Horst D. Deckert

Ex-SPÖ-Gemeinderat fordert Neutralität und Souveränität

Der ehemalige SPÖ-Gemeinderat Mag. Markus Gartner ist mit den bestehenden Verhältnissen unzufrieden. Die Politik habe sich von den einfachen Menschen entfernt. 2018 erschien sein Plädoyer: “Politik muss wieder für die einfachen Menschen gemacht werden”. Darin fordert der Burgenländer mitunter eine Abkehr von der Globalisierung und eine “neutrale Friedensrepublik Österreich”. Wochenblick sprach mit Gartner über seine Forderungen.

Von der heutigen SPÖ scheint der ehemalige rote Gemeinderat Markus Gartner in seinen Ansichten weit entfernt. Er sehnt sich nach einer weiter gedachten Zweiten Republik im Sinne Leopold Figls und Bruno Kreiskys. Sie solle im “Geiste der rot-weiß-roten Friedenstaube”, der Neutralität und der Souveränität stehen. Und es solle endlich wieder Politik für die einfachen Menschen gemacht werden. Sein Plädoyer schrieb Gartner als Entgegnung an “Die Freiheit, die ich meine” von Jörg Haider, der sich darin die Errichtung der “Dritten Republik” zum Ziel setzte.

Es geht auch einfach

In einfacher Sprache präsentiert Gartner verständliche Lösungen für große Probleme. In starkem Kontrast zur heutigen SPÖ, die spätestens seit Sinowatz nicht müde wird zu betonen, dass “alles sehr kompliziert” sei und nach Wahlniederlagen stets eingesteht, man hätte “besser kommunizieren müssen”. Doch warum hat sich die Politik so weit von den einfachen Menschen entfernt? Einerseits gehe es den Politikern, die oftmals durch ihr Mandat in eine neue gesellschaftliche Schicht aufstiegen, zu gut, glaubt Gartner. Und so würden sie sich von den einfachen Leuten entfernen. Das sei auch in der SPÖ zu beobachten, die immer stärkere Bobo-Kreise unterhalte, während ihr Gewerkschaftsflügel immer schwächer werde, wie Gartner bedauert.

Eliten gegen die Menschen

Doch das Problem habe vor allem mit dem Thatcherismus Mitte der 80er-Jahre begonnen, durch den die Abkehr von den einfachen Menschen hin zu einem politischen Elitarismus stattgefunden habe. Wirtschaftlich habe die Liberalisierung der Wirtschaft zur Schwächung der regionalen Märkte zugunsten einer Stärkung der globalen Märkte geführt, erklärt der studierte Politikwissenschafter.

Zuwanderungskritik

Es sei absurd, gerade wenn sich diese Form des Kapitalismus auch noch “grün” geriert, findet Gartner. Denn die ökologischste Wirtschaft sei die nationale Wirtschaft, weil sie Transport spare. “Aber das darf man heute ja schon gar nicht mehr sagen, da wird man gleich als Nationalist abgestempelt”, kritisiert der Hornsteiner, der wohlgemerkt sein SPÖ-Gemeinderatsmandat 2017 im Widerstand gegen die rot-blaue Koalition im Burgenland niederlegte. Trotzdem kritisiert Gartner die heutige Gangart bei Migration und Globalisierung: “Die Menschen wollen in ihrer Heimat leben, werden aber zur Globalisierung gezwungen. Heutzutage sollst du fünf Sprachen sprechen. Als Student ist man geradezu gezwungen, ein Auslandssemester zu machen und sogar Handwerker werden zunehmend zur Ausbildung ins Ausland gedrängt.” Gartner kritisiert den Migrationsdruck, “Zuwanderung braucht Grenzen”, schreibt er in seinem Buch. Die heutige Situation führe zu Lohndumping im Zielland und “Braindrain” in der Heimat. Außerdem solle Asyl nur als Schutz auf Zeit verstanden werden und nur so lange gewährt, wie dieser eben notwendig sei. Gartner erklärt: “Wäre Bruno Kreisky nicht aus seinem Exil in Schweden nach Österreich zurückgekehrt, hätte er nicht Bundeskanzler werden können.”

Gegen die Verbote

Die heutige Politik sei dem widerstrebend von autoritären Verboten wie etwa dem Rauchverbot durchzogen, kritisiert Gartner, der auch gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierte. Der ehemalige SPÖ-Gemeinderat, der sich als “wissenschaftlicher Sozialist” sieht, plädiert für eine Politik der nationalen sowie der individuellen Souveränität in einer neutralen Republik, die im Zeichen der “rot-weiß-roten Friedenstaube” stehe.
Wochenblick wollte von Gartner wissen, wie er zum Umgang der SPÖ mit der Neutralität in der Ukraine-Frage stehe: “Die Parteichefin zeigt sich um einen neutralen Standpunkt bemüht, doch es gelingt ihr nicht ganz. Man moralisiert zu sehr und zeigt zu sehr mit dem Zeigefinger auf Putin. Man moralisiert, anstatt zu versuchen, das Problem zu lösen.” Zwar sei der Angriffskrieg mit nichts zu rechtfertigen, doch man müsse auch die Vorgeschichte verstehen, erklärt Gartner. Es sei Schwachsinn, dass Waffen an die Ukraine geliefert würden und man sich dagegen nicht in der EU ausspreche. Dort werde rechtsextremen Putschisten das Wort geredet, weil sie für den EU-Beitritt seien. Den Internationalismus, die Globalisierung, lehnt Gartner weitgehend ab. Man solle zwar weltoffen sein und im Austausch stehen, doch der Nationalstaat solle souverän sein.

Wertschöpfungsabgabe statt Steuern auf Arbeit

In Gartners Vorstellung einer besseren Zweiten Republik solle nach seinem Traum eine “diskursive, pluralistische und solidarische Gesellschaft” gedeihen. Doch der Diskurs in einer solchen Gesellschaft könne nur stattfinden, wenn sich die Menschen nicht um ihre materiellen Grundlagen, so wie es heute der Fall ist, sorgen müssten. Dafür müsse es wieder Vollbeschäftigung geben und höhere Mindestlöhne, doch dafür müssten wirtschaftspolitische Maßnahmen gesetzt werden. Der Sozialstaat solle gestärkt werden, die Verbote sollten reduziert werden. 2018, als Gartner sein Plädoyer verfasste, war es vor allem das Rauchverbot, das er als besonders autoritären Einschnitt in die Freiheit der Menschen empfand, obwohl Gartner selbst Nichtraucher ist. Gartner fordert ein Umdenken in der Steuerpolitik, weg von der starken Besteuerung von Arbeit, die personalstarke Betriebe bestrafen würde, hin zu einer Wertschöpfungsabgabe. Die Sozialpartnerschaft solle auf betrieblicher Ebene stattfinden und gestärkt werden. Internationale Großkonzerne wie Amazon hätten nach Gartners Konzept keine guten Chancen: Firmen, die in Österreich tätig sind, sollen auch in Österreich ihren Sitz haben. Und wer eine Firma innehabe, der müsse auch seinen Hauptwohnsitz hier haben.

Mehr Basis-Demokratie

Der Burgenländer träumt von einer neuen sozialen Bewegung. Die direkte Demokratie solle ausgebaut werden. Volksabstimmungen sollten bei einer gewissen Teilnehmeranzahl verpflichtend umgesetzt werden und eine gewisse Anzahl von Bürgern solle per Losentscheid in den Nationalrat gewählt werden, um dort die Bürger zu repräsentieren. Die Regierung solle automatisch entsprechend des Proporzes durch alle im Parlament vertretenen Parteien gestellt werden.

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