Das ausbeuterische kapitalistische System hüllt sich in ein menschenfreundliches Gewand. Exklusivabdruck aus „Eine Erde für alle! Einssein versus das 1 %“.
von Vandana Shiva
Sie werfen mit der rechten Hand Münzen in eine Bettelschale und ziehen den Armen mit der Linken Scheine aus der Tasche. Das Gates-Modell des philanthropischen Kapitalismus hat wenig mit Wohltätigkeit und Spenden zu tun und dafür um so mehr mit Profit, Kontrolle und Übernahme. Es ist ein Wirtschaftsmodell, das gewinnträchtige Investitionen begünstigen soll, das politisch auf größere Verfügungsgewalt und die Reduktion von Vielfalt abzielt. Mächtige Global Players wollen sich das natürlich Gegebene aneignen, es monopolisieren und ökonomisch verwertbar machen. Konkurrenz soll ausgeschaltet, demokratische Mitprache zum Schweigen gebracht werden. Das Trojanische Pferd mit dem diese destruktive Agenda alle Hürden zu überrennen sucht, heißt „Hilfeleistung“.
Auf der 64. Weltgesundheitsversammlung in Genf am 16. Mai 2011 gab Gates zu, dass die Stiftung die Forschung an Impfstoffen finanziere und anschließend Patente darauf erwerbe. Er sagte: „In Bezug auf geistiges Eigentum ist das, was wir tun, eigentlich ganz einfach: Wir finanzieren Forschung, und wir selbst oder unsere Partner schaffen geistiges Eigentum, sodass alles, was mit Hilfe der Stiftungsgelder erfunden wird und in reichere Länder geht, sich auch tatsächlich auszahlt.“
Gates hat Geld zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Afrika gespendet, und er, die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta und die National Institutes of Health (NIH) besitzen Patente auf den Ebola-Impfstoff. Auf dem G-20-Gipfel in Hamburg am 8. Juli 2017 wurde von allen Krankheiten der Welt ausgerechnet Ebola herausgegriffen, was zeigt, wie sehr er die Agenda der „Entwicklungs“-Finanzierung bestimmt.
Der Bericht Global Justice Now warnt:
Gated Development zeigt, dass der Trend, die Wirtschaft in die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit einzubeziehen, für die Prioritäten und die Finanzierung der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF ) von zentraler Bedeutung ist. Wir meinen, dass dies eine keineswegs neutrale karitative Strategie ist, sondern vielmehr eine ideologische Verpflichtung zur Förderung neoliberaler Wirtschaftspolitik und der Globalisierung von Konzernen. Big Business profitiert direkt von den Aktivitäten der Stiftung, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft und Gesundheit, obwohl bewiesen ist, dass Businesslösungen nicht die effektivsten sind.
Das vielleicht Auffälligste an der Bill & Melinda Gates Foundation ist, dass es trotz ihrer aggressiven Unternehmensstrategie und ihres außerordentlichen Einflusses auf Regierungen, Wissenschaftler und Medien keine kritischen Stimmen gibt. Global Justice Now ist besorgt darüber, dass der Einfluss der Stiftung so allgegenwärtig ist, dass viele Akteure der internationalen Entwicklung, die sonst die Politik und Praxis der Stiftung kritisieren würden, aufgrund der Finanzierung durch die Stiftung und ihrer Schirmherrschaft nicht in der Lage sind, sich unabhängig zu äußern.
Gated Development berichtet weiter:
„Ein großes Problem bei der Fokussierung auf Technologie ist, dass die BMGF, zusammen mit anderen philanthropischen Stiftungen, die Hilfspolitik immer weiter weg von der Priorisierung von Rechten und Gerechtigkeit hin zu einer technokratischen ‚autoritären Entwicklung‘ umgestaltet.“
So erklärte Bill Gates in seinem Jahresbrief 2015, dass es in den nächsten 15 Jahren zu großen Durchbrüchen in armen Ländern kommen wird, die „durch Innovationen in der Technologie vorangetrieben werden — von neuen Impfstoffen und widerstandsfähigeren Nutzpflanzen bis hin zu viel billigeren Smartphones und Tablets — und durch Innovationen, die helfen, diese Dinge mehr Menschen zugänglich zu machen“.
Eine Geschichte: eine Illusion, konstruiert von dem 1 Prozent
„Alles verblasste zu Nebel. Die Vergangenheit wurde ausgelöscht, die Auslöschung wurde vergessen, die Lüge wurde Wahrheit“ — George Orwell.
„Der Kampf des Volkes gegen die Macht ist der Kampf der Erinnerung gegen das Vergessen“ — Milan Kundera.
Das Ausradieren, Auslöschen ist ein wesentliches Element bei der Errichtung der Geldmaschine und der Illusion von Demokratie, die hilft, die Geldmaschine in Gang zu halten.
Dies schließt das Ausradieren unseres vielfältigen Wissens ein sowie unserer vielfältigen Ökonomien, unserer vielfältigen Demokratien und unserer vielfältigen Geschichte. Dies wiederum führt gleichzeitig zur Tilgung des Potenzials unserer Verschiedenheit, die Möglichkeit, in wechselseitiger Abhängigkeit und Zusammenarbeit nebeneinander zu existieren und zum gemeinsamen Wohlstand, zum Gemeinwohl beizutragen. Und es geht auch um die Tilgung der Erinnerung an die Gewalt der Kolonialisierung in Vergangenheit und Gegenwart. Die Gewalt wird als Fortschritt „naturalisiert“, und die Auslöschung, die es in jeder Phase der Kolonialisierung gibt, als „Gestaltung“. Sie tilgt den Zusammenhang zwischen dem Reichtum und der Macht des Kolonisators und der Armut und Marginalisierung der Kolonisierten.
„Entwicklung“ ist Teil dieser Erzählung, die auf Rostows „Wachstumsstadien“ beruht. Sie nennt die durch den Kolonialismus geschaffene Armut „Unterentwicklung“ und bietet die weitere Kolonialisierung durch von außen kontrollierte und geförderte „Entwicklung“ als Lösung für diese Armut an.
Schurkenstücke
Zu den unverantwortlichsten Experimenten, die Gates forciert, gehört das Geo-Engineering, das als militärisches Instrument zur Wetterveränderung begann und Teil der geostrategischen Kriegsführung war. Es handelt sich dabei um die bewusste Veränderung von Wetter und Klima, also um Eingriffe in das Klimasystem der Erde. Zu den Techniken gehören das Solar Radiation Management (SRM) sowie andere Eingriffe in das Erdsystem unter dem Vorwand der Kohlendioxidminderung (CDR) oder der Beseitigung von Treibhausgasen (GGR).
Gates und andere Milliardäre finanzieren sowohl Geo-Engineering-Experimente als auch Lobbyarbeit bei Regierungen, um diese Experimente auf globaler Ebene durchführen zu können. Wie aus einem Bericht des Guardian hervorgeht, erhielt die US-Regierung in den Jahren 2009 bis 2010 Anträge auf in Höhe von über zwei Milliarden Dollar für die Geo-Engineering-Forschung, gab aber nur rund 100 Millionen Dollar aus.
In dem Bericht heißt es, dass die Professoren David Keith von der Harvard University und Ken Caldeira von der Stanford University über 4,6 Millionen Dollar von Gates erhielten, um den Fonds für innovative Klima- und Energieforschung (FICER) zu verwalten. Der Bericht führt weiter aus, dass Professor Keith laut seiner Erklärung zu finanziellen Interessen jedes Jahr eine nicht offengelegte Summe von Bill Gates erhält und Präsident und Mehrheitseigentümer des 2009 gegründeten Geo-Engineering-Unternehmens Carbon Engineering ist, an dem Gates und ein weiterer privater Investor, Murray Edwards, große Anteile — zusammen über zehn Millionen Dollar — halten sollen.
Der Guardian erläutert, dass ein weiteres Unternehmen von Edwards, Canadian Natural Resources, Pläne hat, 25 Milliarden Dollar zu investieren, um den bitumenhaltigen Sand, der in Nord-Alberta gefunden wurde, in Fässer mit Rohöl zu verwandeln. Caldeira sagt, dass er pro Jahr 375.000 Dollar von Gates erhält, ein Patent auf Kohlenstoffabscheidung besitzt und für Intellectual Ventures arbeitet, ein privates Geo-Engineering-Forschungsunternehmen, das sich zum Teil im Besitz von Gates befindet und von Nathan Myhrvold, dem ehemaligen Technologiechef von Microsoft, geleitet wird.
Wie Diana Bronson von ETC (Action Group on Erosion, Technology and Concentration) im Guardian sagt:
„Es gibt eindeutige Interessenskonflikte bei vielen an der Debatte Beteiligten. Wirklich beunruhigend dabei ist, dass dieselbe kleine Gruppe, die sich mit risikoreichen Technologien beschäftigt, die den Planeten geotechnisch verändern werden, gleichzeitig versucht, die Diskussion um internationale Regeln und Vorschriften zu bestimmen. Wir können dem Fuchs nicht die Verantwortung für den Hühnerstall übertragen.“
Clive Hamilton, Professor für öffentliche Ethik am Zentrum für angewandte Philosophie und öffentliche Ethik an der Charles-Stuart-Universität und Autor von Earthmasters: The Dawn of the Age of Climate Engineering schreibt in seinem Blog für The Guardian:
„Die Öko-Clique betreibt Lobbyarbeit für eine enorme Finanzspritze aus öffentlicher Hand in die Geo-Engineering-Forschung. Sie dominiert praktisch jede Untersuchung über Geo-Engineering. Sie ist bei fast allen Expertenberatungen dabei. Sie stellte die führenden Berater bei parlamentarischen Erhebungen und Kongressuntersuchungen, und ihre Ansichten werden aller Wahrscheinlichkeit nach die Beratungen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaveränderungen (IPCC) der UNO beherrschen, der sich zum ersten Mal mit dem wissenschaftlichen und ethischen Streit um Geo-Engineering auseinandersetzt.“
Bill Gates hat mindestens 4,5 Millionen Dollar seines eigenen Geldes für die Untersuchung von Methoden bereitgestellt, die die Stratosphäre durch Reflexion der Sonnenstrahlung und Aufhellung der Ozeanwolken verändern könnten. Intellectual Ventures hat Patente auf Techniken zum Geo-Engineering der Stratosphäre angemeldet. Zusammen mit Beamten dieser Organisation beantragte Gates 2008 ein Patent, um Hurrikane abzuschwächen, indem Oberflächen- und Tiefseewasser vermischt werden.
Gated Development berichtet:
„Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von The Lancet und dem University College London kam zu dem Schluss, dass die Klimaveränderung ‚die größte globale Gesundheitsbedrohung des 21. Jahrhunderts‘ ist.“
Anstatt sich auf die Umweltverschmutzung und die anthropogenen Faktoren, die die Klimaveränderungen vorantreiben, zu konzentrieren, geht man davon aus, dass das Problem der Klimazerrüttung darin besteht, dass die Sonne auf die Erde scheint.
Alle Geo-Engineering-Lösungen für den Klimawandel sind vereinfachend und nicht-ökologisch und konzentrieren sich darauf, die Sonne abzuschirmen, entweder indem das Sonnenlicht durch Spiegel am Himmel zurückreflektiert wird oder indem künstliche Vulkane geschaffen oder Aerosole versprüht werden.
Aber die Sonne ist nicht das Problem. Fossile Brennstoffe und das auf fossilen Brennstoffen beruhende industrielle System und vor allem die industrielle Landwirtschaft sind die Probleme. Die Sonne ist unverzichtbar, denn ohne sie gäbe es keine Fotosynthese, kein Leben, keine Nahrung.
Die Klimaveränderung ist nicht nur die globale Erwärmung, auf die eine mechanistische „globale Abkühlung“ durch lebenszerstörende Geo-Engineering-Experimente die Antwort sein kann. Die Klimakrise ist eine Zerrüttung der Prozesse auf der Erde, die das Klima regulieren. Die Folge dieser Zerrüttung ist ein Klimachaos und extreme und unvorhersehbare Ereignisse. Geo-Engineering wird diese Zerrüttung nur noch verschlimmern.
In einem Beitrag auf einer Geo-Engineering-Konferenz zum Thema Ethik mahnt Jane Long, Direktorin des Lawrence Livermore National Laboratory in den USA:
„Wir müssen uns vor Sonderinteressen in acht nehmen (und) sicher sein, dass Entscheidungen nicht von Parteien beeinflusst werden, die durch die Entscheidung, das Klima zu verändern, beträchtliche Geldsummen verdienen könnten, insbesondere, wenn sie geschütztes geistiges Eigentum verwenden.“
Wenn unser Zeitalter als Anthropozän bezeichnet wird, bezieht es sich auf die Macht des Menschen, die ökologischen Prozesse der Erde empfindlich zu stören. Aber es wäre arrogant und unverantwortlich zu behaupten, dass diese Macht zu zerstören, einigen privilegierten Menschen das Recht gibt, die Ressourcen, Prozesse und Systeme der Erde zu vereinnahmen und dabei die Kreativität, Selbstorganisation und Vielfalt der Lebewesen und Lebenssysteme zu negieren. Die Natur ist mehr als ein menschliches Konstrukt oder ein Objekt zur menschlichen Manipulation und zum kurzfristigen Nutzen. Nein, sie ist die schöpferische Kraft des Universums. Am Leben zu sein bedeutet, im Ökozän zu leben.
Ich bezeichne als Ökozän sowohl den ökologischen Prozess der Erde und der Biosphäre, der das Leben gestaltet, nährt und erhält, als auch das zunehmende Bewusstsein unter den Menschen, dass wir Erdenbürger sind, Teil der Erdengemeinschaft. Dazu gehört das Bewusstsein, dass die Erde Rechte hat und dass wir die Pflicht haben, für sie, ihre Geschöpfe und unsere Mitmenschen zu sorgen. Und es gehört dazu, die Fehler, falschen Annahmen und Beschränkungen des mechanistischen Verstandes zu korrigieren und zu überwinden.
Ich habe es bewusst vermieden, unsere Zeit als das Zeitalter des Anthropozäns zu bezeichnen, denn eine anthropozentrische Weltsicht hat einen Großteil der ökologischen Zerstörung unserer Zeit verursacht. Den Menschen weiterhin in den Mittelpunkt des Denkens zu stellen, bedeutet, die menschliche Hybris aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus geht der Anthropozentrismus Hand in Hand mit dem Ethnozentrismus und den Paradigmen, die im Westen mit dem Aufkommen von Kolonialismus, Industrialismus und Kapitalismus entstanden sind. Die Herrschaft des 1 Prozents ist ein Hyper-Anthropozentrismus, der nicht nur die Rechte aller nicht-menschlichen Wesen, sondern auch die der meisten Menschen ausschließt.
Der Weltumwelttag 2017 stand ganz im Zeichen des Ausstiegs von US-Präsident Donald Trump aus dem Pariser Abkommen. Was bedeutet Trumps Arroganz für die internationalen Verpflichtungen zum Schutz der Erde, für eine Zukunft, die auf ökologischer Gerechtigkeit beruht, für die Aussaat der Samen der Erddemokratie? Umweltgesetze auf nationaler Ebene wurden in den 1970er-Jahren geschaffen, um die Erde vor Schaden zu bewahren, und — weil wir auf der Erde leben — auch die Menschen vor Schaden zu bewahren.
1992 verabschiedete die internationale Gemeinschaft auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro zwei wichtige ökologische Prinzipien — das Vorsorgeprinzip und das Verursacherprinzip — und unterzeichnete zwei rechtsverbindliche Abkommen: die CBD und die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCC).
Beide Verträge wurden von den aufkommenden ökologischen Wissenschaften und der sich vertiefenden Ökologiebewegung geprägt. Der eine war eine wissenschaftliche Antwort auf die ökologische Verschmutzung durch fossile Brennstoffe. Der zweite die wissenschaftliche Antwort auf die genetische Verschmutzung durch GVO und die Erosion der biologischen Vielfalt durch die Ausbreitung industrieller, chemieintensiver Monokulturen. Drei Jahre nach Rio kam die Leipziger UN-Konferenz über pflanzengenetische Ressourcen zu dem Schluss, dass 75 Prozent der biologischen Vielfalt aufgrund der Grünen Revolution und der industriellen Landwirtschaft verschwunden sind. Interdisziplinäre Wissenschaft und demokratische Bewegungen gaben den Anstoß für das Umweltvölkerrecht. Wissenschaft und Demokratie sind nach wie vor die Kräfte, die die schreckliche Bedrohung der Erde durch die Gier der Konzerne hinterfragen.
Beim Thema Klimawandel geht es vor allem darum, die Emissionen zu reduzieren und Strategien zur Anpassung zu entwickeln. Bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt geht es um die Biosicherheit sowie um die Einführung und Förderung von Praktiken, die die biologische Vielfalt erhalten.
Ein Projekt, das sowohl die Oberflächlichkeit von Gates Ideen als auch seinen Willen veranschaulicht, Natur und Gesellschaft zu kontrollieren — oder dies durch eine Maschine erledigen zu lassen, ist das Projekt „Big History“, zu dem er Berichten zufolge zehn Millionen Dollar beigetragen hat. Das Projekt ist von Videos inspiriert, die der australische Professor David Christian produziert hat und die Gates beim Training auf seinem Laufband anschaute. In Christians Videos geht es nicht um Geschichte, sondern darum, die menschliche Geschichte durch eine lineare, technokratische Vision einer Gesellschaft zu ersetzen, die auf genetischem Determinismus beruht. Es gibt keine Menschen in Christians Geschichtsdarstellung, keine Kulturen, keine Kolonialisierung, keine Konzerne, keine Milliardäre, die eine Wirtschaft für das 1 Prozent betreiben. Big History ist nichts weiter als eine mechanistische, reduktionistische, technokratische Erzählung von Macht und Kontrolle. Es ist eine Geschichte, um eine Zukunft für das 1 Prozent zu schaffen, durch das 1 Prozent, für das 1 Prozent. Es ist die Neuschreibung der Geschichte für Big Money. Wie Katherine Edwards in ihrem Artikel Warum das Big History Project von Bill Gates finanziert wird schreibt:
„ … der alarmierendste Aspekt ist nicht der Inhalt dessen, was Gates und Christian vorschlagen, sondern die Tatsache, dass jemand ohne geschichtliches oder pädagogisches Hintergrundwissen eines Morgens auf dem Laufband zufällig auf eine Idee stößt, und bald darauf wird die Erziehung Tausender Kinder umgemodelt. Sie soll mit dessen neuester Marotte in Einklang gebracht werden — aufgrund der enormen wirtschaftlichen Macht, die er besitzt.“
Im Vereinigten Königreich folgt das staatliche Bildungswesen rasch dem US-Modell, wird immer stärker kommerzialisiert und von demokratischen Rechenschaftspflichten abgekoppelt. Kommunalen Schulen werden von Maklern Bestechungsgelder angeboten, damit sie zu Akademien werden, und das Bildungsministerium weigerte sich, gewinnorientierte staatliche Schulen zu verbieten. Vor Kurzem mussten wir erleben, wie eine Bildungsministerin aus einer Laune heraus einen Geschichtslehrplan entwarf. Vielleicht wird es beim nächsten Mal ein nicht gewählter Milliardär sein.
Bill Gates hat ein äußerst begrenztes Vokabular – „Innovation“, „Technologie“ und „Investitionen“. Es verrät, wie seine Vorstellungskraft von Macht und Kontrolle, von Geld und Technologie geprägt ist.
Vielfältige Stimmen und Meinungen sind das Herzstück von Freiheit und Demokratie. Wenn Menschen frei sind, haben sie eine Stimme. Wenn Gesellschaften demokratisch sind, werden ihre Stimmen gehört. Wenn Gesellschaften undemokratisch werden, werden die Stimmen unterdrückt und zum Schweigen gebracht. Big Money bedroht die Demokratie, indem es die verschiedenen Stimmen der Menschen zum Schweigen bringt, indem es die Nachrichten, die Medien und folglich die öffentliche Meinung kontrolliert und manipuliert.
Die eine Geschichte ist die Neuschreibung von Geschichte, das Fälschen der Realität, die Unterdrückung der realen Stimmen realer Menschen, um einen Resonanzraum für künstlich erzeugte, digital gesteuerte Narrative zu schaffen.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Eine Erde für alle! Einssein versus das 1 %“ von Vandana Shiva.
Vandana Shiva ist Wissenschaftlerin, Autorin von mehr als 20 Büchern, Umweltaktivistin und Verfechterin von Ernährungssouveränität und Erddemokratie. Ihre Pionierarbeit in den Bereichen traditionelle Landwirtschaft und Frauenrechte, insbesondere im Globalen Süden, hat einen grundlegenden kulturellen Wandel der Sichtweise der Welt auf diese Themen bewirkt.
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