Im Prozess um verbale Anfeindungen gegen den Virologen Christian Drosten auf einem Campingplatz bei Wesenberg hat das Amtsgericht Waren (Müritz) ein Paar aus Berlin zu Geldstrafen auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine sechsmonatige Haftstrafe auf Bewährung sowie 200 Stunden gemeinnützige Arbeit für den Angeklagten und eine Geldstrafe von mehr als 1300 Euro für die Frau gefordert. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert, ihrer Ansicht nach seien alle Äußerungen ihrer Mandanten von der freien Meinungsäußerung gedeckt gewesen.
Während eines Kurzurlaubs mit seiner Familie auf einem Campingplatz an der Mecklenburgischen Seenplatte im Juni 2022 war Drosten von anderen Campern verbal angegriffen und angeblich unter anderem als „Massenmörder“ und „Verbrecher“ beschimpft worden – teilweise in Anwesenheit seines vierjährigen Sohnes. Nach eigener Aussage habe Drosten sich bedroht und beleidigt gefühlt und schließlich die Polizei gerufen.
Gestern verurteilte das Amtsgericht Waren den 49-jährigen, nicht vorbestraften Hauptangeklagten und dessen 51-jährige Frau zu Geldstrafen in Höhe von 1.200 Euro beziehungsweise 375 Euro – allerdings wurden die Strafen auf ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht sprach eine sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt aus, was bedeutet, dass das Gericht zwar die Schuld des Angeklagten feststellt und eine Geldstrafe ausspricht, diese aber vorbehalten wird und somit ist es eine Art Bewährung.
Der Hauptangeklagte wurde wegen öffentlich begangener Verleumdung, Beleidigung und des Verstoßes gegen das Kunsturheberrecht, weil er unerlaubt Fotos von Drosten gemacht und online weitergeschickt habe, für schuldig befunden. Die Frau wurde wegen Beleidigung belangt, da sie nach eigenen Angaben etwa „Verpiss dich“ zu Drosten gesagt hatte. Gegen eine weitere Angeklagte wurde das Verfahren im Laufe des Prozesses wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Der Richter blieb unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft, diese hatte sechs Monate Haft auf Bewährung und 200 Stunden gemeinnützige Arbeit für den Angeklagten und für seine Frau eine Geldstrafe von mehr als 1300 Euro verlangt. Der Richter begründete das Urteil damit, dass auch ein öffentlich bekannter Mensch wie der seinerzeit vor allem als Corona-Experte bekannte Drosten das Recht habe, während seines Urlaubs in Ruhe gelassen zu werden. Bei dem Verfahren gehe es nicht um die Coronapolitik, sondern um Anstand und Respekt, betonte der Richter. In dem Prozess waren auch die Corona-Maßnahmen, die die Angeklagten strikt ablehnten, und ihre Auswirkungen zur Sprache gekommen. Drosten hatte in dem Verfahren geschildert, die Beschimpfungen seien mit einem großen Hass gegen seine Person einhergegangen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Laut dem Richter geht es also um Anstand und Benehmen. Die Umgangsformen des angeklagten Paares kann man sicherlich als rüde bezeichnen, aber müssen die beiden deswegen gleich vor Gericht gezerrt werden? Besonders, wenn man bedenkt, welche Beleidigungen Maßnahmenkritiker und vor allem Ungeimpfte während der sogenannten Pandemie hinnehmen mussten. Eine Abkopplung von der Coronapolitik ist hier schlichtweg unmöglich. Welcher Normalbürger klagt, weil er aufgefordert wurde, sich zu „verpissen“? Wäre es zu diesem Urteil gekommen, wenn der Kläger nicht Christian Drosten gewesen wäre?
Die Coronapolitik muss endlich politisch aufgearbeitet werden. Es wäre durchaus denkbar, dass im Zuge dieser Aufarbeitung auch „Experten“ wie Drosten vor Gericht landen könnten. Ohne Grundlage Millionen von Menschen die Grundrechte zu entziehen, wäre in einem funktionierendem Rechtsstaat nämlich sicherlich strafbar.