn ein Problem erkannt wird, kann das System „den Betrieb des Fahrzeugs verhindern oder einschränken“.

Ziemlich einfache Sprache. Andererseits ist nicht ganz klar, wie genau entschieden wird, ob es einen Grund für die Aktivierung des Systems gibt, und genau dieser Mangel an Details könnte für Verwirrung sorgen.

Die Absicht ist jedoch klar – ein Fahrzeug soll außer Betrieb gesetzt werden können, wenn die dazu befugten Behörden dies wünschen.

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