Von ELENA FRITZ | Der DGAP-Policy Brief „Deutsch-französische Führung für ein souveränes Europa“ (März 2025) verspricht Orientierung in Europas Sicherheitskrise, doch die Analyse bleibt ein fragiles Gerüst. Die Deutsch-Französische Brigade (DF-Brigade) wird als Hebel für eine vermeintliche Souveränität hochstilisiert – ein Ansatz, der geopolitische Realitäten ausklammert und an den Illusionen europäischer Eliten klebt. Statt Antworten bietet der Bericht eher akademische Träume.
Die Brigade: Symbol statt Substanz
Die DGAP preist die 1989 gegründete Brigade als „Lackmustest“ für deutsch-französische Führung. Doch die Bilanz nach über dreißig Jahren ist ernüchternd. Übungen wie „Kecker Spatz“ (1987) mit 75.000 Soldaten außerhalb der NATO-Strukturen oder der Sicherheits- und Verteidigungsrat (1988) wurden als Initialzündungen gefeiert – geblieben ist Stillstand. Einsätze in Mali, Bosnien oder Afghanistan offenbaren die Kluft: Frankreich und Deutschland operieren nebeneinander, nicht miteinander. In Mali (2014–2020) kämpften Franzosen gegen Terroristen, Deutsche trainierten – eine Einheit nur auf Papier.
Militärisch mag die Brigade Potenzial haben – Infanterie, Artillerie, Logistik –, doch ohne einheitliche Strategie bleibt sie ein teurer Rohbau. Die DGAP schlägt Einsätze an der NATO-Ostflanke vor, übersieht aber, dass die Differenzen zwischen Berlin und Paris jedes Konzept lahmlegen. Der Bericht klammert sich an einen Mythos der Integration, der nie Wirklichkeit wurde.
Trumps Rückkehr und der drohende US-Rückzug beleben die Idee einer „EU-Armee“ – die DGAP selbst nennt sie „völlig unrealistisch“. Stattdessen wird eine „Europäisierung“ der NATO propagiert, mit der Brigade als Pfeiler. Die Unterstellung unter NATO-Kommando (Januar 2025) für Litauen und Rumänien ist ein Schritt, doch die strategischen Gegensätze – Deutschland mit US-Anbindung, Frankreich mit Autonomieambitionen – persistieren. Der Eurokorps, oft als Erweiterung der Brigade gelobt, zeigt das Dilemma: 60.000 Soldaten im Kriegsfall, aber gefangen zwischen widerstreitenden Visionen. Souveränität entsteht so nicht.
Skepsis an der DGAP: Zu eng gedacht
Die Fixierung auf die deutsch-französische Achse wirkt naiv. Historisch scheiterten Projekte wie die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (1952) an nationalen Interessen – warum sollte es jetzt anders sein? Der „strategische Dialog“ bleibt ein frommer Wunsch, solange politischer Wille fehlt. Die Brigade als „Keimzelle“ zu sehen, ignoriert ihre Geschichte als Symbol ohne Substanz. Die Ostflanken-Rhetorik gegen Russland wirkt zudem einseitig – die wahre Schwäche Europas liegt in seiner Zerfahrenheit, nicht nur in äußeren Bedrohungen.
Die DGAP schweigt zu Alternativen. Auflösung der Brigade zugunsten effizienterer Strukturen wird erwähnt, aber nicht vertieft. Stattdessen bleibt der Blick auf ein europäisches Konzept geheftet, das die transatlantische Abhängigkeit nur durch eine fragwürdige deutsch-französische Kooperation ersetzt.
Die Chance aus der Knechtschaft
Trumps Kurs bietet jedoch eine Gelegenheit, die die DGAP ausblendet: die Möglichkeit, Europa aus der transatlantischen Knechtschaft zu lösen. Jahrzehntelang strangulierte die Abhängigkeit von US-Garantien die Eigenständigkeit – jetzt liegt eine Neuverhandlung auf dem Tisch. Keine blinde Unterordnung, sondern eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit den USA könnte Stabilität sichern, ohne die Souveränität zu opfern. Die Bundeswehr, aktuell ein Schatten ihrer selbst, müsste dafür zur Priorität werden – nationale Stärke als Basis statt diffuse Experimente.
Gleichzeitig sollte Russland nicht verteufelt werden. Der Bericht sieht Moskau implizit als Bedrohung, doch eine nüchterne Perspektive zeigt: Russland ist ein Nachbar, mit dem pragmatische Koexistenz möglich ist. Konfrontation schwächt Europa, Kooperation – etwa in Energie oder Sicherheitsfragen – könnte es stabilisieren. Die Ostflanken-Hysterie der NATO hat mehr Schaden als Nutzen gebracht.
Geopolitische Interessengemeinschaft statt Isolation
Anstelle eines deutsch-französischen Alleingangs bietet sich eine andere Strategie: eine geopolitische Interessengemeinschaft mit Großmächten. Die USA bleiben eine militärische Realität, Russland ein eurasischer Faktor – beide könnten mit einem handlungsfähigen Europa kooperieren. Die Brigade könnte hier eine Rolle spielen, nicht als EU-Projekt, sondern in bilateralen oder multilateralen Formaten mit klaren Zielen. Modelle wie das deutsch-niederländische Korps beweisen, dass pragmatische Zusammenarbeit funktioniert – ohne die historische Last der deutsch-französischen Achse.
Dieser Ansatz setzt jedoch voraus, dass Europa seine Hausaufgaben macht: eine gestärkte nationale Verteidigung, klare Interessen, Abkehr von ideologischen Fesseln. Die DGAP träumt von einer romantischen Einheit – die Realität verlangt nüchterne Kalküle.
Fazit: Zeit für Klarheit
Der DGAP-Bericht liefert Fakten, doch seine Schlüsse sind ein akademisches Wunschkonzert. Die Deutsch-Französische Brigade ist kein Schlüssel zur Souveränität, sondern ein Spiegel europäischer Zerrissenheit. Die Chance liegt anderswo: in der Befreiung aus transatlantischer Abhängigkeit, in pragmatischer Nachbarschaft mit Russland und in einer Interessengemeinschaft, die nationale Stärke voraussetzt. Ohne diesen Kurs bleibt Europa im Blindflug – und die Zeit läuft ab.
PI-NEWS-Autorin Elena Fritz, geboren am 3.10.1986, ist vor 24 Jahren als Russlanddeutsche nach Deutschland gekommen. Nach ihrem Abitur hat sie Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg studiert und erfolgreich mit einem Diplom abgeschlossen. Seit 2018 engagiert sie sich in der AfD, war von 2019 bis 2021 im bayerischen Landesvorstand tätig und wurde am 15. November zur Direktkandidatin der AfD für den Wahlkreis Landshut/Kelheim bei der kommenden Bundestagswahl nominiert. Sie ist stolze Mutter eines Jungen. Hier gehts zum Telegram-Kanal von Elena Fritz.