Horst D. Deckert

Ein hoffnungsloser Aufwand für eine Klimaneutralität in 2045 für eine nicht messbare CO2-Konzentration (Teil I)

Der Primärenergieverbrauch Deutschlands muss zur Einstellung der Klimaneutralität in 2045 durch die Anwendung der H2-Technologie zur Lösung des Stromspeicherproblems von 380 auf 638 Gigawatt angehoben werden

Dr.-Ing. Erhard Beppler

Fazit

Die Bundesregierung hat im Rahmen des „Osterpakets 2022“ beschlossen, über Zwischenschritte in 2030 und 2035 die Klimaneutralität für alle Sektoren in 2045 zu erreichen.

Dazu sollen im Wesentlichen neben der Bioenergie alle Energieträger bis 2045 auf die Stromerzeugung über Wind und Sonne umgestellt werden, wobei das erst in 2021 erkannte Stromspeicherproblem z.Z. über Erdgas, danach im Sinne der Klimaneutralität auf die H2-Technologie umgestellt werden soll.

In 2021 lag der Anteil der erneuerbaren Energien im Primärenergieverbrauch (errechnet im Wesentlichen aus dem Endenergieverbrauch einschließlich Wirkungsgrad und Verlusten) gerade einmal bei 16% (61 Gigawatt (GW), davon über Wind und Sonne 17,5 + 7,6 = 25,1 GW, Bioenergie 35,9 GW), der Anteil der übrigen auf Wind und Sonne umzustellenden Energieträger bei 319 GW.

In Summe müssen dann in 2045 319+17,5+7,6=344 GW über die Stromerzeugung von Wind und Sonne erzeugt werden, die Summe des Primärenergieverbrauches einschließlich Bioenergie liegt dann bei 344+36 = 380 GW.

Aber die Schwankungsbreiten der Stromerzeugung über Wind und Sonne liegen zwischen null und nahe der Installationsleistung (Flatterstrom) und müssen über die H2-Technologie dem schwankenden Stromverbrauch der Verbraucher angepasst werden.

Dazu muss ein Stromspeichervolumen von „GW aus Wind+Sonne/2“ aufgebaut werden, um in Zeiten unzureichender Stromerzeugung über Wind und Sonne auf die Speicher zurückgreifen zu können.

Der Energiebedarf für die H2O-Elektrolyse mit anschließender Verstromung des H2 liegt bei einem hoch angesetzten Wirkungsgrad von 40% bei „GW aus Wind+Sonne/2/0,4“.

Das bedeutet für die Stromerzeugung über Wind und Sonne, dass jeweils für eine erforderliche Leistung von 1 GW in Summe 1,75 GW wegen der H2-Technologie aufgebracht werden muss.

Aus diesen schlichten Zahlen im Primärenergieverbrauch von 344 GW werden durch das aufwendige Speicherproblem 344×1,75 = 602 GW erforderlich, die Summe des Primärenergieverbrauches einschließlich Bioenergie liegt dann bei 602+36 = 638 GW. (Zum Vergleich: die Summe der Stromleistung liegt z.Z. bei etwa 65 GW).

Für die Erzeugung von 602 GW Stromleistung über Wind und Sonne sind dann Flächen erforderlich, zu denen Deutschland nur zu einem Bruchteil beitragen könnte, d.h. die Sicherheit der Stromerzeugung für Deutschlands Industrie wird in die Hände diverser Staaten gelegt werden müssen – ein Fehler, für den wir z.Z. schmerzlich bezahlen müssen.

Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in ein technisches Fiasko, das gegen einen politischen Willen bar einfachster Mengenbilanzen umgehend ein Ende finden muss.

1. Was bedeutet Klimaneutralität in 2045?

Nach den Aussagen in Habecks „Osterpaket 2022“ wird in 2030 eine Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen (Wind und Sonne) von 80% angestrebt (115 GW über Wind (davon 30 GW über Wind offshore), 215 GW über Solar), in 2035 annähernd 100%, Klimaneutralität in 2045, d.h. Klimaneutralität für alle Sektoren.

Klimaneutralität bedeutet den Abbau aller noch in 2021 ausgestoßenen CO2-Emissionen von 675 Mio.CO2 auf null (Bild 1). (2)

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Bild 1: Entwicklung der CO2-Emissionen

Um das Problem der Klimaneutralität bis 2045 beschreiben zu können, wird zunächst der Primärenergieverbrauch in 2021 diskutiert. Der Primärenergieverbrauch errechnet sich im Wesentlichen aus dem Endenergieverbrauch und den Wirkungsgraden und Verlusten, die bei der Erzeugung der Endenergie (Strom, Benzin, Gas, etc.) auftreten.

Wird der Primärenergieverbrauch von 2021 als Basis für die Betrachtung der Klimaneutralität in 2045 herangezogen, so teilen sich die erforderlichen Energieträger bei einem Gesamt-Primärenergieverbrauch in 2021 von 12 193 Petajoule oder 384 GW bzw. 3364 TWh wie folgt auf (Bild 2). (3)

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Bild 2: Primärenergieverbrauch in 2021

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In dieser Primärenergieverteilung müssten dann bis 2045

100-16 (Erneuerbare)-1,3 (Sonstige) = 83% oder 319 GW (2794 TWh)

zusätzlich über alternative Energien – bevorzugt über Wind und Sonne – ausgetauscht werden, da die übrigen alternativen Energien (Wasserkraft, Biomasse, etc.) ziemlich ausgereizt sind.

Bild 3 zeigt die Verteilung der Energiebereitstellung aus den erneuerbaren Energien in 2021 auf der Basis des Endenergieverbrauches. (2)

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Bild 3: Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien in 2021

Da Wirkungsgrad- und Verlust- bedingt die Summe der erneuerbaren Energien in der Primärenergieverteilung höher liegt als bei der Betrachtung der Endenergiebereitstellung, werden die Angaben der Endenergie auf die Primärenergie im Verhältnis 61:53 (errechnet aus 467 TWh – Bild3) hochgerechnet werden:

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Aus den 17,5 GW über Wind und den 7,6 GW über Solar ergibt sich dann eine Gesamt-Primärenergieleistung für 2021 von

319+17,5+7,6 = 344 GW,

die in 2045 über Wind und Solar beigestellt werden müssen (wobei eine gleiche Produktion in 2045 in den einzelnen Sektoren unterstellt wird).

Um eine Gewichtung der Zahlen begreiflich zu machen sei vermerkt, dass in 2021 die mittlere Stromleistung in Deutschland bei 65 GW lag. Für die 17,5 GW waren etwa 30 000 Windanlagen erforderlich.

Für 2045 ist dann auf der Basis des Osterpakets 2022 von folgendem Scenario für die erneuerbaren Energien auf der Basis des Primärenergieverbrauches auszugehen:

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Damit müssen in 2045 344 GW über Wind und Sonne aufgebracht werden gegenüber 330 GW in 2030.

Bei diesen Zahlen könnte der Verdacht aufkommen, dass bis 2030 der Weg auch praktisch für 2045 schon geebnet sei.

In dieser fehlerhaften Betrachtungsweise wird jedoch davon ausgegangen, dass Wind und Sonne stets zielgerichtet die Stromleistung den schwankenden Verbraucherstromleistungen angepasst liefert – dem ist nicht so. (4,1)

Die Schwankungsbreiten der Stromerzeugung über Wind und Sonne bewegen sich nämlich zwischen null GW (z.B. nachts bei Windstille) und nahe der installierten Stromleistung („Flatterstrom“).

Um eine an den Strombedarf angepasste Stromleistung ständig zu gewährleisten, muss daher stets die halbe Stromleistung über Wind und Sonne gespeichert werden können (von Windflauten abgesehen)

Speichervolumen (GW) = GW aus Wind und Sonne/2,

um sie bei Stromunterdeckung über Wind und Sonne einspeisen zu können. (4,1)

Da diese Stromleistung im Sinne der Klimaneutralität über die H2O-Elektrolyse mit anschließender Verstromung des H2 mit einem Wirkungsgrad (hier hoch angesetzt) von 40% erfolgen muss, gilt für die Gesamt-Energieerzeugung über Wind und Sonne

GW aus Wind und Sonne/2 + GW aus Wind und Sonne/2/0,4. (4,1)

Das bedeutet für die Primärenergieerzeugung in 2021:

Um eine Stromleistung von 344 GW zur Einstellung der Klimaneutralität über Wind und Sonne ausschließlich über die H2-Technologie zu gewährleisten, müssen

344/2 = 172 GW Speichervolumen

vorgehalten werden einschließlich eines Energieaufwandes für die Speicherung über die H2-Technologie von

344/2 + 344/2/0,4 = 172 + 430 = 602 GW

Das bedeutet für die Stromerzeugung über Wind und Sonne, dass für Die Erzeugung von 1 GW stets 1,75 GW für die Speicherung und die Anwendung der H2-Technologie aufgebracht werden muss.

Nach Wikipedia fließt bei erneuerbaren Energien nur die erzeugte elektrische Energie in den Primärenergieverbrauch ein, d.h. es wird ein Wirkungsgrad von 100% zur Berechnung des Primärenergieverbrauches angenommen.

Daher waren in einer früheren Arbeit diese Überlegungen der Einstellung einer Klimaneutralität über eine Stromerzeugung ausschließlich über Wind und Sonne einschließlich der H2-Technologie auch an den Endenergieverbräuchen über Angaben über die zukünftigen Energieverbräuche in den einzelnen Sektoren (ohne Landwirtschaft) durchgeführt worden. (4) Das hatte zu folgenden Ergebnissen geführt:

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Auch bei dieser Betrachtungsweise ist der Energieaufwand für die Umstellung aller Sektoren auf Wind und Sonne einschließlich der Anwendung der H2-Technologie mit 455 GW gewaltig. (Im Allgemeinen liegen die Endenergieverbräuche durch die eingerechneten Wirkungsgrade/Verluste um etwa 25% niedriger als bei den Primärenergieverbräuchen).

Nun werden für die Beschaffung derartiger Stromleistungen über Wind und Sonne enorme Flächen benötigt.

Für die Berechnung der Flächen für Windstrom wurden die Nutzungsgrade der Windanlagen aus den Stromkennzahlen von März 2021 mit 25% angesetzt. (5)

Für den Flächenbedarf je Windanlage wurde von 5 MW-Anlagen mit einem Flächenbedarf von 1 km2 ausgegangen, der Flächenbedarf für Solaranlagen wurde nicht weiter verfolgt.

Der Flächenbedarf für die Umstellung auf die H2-Technologie errechnet sich dann alleine für die Windanlagen ausgehend von den 455 GW (nach dem Verhältnis Wind : Solar in Tafel 3) für Wind zu 159 GW oder

159 000/0,25/5 = 127 000 km2 (bezogen auf Wind onshore).

Dazu kommt eine Fläche für 296 GW über Solaranlagen.

Die Fläche Deutschlands beträgt 357 000 km2, davon 182 000 km2 für Landwirtschaft, 111 000 für Wald, 50 000 für Siedlung und Verkehrsfläche.

Damit sind auch die 2% der Landesfläche für Windanlagen eine Illusion.

Die für die Umstellung auf H2- Technologie erforderliche Fläche liegt damit in einer Größenordnung, zu der Deutschland nur mit einem Bruchteil beitragen könnte , d.h. Deutschland wäre bei der für das Funktionieren der deutschen Industrie wichtigen Stromversorgungssicherheit von den verschiedensten Ländern abhängig – von den enormen Aufwendungen für den Transport von H2 abgesehen. Damit ist die Stromversorgungssicherheit nicht gewährleistet, gerade Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit sollten nachdenklich machen.

2. Schlussbetrachtung

Wider die Anwendung technischer Fakten soll auf den Einsatz von Kohlenstoff-Trägern (Braunkohle, Steinkohle, Gas, etc.) verzichtet werden zugunsten einer ausschließlichen Stromerzeugung über Wind und Sonne.

Da nachts die Sonne nicht scheint und auch der Wind nicht immer geneigt ist, Strom zu erzeugen, wurde schließlich in 2021 erkannt, dass ordentlich Stromspeicher gebaut werden müssen.

Flugs wurde Erdgas ob seiner Flexibilität bei der Stromerzeugung als Lückenbüßer auserkoren mit der Folge, dass der Erdgaspreis neben anderen Einflussgrößen schon in 2021 massiv anstieg.

Dann begann im Februar 2022 der Ukraine-Krieg mit der Verunsicherung der weiteren Gaslieferung aus Russland, was dann gerne als ausschließliches Argument für den Anstieg des Gaspreises herhalten musste.

Um der Verunsicherung der Gaslieferung zu begegnen, wird nun auch der schnellere Ausbau der Wind- und Solaranlagen gepriesen, was vor allem bei längeren Dunkelflauten im Winter ein nicht vorhandenes Potential an Stromspeichern erfordert, was nicht vorhanden ist.

letztlich ist auch das Gas aus Gründen der Klimaneutralität eine Zwischenlösung für das Stromspeicherproblem und es muss am Ende die große Wasserstofflösung her, was aber – von den immensen Kosten abgesehen – eine alleine wegen des riesigen Flächenbedarfes für die Wind- und Solaranlagen nicht vertretbare Abhängigkeit vom Ausland bedeuten würde mit den damit auch verknüpften Stromausfällen.

Selbst der Austausch des hohen Erdgasanteiles bei der Stromerzeugung von 14% über das Wiederanfahren der Kohlekraftwerke wird nur zögerlich vorangetrieben. Schließlich könnte durch den erhöhten Einsatz von Braunkohlekraftwerken bei Erzeugungskosten von 3-4 ct/KWh dem nicht überschaubaren Anstieg der Strompreise begegnet werden – eine CO2-Bepreisung entbehrt ohnehin jeglicher Sinnhaftigkeit (vgl. Teil II).

Bei steigender Stromerzeugung über Kohlekraftwerke käme außerdem hinzu, dass im Sinne der „Merit-Order“- Regel die teuren, die hohen Strompreise bestimmenden Gaskraftwerke vermehrt still gesetzt werden könnten.

Schließlich könnten auch die Kernkraftwerke ob ihrer ähnlichen Flexibilität bei der Stromherstellung wie die der Gaskraftwerke auch die Rolle des Erdgases bei den schnellen, nicht überschaubaren Stromerzeugungsänderungen der Wind- und Solaranlagen übernehmen.

Fakt ist inzwischen, dass die Großhandelspreise für Strom von unter 100 EURO/MW in 2021 inzwischen an 1000 EURO/MW (1 EURO/KW) heranreichen – ein Ende ist nicht abzusehen.

Aber es werden zweifelhafte politische Ansichten über die Sicherheit der Energieversorgung über das Wohl der Menschen gestellt und bei einem Gasausfall die Arbeitslosigkeit von Millionen Menschen in Kauf genommen. Ähnliches gilt für die Verweigerung der Anwendung des in deutschem Boden lagernden Erdgases.

Lieber versteigen sich die Politiker in das Anbieten von „Wärmestuben“, den bevorzugten Gebrauch von „Waschlappen“ und scheuen sich nicht, den Kölner Dom als verbindendes Element im Dunkeln zu lassen

3. Quellen

1.Beppler, E.: „Eine technische Analyse von Habecks „Osterpaket 2022“ zum schnelleren Ökostromausbau! Ohne Kohle- und Kernkraftwerke gehen die Lichter aus“, EIKE, 04.06.2022

2. Umweltbundesamt

3. www.umweltbundesamt.de/daten, energie/primärenergieverbrauch

4. Beppler, E.: „Die Anwendung der H2-Technologie in allen Sektoren verschlingt Unmengen an Energie und Flächen“, EIKE, 14.07.2021

5. Schuster, R.: Mitteilung vom 01.04.2021

 

 

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