Von Alan Lolaev
Von der Regierung des 47. Präsidenten sind taktische Änderungen zu erwarten, aber es ist unwahrscheinlich, dass sich der strategische Kurs ändern wird
Der Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen hat bei den Befürwortern der derzeitigen außenpolitischen Ausrichtung des Landes unter der Biden-Regierung Besorgnis ausgelöst und bei denjenigen, die an einer Veränderung interessiert sind, Hoffnung geweckt.
Die drängende Frage, die nicht nur in amerikanischen politischen Kreisen, sondern auch bei Washingtons Verbündeten und Gegnern weltweit aufkommt, ist, wie viel Veränderung in der US-Außenpolitik von einer neuen republikanischen Regierung zu erwarten ist.
Viele Experten gehen aufgrund der kühnen Aussagen Trumps und seines Wahlkampfteams davon aus, dass seine Rückkehr ins Präsidentenamt zu erheblichen politischen Veränderungen führen wird. Doch selbst mit einer republikanischen Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses (insbesondere im Senat, der einen erheblichen Einfluss auf die Außenpolitik hat) ist es unwahrscheinlich, dass Trump seine Versprechen in diesem Bereich vollständig einhalten kann.
Theoretisch wird Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt unter den günstigsten Bedingungen für die Umsetzung seiner außenpolitischen Agenda erfolgen. Die Republikaner haben nicht nur eine gestärkte Mehrheit im Repräsentantenhaus, sondern auch die Kontrolle über den Senat zurückgewonnen, der durch die Bestätigung wichtiger Ernennungen und die Ratifizierung internationaler Verträge erheblichen Einfluss auf die Außenpolitik hat.
Die aktuellen Bedenken hinsichtlich wesentlicher außenpolitischer Veränderungen erinnern an Trumps erste Amtszeit, als seine starken Aussagen oft als politische Kurswechsel wahrgenommen wurden, die es aber letztlich nicht waren. Es wird erwartet, dass Trump nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus das Prinzip „America First“ in der Außenpolitik wieder einführen wird, was einen pragmatischeren Ansatz in internationalen Fragen impliziert, aber nicht unbedingt eine grundlegende Änderung der außenpolitischen Ziele und Prioritäten mit sich bringt.
Trumps erste Amtszeit: Taktische Änderungen, strategische Kontinuität
Die Erwartungen an unvermeidliche radikale Veränderungen in der US-Außenpolitik nach Trumps Sieg im Jahr 2016 haben sich als falsch erwiesen. So versprach der Republikaner beispielsweise, die NATO aufzulösen, engere Beziehungen zu Russland aufzubauen und eine härtere Haltung gegenüber China einzunehmen. Trump kritisierte die europäischen Länder für unzureichende Verteidigungsausgaben und drohte wiederholt damit, die Rolle der USA in der NATO zu reduzieren.
Möglicherweise wird er erneut darauf drängen, dass die NATO-Länder ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, und betonen, dass die USA nicht die Hauptlast tragen sollten. Dieser Ansatz führte zu Spannungen innerhalb des Bündnisses und zu einer Umverteilung der Verantwortlichkeiten, was letztlich die NATO stärkte, indem es ein stärkeres europäisches Engagement für die eigene Sicherheit förderte.
Trump äußerte auch den Wunsch, engere Beziehungen zu Moskau aufzubauen, äußerte sich positiv über Putin und strebte einen neuen Vertrag zur Kontrolle von Atomwaffen an, der auch China einschließen sollte. Diese Bestrebungen führten jedoch zu zusätzlichen Sanktionen gegen Russland und einer verstärkten Hilfe für die Ukraine, was eine echte Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Russland verhinderte.
Unter Trump begannen die USA einen aktiven Handelskrieg mit China, schränkten die Zusammenarbeit in High-Tech-Sektoren ein und führten Maßnahmen ein, um dem chinesischen Einfluss in Asien und anderen Regionen entgegenzuwirken. Diese konfrontativen Schritte waren jedoch eine logische Fortsetzung der Eindämmungspolitik und der „Pivot to Asia“-Strategie, die von der Obama-Regierung initiiert wurde, und fallen daher nicht unter die Definition einer größeren politischen Wende.
Der Fall Ukraine: Stetiger Rückgang der Unterstützung
Eine der wichtigsten außenpolitischen Prioritäten der zweiten Amtszeit von Trump wird der Konflikt in der Ukraine sein. Während seines Wahlkampfs behauptete Trump, dass er als Präsident den Krieg des Landes gegen Russland schnell beenden könne. Er sagte jedoch auch, dass er sich nicht dazu verpflichten würde, die Hilfe für die Ukraine zu erhöhen, und bestand darauf, dass die europäischen Länder mehr Verantwortung für ihre Unterstützung übernehmen sollten.
Trumps Beziehung zu Russland ist von Widersprüchen geprägt. Einerseits strebt er engere Beziehungen zu Putin an, spricht wiederholt positiv über ihn und bezeichnet ihn als „brillant“ und „klug“. Gleichzeitig verurteilt er Russlands Vorgehen in der Ukraine und bezeichnet es als „großen Fehler“ von Putin. Diese Widersprüchlichkeit, gepaart mit anti-ukrainischen Äußerungen von Mitgliedern aus Trumps engstem Umfeld, hat zu Unsicherheit darüber geführt, welche Haltung Washington unter einer neuen republikanischen Regierung einnehmen würde.
Es wird erwartet, dass Trump eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts anstrebt und dabei wahrscheinlich Kiews Abhängigkeit von der militärischen und wirtschaftlichen Unterstützung der USA sowie die mögliche Einstellung dieser Unterstützung als Argument für den Frieden nutzen wird.
Ein Friedensabkommen würde wahrscheinlich zu Bedingungen zustande kommen, die für die Ukraine weniger günstig sind als noch vor einem Jahr. Da sich die Situation vor Ort zugunsten Russlands verschiebt, deuten die Gebietsverluste der Ukraine darauf hin, dass die Bedingungen eines künftigen Friedens für Kiew schwieriger sein könnten, als wenn die Verhandlungen früher stattgefunden hätten.
Sollte dieses Szenario eintreten, würde dies, wie auch in anderen Schlüsselbereichen, keine wesentliche Änderung der US-Außenpolitik bedeuten.
Die derzeitige Biden-Regierung hat bereits Anzeichen einer „Ukraine-Müdigkeit“ gezeigt – eine Ermüdung angesichts der kostspieligen Unterstützung für Kiew. Auch in der öffentlichen Meinung in den USA spiegelt sich ein stetiger Rückgang der Unterstützung für die Beibehaltung des derzeitigen Niveaus der Hilfe für die Ukraine wider. Selbst wenn es bei den Präsidentschaftswahlen einen Sieg der Demokraten gegeben hätte, Kamala Harris das Weiße Haus gewonnen hätte und die Demokraten die Kontrolle über den Kongress behalten hätten, würde die Unterstützung für die Ukraine wahrscheinlich weiter allmählich abnehmen.
Die Trump-Regierung könnte eine Strategie verfolgen, die auf eine pragmatischere Lösung des Ukraine-Konflikts abzielt. Dieser Ansatz würde wahrscheinlich eine Reduzierung der Militärhilfe mit aktiver diplomatischer Vermittlung verbinden, was Trump im Erfolgsfall eine „effektive Lösung“ des Konflikts präsentieren würde. Für die Ukraine und ihre Verbündeten würde diese Strategie jedoch einen erhöhten Druck auf Kiew bedeuten, Kompromisse einzugehen, was die Position des Landes in den Verhandlungen schwächen und das Kräfteverhältnis in der Region verschieben könnte.
Der wichtigste limitierende Faktor: Institutionelle Trägheit oder der Schattenstaat
Der Grund, warum radikale Veränderungen in der US-Außenpolitik unwahrscheinlich sind, liegt in der institutionellen Trägheit des Entscheidungssystems. Die Außenpolitik des Landes ist stark bürokratisiert und kann nicht unabhängig vom Interessenausgleich zwischen verschiedenen Einflussgruppen agieren. Der Präsident verfügt über erhebliche Macht, muss aber bei wichtigen außenpolitischen Entscheidungen den Kongress berücksichtigen. Wie in anderen Bereichen der Entscheidungsfindung ist der Einfluss des Schattenstaats auf die Außenpolitik nach wie vor erheblich.
Im Kongress besteht ein parteiübergreifender Konsens in wichtigen Bereichen der amerikanischen Außenpolitik: Eindämmung Russlands und Chinas, Aufrechterhaltung der NATO und Unterstützung Israels. Dieser Konsens lässt nur taktische Anpassungen zu, während die übergreifende Strategie beibehalten wird.
Daher wird eine zweite Amtszeit von Trump wahrscheinlich zu einer pragmatischeren Außenpolitik führen. Seine Regierung würde sich wahrscheinlich auf eine härtere Haltung gegenüber China, eine geringere Unterstützung für die Ukraine, eine Umverteilung der Verantwortlichkeiten innerhalb der NATO und ein geringeres Engagement der USA in globalen Bündnissen und Abkommen konzentrieren.
Diese Veränderungen mögen zwar bedeutsam erscheinen, werden jedoch keine vollständige Umgestaltung der langfristigen außenpolitischen Ausrichtung Washingtons darstellen.