Eugen Drewermann ist ein Pazifist. Seit Jahrzehnten engagiert sich der Autor, Psychoanalytiker und einstige Priester für den Frieden. Regelmässig benennt er die Kriegsgurgeln hüben wie drüben beim Namen. Sein Engagement hat ihm auch innerhalb der katholischen Kirche Schwierigkeiten eingebracht.
Säbelrassler und Kriegsfalken sind ihm seit eh und je ein Dorn im Auge. Drewermann spricht sich für Abrüstung, eine friedliche Koexistenz und mehr Menschlichkeit aus.
Und er weiss nur zu gut: Die herrschenden Angst-Erzählungen haben katastrophale Folgen auf die Psyche und Gesundheit der Menschen: «Angst essen Seele auf», weiss Drewermann.
Es sind Positionen, die eigentlich nicht unvernünftig klingen, könnte man meinen. Doch innerhalb der Regierenden im Westen und ihren intellektuellen Bodyguards hat Drewermann einen schweren Stand.
Der Friedensaktivist hat jüngst den Zorn von Peter Schneider auf sich gezogen. Schneider ist Psychoanalytiker und regelmässiger Kolumnist des Tages-Anzeigers – der Zeitung, die sich nicht scheut, regelmässig rhetorisch gegen Pazifisten zu schiessen.
Drewermann sei der «Goldstandard des salbadernden Dummschwätzertums», schrieb der Psychoanalytiker unlängst in einer Kolumne, in der er gegen alle möglichen Intellektuellen und Politiker wetterte – und Noam Chomsky als «Pendant eines gutmeinenden Hansdampfs in allen Gassen wie unseren guten Jean Ziegler» betitelte.
Den Friedensaktivisten Drewermann bezeichnete er nebenbei als «Weihrauchbombe». Die Polemik führte dazu, dass ein Leser des Tages-Anzeigers Schneider aufforderte, seine Schmähkritik näher zu begründen.
Eine schwierige Aufgabe für Schneider. Denn Drewermann salbadere schon seit Jahrzenten «vor sich hin». Und Schneider weiss auch: Der Friedenaktivst Drewermann mache sich offenbar antisemitische Gedanken zu eigen. Denn: Seine Kapitalismuskritik sei «unterfüttert mit handfestem Antisemitismus». Als Beleg dafür führt Schneider folgenden Satz von Drewermann an:
«In der Stellung des Christentums zur Problematik der ‹Umwelt› zeigt sich mehr und mehr, dass das Christentum aufgrund seiner spezifisch semitischen, jüdischen Geistesart einen ausserordentlich gewalttätigen und rücksichtlosen Charakter an sich trägt.»
Erwischt. Kritik am Christentum? Das geht gar nicht, da dieses letztlich aus dem Judentum entstanden ist und entsprechend auch jüdische Elemente in sich trägt.
Doch schlimmer noch: Laut Schneider ist Drewermann auch noch ein heimlicher Sympathisant von Terroristen. Zumindest diesen Eindruck lässt Schneider erwecken.
Denn über die Anschläge vom 11. September 2001 soll er einst gesagt haben: «Terrorismus ist die Waffe der Unterlegenen. Er ist eine Ersatzsprache für Zielsetzungen und Forderungen, die allzu lange überhört wurden.»
Und auch heute verbreite Drewermann noch eine Menge Schwachsinn. An der Ostermarschkundgebung in Bremen in diesem Jahr soll der Pazifist Putin-Propaganda betrieben haben.
«Er sprach dort ‹für den Frieden und gegen den Krieg, für die Verständigung und gegen die Feindpropaganda›. Womit er nicht die russische Propaganda meint, sondern die Propaganda für einen ‹Siegfrieden› der Ukraine», weiss Schneider.
Das Fass zum Überlaufen brachte Drewermann in den Augen von Schneider jedoch, weil er so dreist gewesen sei, die Frage zu stellen, ob die USA respektive der Westen heute «eigentlich viel anders als Hitler» sei?
Für den Tages-Anzeiger-Kolumnisten ein absolutes No-Go. Er ist der Meinung, dass seine Schmähkritik an dem Autor noch zurückhaltend gewesen sei. Schneider schliesst ab:
«Da stehe ich nun und kann nicht anders, als meine Charakterisierung Drewermanns eher sehr milde zu finden.»
Kommentar Transition News:
Peter Schneider ist ein schönes Beispiel eines scheinbaren Kritikers, der sich längst dem herrschenden Zeitgeist gebeugt hat. Kritisiert jemand die Zentren der Macht, kommt sogleich der Vorwurf des «Antiamerikanismus». Oder schlimmer noch, wie schon Rainer Mausfeld wusste, der Vorwurf des «Antisemitismus» – als «Nuklearoption». Eine wirkliche Debatte findet nicht mehr statt, stattdessen wird die Kritik neutralisiert. Dabei merkt der «Kritiker» Peter Schneider wohl kaum, wie sehr er sich bereits die Denkmuster der Herrschenden zu eigen gemacht hat.