Der erste Schritt auf dem Weg zu einer schwarz-roten Bundesregierung ist gemacht. In einer ganzen Reihe von Sachfragen sei Einigkeit erzielt worden, sagt CDU-Chef Merz in Berlin. Hierzu zählen konkret:
Zurückweisungen an den Grenzen, ein höherer Mindestlohn und eine Reform des Bürgergelds.
Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl haben Union und SPD einen weiteren Schritt zur Bildung einer schwarz-roten Bundesregierung gemacht. Nach Abschluss der gut einwöchigen Sondierungen empfahlen die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Dafür wird noch die Zustimmung der Parteigremien benötigt. Die CDU hat bereits Sondersitzungen ihrer Gremien für Montagmorgen einberufen. Das Ziel von CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist es, dass bis Ostern die Koalition steht.
„Wir haben ein gemeinsames Papier, das die Grundlage ist für die Koalitionsverhandlungen“, sagte Merz. Es gebe Einigungen unter anderem bei der Migration, den Finanzen sowie zum Arbeitsmarkt und zur Wirtschaft. Es solle künftig Zurückweisungen an den Grenzen, auch bei Asylgesuchen geben. Vom ersten Tag an der neuen Regierung würden die Grenzkontrollen massiv ausgebaut.
An den Landgrenzen sollen seinen Angaben zufolge künftig auch Menschen zurückgewiesen werden, die ein Asylgesuch stellen – allerdings nur in Abstimmung mit den Nachbarstaaten. Möglich sind Zurückweisungen grundsätzlich nur da, wo es stationäre Grenzkontrollen gibt. Die hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser zwar in den vergangenen Jahren sukzessive für alle deutschen Landgrenzen angeordnet. Wer einen Asylantrag stellen will, darf aber in der Regel einreisen. Merz hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle am ersten Tag einer Amtszeit als Bundeskanzler das Innenministerium mittels seiner Richtlinienkompetenz anweisen, „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“.
Änderungen beim Bürgergeldsystem
Zur Eindämmung illegaler Migration wird nach Worten von CSU-Chef Markus Söder derFamiliennachzug ausgesetzt. Auch Flüge aus Afghanistan im Rahmen des Freiwilligenprogramms werde es nicht mehr geben. „Es werden Flüge nach Afghanistan und Syrien organisiert werden, um abzuschieben.“ Auf Drängen der CSU werde die Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder ausgeweitet. „Heute war kein Kampf-, aber ein Einigungstag“, sagt Söder. „Aus bayerischer Sicht würde man sagen: Passt schon.“
Union und SPD wollen außerdem das bisherige Bürgergeldsystem verändern. „Wir werden das bisherige Bürgergeldsystem neu gestalten, hin zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende“, sagte Merz nach entscheidenden Sondierungsgesprächen von Union und SPD in Berlin. Er kündigte an: „Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.“ Klingbeil sagte, wer sich komplett verweigere, könne nicht auf die gleiche Unterstützung setzen, das sei fair und gerecht.
Union und SPD wollen in einer möglichen gemeinsamen Bundesregierung zudem die Einkommensteuer reformieren. Die „breite Mittelschicht“ solle entlastet werden, geht aus ihrem Sondierungspapier hervor. Außerdem solle die Pendlerpauschale in der Steuererklärung erhöht werden. Details zur geplanten Reform und Zahlen zur Pendlerpauschale enthält das Papier nicht.
Entlastung bei Stromkosten
Zudem kündigte Merz an, man werde im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetzschaffen. „Und wir werden Überstundenzuschläge steuerfrei stellen, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen.“
Zur Entlastung von Unternehmen und privaten Haushalten wollen Union und SPD die Stromsteuer senken. Konkret soll die Stromsteuer auf den in der EU erlaubten Mindestwert gesenkt werden. Das soll zu Entlastungen um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde führen. Union und SPD wollen daneben die Übertragungsnetzentgelte halbieren, ein Bestandteil des Strompreises. Wirtschaftsverbände beklagen seit langem im internationalen Vergleich hohe Energiekosten. Dies hemme Investitionen in Deutschland.
Die Sondierungen zwischen Union und SPD hatten Ende vergangener Woche begonnen. Ziel war es, bei den wichtigsten Themen zu einer Grundsatzeinigung zu kommen, bevor es in die Detailverhandlungen geht. Das Ergebnis soll ein Papier mit wenigen Seiten sein, das dann als Grundlage für die weiteren Gespräche gilt.
Bereits am Dienstag hatten sich die Spitzen der Parteien auf ein beispielloses Finanzpaket („Schuldenorgie!“) geeinigt, das die Grundlage für die Regierungsarbeit in den kommenden vier Jahren bilden soll.
Das Schuldenpaket von mehreren hundert Milliarden Euro und eine Lockerung der Schuldenbremse sollen am Donnerstag nächster Woche noch vom Bundestag mit der alten Zusammensetzung in erster Lesung diskutiert und dann am 18. März beschlossen werden. Dazu wird aber noch die Zustimmung der Grünen oder der FDP benötigt. Die AfD hat bereits juristische Schritte angekündigt.
[Mit Material von dpa/AFP]
The post Einigung bei strittigen Punkten: Union und SPD wollen Koalitionsverhandlungen aufnehmen appeared first on Deutschland-Kurier.