Horst D. Deckert

EU will absolute Macht: Neue Verträge sollen Einstimmigkeit abschaffen

EU-Führerin Ursula von der Leyen will der EU jetzt mit veränderten Verträgen „ernsthafte Reformen“ verpassen und die Mitglieder mit allen Mitteln dazu bringen, dem zuzustimmen. Hauptfokus der Reformen: Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips und eine „Europäische Politische Union“ die Ländern wie der Ukraine oder Großbritannien eine „Quasi-Mitgliedschaft“ ermöglicht. Dazu hat man im Vorjahr – abseits der Öffentlichkeit – im Rahmen der „Konferenz der Zukunft“ scheindemokratisch Vorschläge von EU-Bürgern eingeholt. Auf diese beruft sich von der Leyen nun in ihren absolutistischen Machtambitionen.

Umgehung der EU-Bürger

Bisherige EU-Verträge veränderten immer das Gefüge, die Kompetenzen und die Funktion der Union – versteckt oder ganz offen – auf Kosten der Souveränität ihrer Mitglieder. Auch die nationalen Verfassungen waren zumeist davon betroffen. Genau genommen hätte es bei jeder Vertragsveränderung Referenden in den Mitgliedstaaten geben müssen. In manchen Staaten fanden sie statt, in Österreich war das nie ein Thema. Die Verfassung wird hierzulande weiter munter über in den Verfassungsrang erhobene Gesetze ausgehöhlt. Das neue Konstrukt wird als „Europäische Politische Union“ bezeichnet. Eine Gruppe nordischer Länder lehnt aktuell Vertragsänderung ab. Die EU sollte sich besser mit den Folgen „der Krise“ befassen.

Auslöser: Corona und Ukraine

Der Wunsch nach einer Neugestaltung der EU wurde von der Corona-Pandemie und nun erneut durch den Ukraine/Russland-Konflikt befeuert. Die beiden Ereignisse offenbarten die Schwächen der Durchgriffsmacht Brüssels. Das will man ändern. Frankreich ist bereits ein Verfechter der „Union Neu“. Präsident Emmanuel Macron lockte damit den damaligen Briten-Premier Boris Johnson. Ländern von „Großbritannien bis zur Ukraine würde das die Möglichkeit zur vollen Mitgliedschaft eröffnen“, sofern sie den Prinzipien der viel gepriesenen Werte der EU, die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie folgen. Johnson lehnte ab. Großbritannien begebe sich nicht über eine Hintertür-Konstruktion erneut in die Abhängigkeit von Brüssel. Liz Truss, damals noch Außenministerin, erteilte der Macron-Idee ebenso eine klare Absage. Ob sie dazu auch heute, als neue britische Premierministerin steht, ist unklar.

Offene Frontal-Diktatur

Einige Regierungen beklagten die langsame Umsetzung von Sanktionen gegen MoskauHemmschuh dabei ist die Einstimmigkeit. Ein Veto reicht, und Brüssel ist blockiert. Das will die EU – zumindest in wichtigen Bereichen wie der Außenpolitik – beenden. Aktuell ist Ungarn der „böse Bube“ weil Premier Viktor Orban ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland bis Ende dieses Jahres fordert und nicht bei allen Maßnahmen mitmachen will. Das ausgeprägte Demokratieverständnis der EU, offenbarte von der Leyen kürzlich in einem Vortrag an der Princeton University: Nach der Italien-Wahl (dieses Wochenende) befragt, wo der rechte Block bei Umfragen in Führung liegt, sagte sie im O-Ton: „Wir werden sehen – wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln – ich habe Ungarn und Polen bereits erwähnt – haben wir Instrumente...“. Konkret: die Aussetzung von Milliarden-Fördergeldern aus dem EU-Kohäsionsfonds, was Ungarn gerade angedroht ist, sollte es sich Brüssel nicht unterordnen.

Entscheidung bis Oktober

Was bisher klar ist: In den neuen Verträgen soll die „Solidarität zwischen den Generationen“ verankert werden. Ein weitläufig und elastisch definierbares Areal, das viele Politikbereiche betrifft. Alles andere wird – wie auch sonst – auf dem Bazar der Interessen in Brüssel ausgeschnapst werden. Nach dem Motto „Gibst Du mir das, stimme ich dem zu“. Im Juni unterstützten die EU-Parlamentarier jedenfalls eine Resolution, in der die EU-Regierungen aufgefordert wurden, ein Verfassungskonvent zu gründen. Die Mitgliedstaaten sind gesetzlich verpflichtet, bis Oktober eine Antwort zu geben. Sollten sich die 27 EU-Staaten auf einen Reformbedarf der EU-Verträge einigen, würden sie ein Regierungskonferenz zur Ausarbeitung von Vertragsänderung einberufen

Ursula im Größenwahn

Krisenmanagerin Ursula will das bald tun und richtete den „Führern“ der Mitgliedstaaten aus: „Wenn wir es mit einer größeren EU ernst meinen, müssen wir es auch mit ihrer Reform ernst meinen“. Sie werde daran arbeiten, jede einzelne Regierung dazu zu bringen, sich mit den Forderungen der Bürger zu befassen“. Damit spielt sie auf die ominöse „Konferenz der Zukunft“ vom Vorjahr an. Der durchschnittliche EU-Bürger hatte mit Sicherheit keine Ahnung davon und wurde von Brüssel auch nicht um seine Meinung gebeten. Üblicherweise bringen sich bei solchen Projekten gut organisierter NGOs Interessens- und Lobbyverbände ein, sie sind die eigentlichen Gestalter der EU.

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