Die europäische Arzneimittelbehörde EMA steht in der Kritik: Präsidentin Emer Cooke soll Inspektionen in Astrazeneca-Studienkliniken persönlich verhindert haben. Auch bei BioNTech/Pfizer wurde offenbar auf Kontrollen verzichtet – Todesfälle blieben unerwähnt. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht von einer „beispiellosen politischen Vereinnahmung der Wissenschaft“, der Zulassungsprozess sei nicht ausreichend unabhängig gewesen.
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Die Präsidentin der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) Emer Cooke soll persönlich die Entsendung von Inspektoren zur Prüfung von AstraZeneca-Studienkliniken im Ausland unterbunden haben. Das haben Teilnehmer einer Ende 2020 stattgefundenen Sitzung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA gegenüber der Zeitung „Welt“ berichtet. Das Risiko, dass sich die Inspektoren unterwegs infizieren, sei zu hoch, habe Cooke entschieden.
Selbst als ein deutscher Inspektor anbot, auf eigenes Risiko nach Brasilien – dem bedeutendsten Impfstofftestgebiet – zu reisen, sei es beim Nein geblieben. Als Begründung nannte Cooke, eine Prüfung sei vonseiten der EU-Kommission „politisch nicht erwünscht“. Man wolle den Zulassungsprozess nicht aufhalten. Die Aussagen von Cooke fänden in keinem EMA-Protokoll Erwähnung, da laut der EU-Behörde derartige Informationen geheim blieben, schreibt die „Welt“.
Fehlende Inspektionen bei internationalen Impfstudien
Gesetzlich festgeschriebene Aufgabe der Inspektoren sei es, die wissenschaftlichen Standards der „guten klinischen Praxis“ (GCP) bei der Durchführung klinischer Studien an Ort und Stelle zu überprüfen. Tatsächlich gehe aus den Zulassungsdokumenten für AstraZeneca hervor, dass während der gesamten Autorisierung der Covid-19-Impfpräparate kein europäischer GCP-Inspektor die Studienzentren in Brasilien, Chile und Südafrika betreten habe.
Auch bei den mRNA-Impfpräparaten von BioNTech/Pfizer habe die EMA weitgehend auf Kontrollen verzichtet. In Europa seien laut Protokoll lediglich die Standorte Karlsruhe, Mannheim und Berlin geprüft worden. Auch die US-Gesundheitsbehörde FDA habe nur neun von 153 Studienzentren des Herstellers kontrolliert.
Whistleblowerin deckt Missstände bei Pfizer-Studie auf
Wie unverzichtbar staatliche Aufsicht bei der Kontrolle von Medikamenten sei, habe die Enthüllung von Brook Jackson, der Auditorin des Pfizer-Dienstleisters Ventavia, anschaulich gemacht, erklärt die „Welt“. Jackson hatte das „British Medical Journal“ (BMJ) über massive Missstände bei der klinischen Prüfung des BioNTech/Pfizer-Präparats in Texas informiert. Nach Recherchen der „Welt“ sei es auch am größten Studienstandort Pfizers in Argentinien zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen, gar Todesfälle seien verschwiegen worden.
Experten kritisieren politische Einflussnahme und Kontrolllücken
Im Beitrag der „Welt“ kommen auch Politiker und Medizinwissenschaftler zu den Enthüllungen zu Wort. Für den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP, Wolfgang Kubicki, steht fest, dass auch die Rolle der EU-Kommission Gegenstand einer umfassenden parlamentarischen Aufarbeitung werden müsse. Es handele sich um eine „beispiellose politische Vereinnahmung der Wissenschaft“. Der Immunologe Andreas Radbruch macht darauf aufmerksam, dass ein schnelles Zulassungsverfahren kein Grund sei, auf eine Überprüfung der Studien vor Ort durch EMA-Inspektoren zu verzichten.
Für den Virologen Alexander Kekulé seien bei den Notfallzulassungen die Inspektionen besonders wichtig gewesen, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Impfungen nicht aufs Spiel zu setzen. Der ehemalige WHO-Impfexperte und Epidemiologe Klaus Stöhr bezeichnet das Vorgehen der EMA als ein weiteres Beispiel für die politische Einflussnahme auf Wissenschaft und Kontrollorgane.
Zweifel an Transparenz und Unabhängigkeit der EMA
Der Medizinwissenschaftler und Mitbegründer der Cochrane Collaboration Peter Gøtzsche hatte in einem Interview mit Multipolar bereits Mitte 2021 davor gewarnt, dass man klinischen Studien der Pharmaindustrie „nie vertrauen“ könne. Die EU-Kommission hat erst im Mai 2024 die Zulassung des Covid-19-Impfpräparats von AstraZeneca widerrufen – nicht aus Zweifeln an der Sicherheit oder Wirksamkeit, sondern weil der Hersteller die Rücknahme der Marktzulassung „aus kommerziellen Gründen“ beantragt habe. Emer Cooke war vor ihren verschiedenen Positionen bei der EMA unter anderem mehrere Jahre in der irischen Pharmaindustrie angestellt und von 1992 bis 1998 als Lobbyistin für den europäischen Verband der pharmazeutischen Industrie (EFPIA) in Brüssel tätig.
Zentrale Rolle des CHMP bei Impfstoffzulassungen
Der CHMP ist für die Erstbewertung von EU-weiten Zulassungsanträgen sowie für Änderungen, Erweiterungen und Rücknahmen von Zulassungen zuständig. In Schadensersatzklagen von Impfgeschädigten gegen die Hersteller werden die Einschätzungen des Ausschusses von den Gerichten mit einer sachverständigen Begutachtung gleichgesetzt.
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Übernahme von Multipolar. Der Titel, die Einleitung und Zwischentitel wurden durch die Redaktion von Report24 ergänzt.